6. Februar 2023, 11:23 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wenn es darum geht, was sie später mal werden wollen, antworten viele Mädchen noch mit „Kinderkrankenschwester“ oder „Tierärztin“. Schlimm ist das natürlich nicht, aber in vielen Fällen zumindest schade, finden die Verantwortlichen bei Tech4Girls. Denn oftmals bestehe bei Mädchen im frühen Alter ein Interesse an vermeintlichen Jungs-Themen wie Informatik und Programmieren, das in IT-Jobs führen könnte, es werde aber viel zu selten gefördert. Das Projekt setzt genau hier an. TECHBOOK unterstützt seine wichtige Arbeit, und wie diese aussieht, lesen Sie hier.
Ob Programmierer, Informatiker oder Gamedesigner – in der IT-Branche haben Berufseinsteiger beste Perspektiven. Denn bereits jetzt ist die Nachfrage nach guten Leuten höher als das Angebot. Dass das so ist, dürfte mit daran liegen, dass nur wenige Frauen in dem Bereich tätig sind; ihr Anteil in IT-Jobs liegt laut einer Erhebung der Job-Plattform „Honeypot“ bei nur rund 16,6 Prozent. Um diesen Gender-Gap zu schließen, setzt die Arbeit von Tech4Girls (ein Projekt der NGO TechEducation) bereits bei Mädchen im Grundschulalter an. TECHBOOK unterstützt die Organisation und stellt sie im Folgenden genauer vor.
Übersicht
»IT-Interesse gehört in die Grundschule
Tech4Girls begegnet einem vor allem europäischen Problem. Auf anderen Kontinenten ist die Bereitschaft von Mädchen, in IT-Jobs – sowie übrigens auch wissenschaftliche Berufe – einzusteigen, schon deutlich ausgeprägter. Das kann sich für sie auszahlen, denn Entwickler und Co. verdienen in der Regel gut.
Dass sich in Deutschland so wenige Mädchen für Technologie begeistern, liegt laut Katharina Wohlrab, Geschäftsführerin bei Tech4Girls, an den hier gängigen Geschlechterstereotypen. Diese „beeinflussen, was wir mögen, was uns nicht gefällt, was wir anziehen, essen und sagen“, erklärt sie uns, und sie verfestigten sich demnach mit etwa 11 Jahren. Dabei sei es nicht mal ungewöhnlich, dass sich bis zu diesem Alter Mädchen für sogenannte MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) interessieren. Doch das nehme rapide ab, wie offenbar auch Studien belegen. „Mit 11 Jahren denken die meisten Mädchen, dass sie Technik ja sowieso nicht können‘“, so Wohlrab – „ohne es jemals probiert zu haben.“
Mädchen erklären, dass sie WIRKLICH alles werden können
Wohlrab sei selbst „ein richtig stereotypes Mädchen“ gewesen. Sie habe sich nie für IT interessiert, und auch nie wirklich vermittelt bekommen, dass es für sie eine Alternative gibt. „Zwar haben meine Eltern gesagt, dass ich alles werden kann“, räumt sie ein. Doch wie anscheinend bei ihr stimme dies bei 90 Prozent der Kinder allenfalls bedingt. Denn zu Hause würden Mädchen in puncto Umdenken noch zu selten unterstützt und in der Schule stereotype Vorurteile weiter befeuert. Wie sollten sie da also auf die Idee kommen, dass ein Beruf in der männerdominierten IT-Branche für sie das Richtige sein könnte, oder zumindest im Bereich des Möglichen ist? Es fehle massiv an weiblichen Vorbildern.
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Begeisterung wecken und ausbilden – das Vorgehen von Tech4Girls
Tech4Girls verfolgt die Mission, Mädchen für Technologie zu begeistern, sodass sie IT-Jobs schon früh auf dem Schirm haben. Gleichzeitig sollen sie mit dem nötigen Können ausgestattet und somit bestmöglich für die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet werden. Und zwar dort, wo sie unter der Woche die meiste Zeit verbringen: in der Schule.
Unterrichtsfächer und AGs
An den Bildungseinrichtungen, mit denen das Projekt kooperiert, bietet Tech4Girls für Mädchen ab der 2. Klasse AGs (= Arbeitsgemeinschaften) und ab der 5. Klasse dann zusätzlich ein Wahlunterrichtsfach (etwa EDV oder IT) an. Die vordergründig weiblichen Coaches kommen aus der Praxis. Häufig sind es Master- oder Lehramt-Studenten in Erziehungswissenschaften oder Informatik, oft aber auch Firmengründer oder Berufstätige in den relevanten Bereichen. Zusätzlich werden regelmäßig Gast-Rednerinnen in die Kurse eingeladen – die vermissten Vorbilder.
Die Schülerinnen bekommen Hefte mit Übungsblättern sowie auch Materialboxen für Offline-Aktivitäten ausgehändigt, um ihr neu erworbenes Wissen zu festigen oder zu erweitern. Es gibt inzwischen auch einen YouTube-Kanal von Tech4Girls mit Lernvideos, eine App ist laut Website in Planung. Um nach Abschluss des Kurses etwas in der Hand zu haben, bekommen sie eine Urkunde.
Maßnahmen für gleichbleibende Qualität
Um eine gleichbleibend hohe Qualität beim Lehrgang zu gewährleisten, hält Tech4Girls mit den Coaches Fortbildungen ab und gibt ihnen detaillierte Kurspläne vor, über die sich auch die Eltern informieren können. Und das tun sie in großer Zahl – die Mitwirkenden berichten von einem sehr hohen Engagement durch zahlreiche zufriedene Mütter und Väter. Darüber hinaus werde regelmäßig Feedback von den Schülerinnen eingeholt, um gegebenenfalls etwas an den Abläufen zu hinterfragen.
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Tech4Girls braucht finanzielle Unterstützung, um weiter zu wachsen
Das Projekt ist (Stand heute) an 52 Schulen in Berlin und Brandenburg vertreten und somit der größte AG-Anbieter der Region. Dies ist dank Projektverträgen und Elternbeiträgen möglich. Um auch darüber hinaus Mädchen für IT-Jobs fit machen zu können – und das auch an Schulen mit hoher finanzieller Belastung, die finanziert werden müssten –, braucht das Team dringend weitere Unterstützung in Form von Spenden. Rund 2000 Euro seien genug, um zwei Kurse mit jeweils 12 Mädchen ein halbes Jahr unterrichten zu können.