28. Oktober 2024, 18:30 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Unsere Autorin ist gefühlsmäßig gerade erst im Herbst angekommen, da wird sie von Streaming-Algorithmen schon mit Weihnachtsfilmen bombardiert. Dafür ist es viel zu früh, findet sie.
Jedes Jahr führe ich mit Freunden und Familie eine ähnliche Diskussion. Los geht es verlässlich immer dann, wenn es in den ersten Supermärkten ab Anfang September oder sogar schon Ende August die ersten Lebkuchen in weihnachtlicher Verpackung zu kaufen gibt. Immer wieder heißt es dann empört: „Das ist viel zu früh, Weihnachten gehört in den Dezember!“ An der Frage, ab wann eine angemessene Zeit für Weihnachtsgebäck in Supermärkten ist, scheiden sich dann die Geister und in der Regel geht man auseinander in Einigkeit darüber, dass man sich uneins ist. Was mir aber in den vergangenen Jahren zunehmend früher im Jahr noch aggressiver entgegenspringt als Lebkuchen, Spekulatius und Co.: Streaming-Weihnachtsfilme. Und das regt mich ehrlicherweise viel mehr auf.
Weihnachten im Dezember, nicht im Oktober
Ende Oktober, es war um den 23. herum, durchforstete ich – da können sicher viele mitfühlen – abends auf dem Sofa den Netflix-Katalog auf der Suche nach etwas Unterhaltsamem und Anspruchslosem. Plötzlich ploppte relativ prominent auf meiner Startseite ein Film auf: „Das perfekte Weihnachtsdinner“. Eine Zeile weiter unten hieß es plötzlich „Weihnachten mit Frühstück“. Und wieder etwas weiter unten wurde mir ein Film mit dem Titel „Weihnachten wie gemalt“ vorgeschlagen. Irgendwann – auch das kennen sicher einige – habe ich den Fernseher dann genervt wieder ausgeschaltet, weil mich irgendwie nichts so richtig angesprochen hat.
Allerdings saß mir der Weihnachtsfilmgedanke die folgenden Tage im Kopf, und zwar nicht auf die gute Art. Als ich dann einige Tage später die Liste der Netflix-Neuheiten erstellt habe, ging es nahtlos weiter. Im November können sich Abonnenten unter anderem auf Filme wie „Hot Frosty“ oder „The Merry Gentlemen“ freuen. Zusammengefasst warten einige neue Filme, die sich um eine unwahrscheinliche Romanze vor weihnachtlicher Kulisse drehen. Dabei ist egal, ob es um einen sexy Schneemann geht, der zum Leben erweckt wird, oder um eine strebsame junge Frau, deren Backkünste von einem gut aussehenden, reichen Erben erkannt werden – Liebe geht bekanntlich durch den Magen …
Wenn ich dabei aus dem Fenster und auf mein Thermometer schaue und sehe, dass erst Oktober, 18 Grad und strahlender Sonnenschein mit buntem Laub angesagt sind, dann haben Weihnachtsfilme einfach noch nichts in meinem Algorithmus zu suchen!
Streaming-Weihnachtsfilme springen einen förmlich an
Natürlich kann man immer einfach sagen: Dann schaue es dir halt einfach nicht an. Das ist ein absolut berechtigter Einwand. Aber bei den meisten Streaming-Diensten gibt es eine Startseite, die als Schaufenster und erster Anlaufpunkt dient. Das ist vor allem dann wichtig, wenn man noch nicht genau weiß, was man eigentlich sehen möchte – in meinem Fall also fast immer. Ich bin ein echtes Algorithmus-Opfer und streame oft auch einfach das, was mir der Streaming-Dienst vor die Nase setzt. Und aktuell sind das zunehmend Weihnachtsfilme. Präziser: Weihnachts-Romcoms (romantische Komödien).
Keine Ahnung, warum wieso weshalb. Aber scheinbar meint Netflix, dass ich gefälligst jetzt schon in Weihnachtsstimmung kommen soll. Aber ich bin noch nicht so weit! Ich freue mich erstmal, dass wunderschöner Herbst ist. Weihnachten ist gedanklich und ja auch faktisch weit weg – noch fast zwei Monate. Erinnere mich doch bitte nicht daran, dass ich eigentlich jetzt schon mit der Planung und dem Kauf von Geschenken anfangen sollte.
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Nichts gegen trashige Weihnachtsfilme von Streaming-Diensten
Übrigens soll das hier explizit kein Plädoyer gegen Weihnachtsfilme per se sein. Ich liebe Weihnachtsfilme – zu Weihnachten. Es geht mir auch nicht um billig produzierte und wenig inhaltsvolle Weihnachtsfilme von Streaming-Diensten. Netflix hat da meiner Meinung nach die Krone auf, angefangen mit Filmen wie „A Christmas Prince“ oder „Prinzessinnentausch“. Beide waren, glaube ich, sogar recht erfolgreich. Daraus hat sich inzwischen eine Kultur der trashigen Weihnachtsfilme abgeleitet.
Jedes Jahr aufs Neue erscheinen Low-Budget-produzierte Schnulzen. Darin liegt zauberhaft viel Schnee – außer bei denen, die in Afrika oder Australien spielen und in denen jemand ein Hotel renoviert oder so –, Haare und Hackenschuhe der Protagonistinnen sitzen perfekt, genauso wie die Holzfällerhemden und Sixpacks der männlichen Gegenparts.
Für viele gehören solche Filme inzwischen zur Weihnachtszeit dazu. Ich gebe auch gerne zu, dass ich selbst einige davon gesehen habe und mitunter unterhaltsam fand. Egal wie unwahrscheinlich die Handlung, egal wie unambitioniert die Dialoge und wie 0815 die Kulisse – am Ende transportieren auch diese Filme eine gewisse Stimmung. Und manchmal ist es auch einfach schön, sein Gehirn auf ein Minimum herunterzufahren und sich Weihnachtsdeko bei Streaming-Diensten anzuschauen.
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Weihnachtsfilme ja – zur passenden Zeit
Nichtsdestotrotz merke ich zunehmend, dass mich diese verfrühte Weihnachtshysterie stört. Es ist noch nicht einmal Halloween! Soll ich so künstlich frühzeitig ins Weihnachtsfieber versetzt werden? Und wenn ja, warum? Lasst mir bitte meine kuschligen Winterabende mit genau solchen Filmen, die sich dann noch nicht abgenutzt haben.