30. April 2023, 17:23 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Gerade bei Bürojobs, bei denen man ohnehin den ganzen Tag auf einen Bildschirm schaut, ist es manchmal naheliegend, parallel einen kleinen Stream laufen zu haben. Ob das nun eine Nachrichtensendung, die aktuelle Serienfolge oder gar eine Sportveranstaltung ist – die Möglichkeiten sind vielfältig. Doch wie sieht der rechtliche Rahmen diesbezüglich überhaupt aus?
„Fußball ist unser Leben, denn König Fußball regiert die Welt“, das schmetterte einst die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft vor der Weltmeisterschaft 1974. Auch für viele Fußball-Fans bedeuten Welt- oder Europameisterschaft das Größte, zumindest vor dem TV-Gerät. Inzwischen lassen sich Fußball-Spiele auch per Online-Stream live verfolgen. Das stellt doch kein großes Problem dar, oder? Sie ahnen es: Mit „Ja“ oder „Nein“ lässt sich das Thema Fußball schauen während der Arbeitszeit nicht beantworten. Gleiches gilt auch beim Thema Filme und Serien streamen, auch wenn die Versuchung vielleicht groß ist, wenn man den ganzen Tag am Computer arbeitet.
Streaming während der Arbeitszeit
Abends keine Zeit mehr gehabt, die neue Folge „The Mandalorian“ zu schauen und dann den Stream parallel zur Arbeit laufen lassen? Das erscheint vielleicht mitunter naheliegend. Und auch wenn die deutsche Nationalmannschaft bei den vergangenen großen Turnieren selten Grund zum Jubeln geliefert hat, hält das viele Fußball-Fans nicht davon ab, die Spiele live zu verfolgen. Gerade für Menschen, die im Büro am PC arbeiten, ist die Verlockung deshalb groß, nebenher im Internet zu streamen. Damit riskieren Sie allerdings aus verschiedensten Gründen die arbeitsrechtliche Gelbe Karte durch Ihren Arbeitgeber.
- Vertragliche Arbeitszeit: Als Arbeitnehmer haben Sie mit Ihrem Arbeitgeber einen Vertrag geschlossen. Darin ist die Arbeitszeit in der Regel genau festgelegt. Wenn Sie dann während der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit Streaming-Plattformen wie Netflix nutzen oder Fußball schauen, droht eine Abmahnung. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Stream nur „nebenher“ läuft oder Sie voll konzentriert zuschauen. Das bestätigt ein Urteil des Kölner Arbeitsgerichts aus dem Jahr 2017. Damals erhält ein Mitarbeiter vom Arbeitgeber eine Abmahnung, weil dieser für wenige Sekunden ein Fußballspiel über das Internet verfolgt hatte.
- Private Nutzung betrieblicher Computer: Viele Arbeitgeber tolerieren zwar während der Arbeitszeit das Abrufen privater E-Mails oder andere, kleinere private Erledigungen über das Internet. Das Schauen eines Fußballspiels oder gar eines Films oder einer Serie geht allerdings über das normale Maß privater Nutzung von betrieblichen Computern definitiv hinaus. Auch aus diesem Grund kann eine Abmahnung drohen.
- Gefahr durch Viren: Es gibt selbstverständlich legale Online-Streams, die sich auch über den Dienst-Laptop anschauen lassen. Wie im vorherigen Punkt erwähnt, handelt es sich allerdings um eine nicht-zulässige private Nutzung und ist daher grundsätzlich verboten. Wenn Sie das ignorieren und zudem den Inhalt über einen der diversen illegalen Streams auf dem betrieblichen Computer anschauen, droht noch eine andere Gefahr. Denn über diese Kanäle aus dubiosen Quellen kann man den geschäftlich genutzten Rechner ungewollt mit Viren verseuchen. Zudem sind die meisten Streams inzwischen auch nach EU-Recht illegal.
Home-Office schützt nicht vor Abmahnung
Schlitzohren kommen jetzt auf die Idee: „Dann arbeite ich einfach im Home-Office und schaue dort das Fußballspiel per Stream.“ Das wäre das klassische Eigentor. Denn arbeitsrechtlich sind Büro und der Heimarbeitsplatz gleichgestellt. Das bedeutet: Sie können zwar Ihre Arbeit auch von zuhause aus erledigen. Dort gelten allerdings dieselben vertraglichen Verpflichtungen.
Selbstverständlich verwischen im Home-Office die Grenzen zwischen dienstlich und privat. Das weiß auch Ihr Arbeitgeber und gesteht Ihnen deswegen gewisse Freiheiten zu. Wenn Sie allerdings Ihre Aufgaben nicht pünktlich erledigen, weil Sie während der Arbeitszeit Fußballspiele schauen, riskieren Sie mindestens eine Abmahnung.
Für Menschen, die überwiegend am Computer arbeiten, gilt auch nicht das Argument: „Ich kann meine Arbeit erledigen und gleichzeitig das Spiel verfolgen.“ Ihr Arbeitgeber verlangt von Ihnen während der vertraglich geregelten Arbeitszeit 100 Prozent Einsatz. Wenn Sie zwei Sachen gleichzeitig machen, liegen Sie schon darunter.
Das Argument könnte höchstens ein Handwerker ins Feld führen, der gerade ein verstopftes Rohr reinigt oder eine Wand verputzt, während im Hintergrund der Stream läuft, ähnlich wie bei einer Radio-Übertragung.
Streaming während der Arbeit? Suchen Sie das Gespräch
Gerade in Sachen Sport sollte man aufgrund der Aktualität gegebenenfalls das Gespräch mit einem Vorgesetzten suchen. Möglicherweise finden Sie eine Lösung, mit der alle Beteiligten zufrieden sind. Gemeinsam ein Fußballspiel anzuschauen, wirkt sich auf jeden Fall positiv auf das Team und die Gemeinschaft aus – das wäre beispielsweise ein treffendes Argument.
Gibt es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat, dann können Sie auch dort höflich fragen, ob für den Zeitraum des Turniers eine gesonderte Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber ausgehandelt werden kann. Diese könnte beinhalten:
- verlängerte Pausen,
- TV-Geräte in den Pausenräumen oder
- ein spezielles Arbeitszeitkonto, das eine „Nachspielzeit“ für die Länge der Übertragung beinhaltet.
Für das Streaming von Filmen und Serien während der Arbeit ist eine solche Vereinbarung allerdings eher unwahrscheinlich.
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Fazit
Zusammenfassend kann man sagen: Laut Arbeitsrecht ist Streaming während der Arbeit verboten. Das gilt fürs Büro genauso wie fürs Home-Office. Sie können aber persönlich, als Abteilung oder über den Betriebsrat versuchen, spezielle Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber auszuhandeln. Wenn Ihre Chefin oder Ihr Chef nicht zur Kategorie „Harter Hund“ gehört, finden sich bestimmt für einzelne Fälle auch Lösungen.