16. April 2025, 10:37 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die mit großer Spannung erwarteten ersten Besetzungen für die HBO-Serie zu den Harry-Potter-Büchern wurden offiziell bestätigt. Besonders die Besetzung von Paapa Essiedu für die Rolle als Harrys Hasslehrer Severus Snape sorgt dabei bei einigen für Kritik. Auch bei TECHBOOK-Autorin und Kulturwissenschaftlerin Louisa Stoeffler sorgt die Personalie für einen bitteren Beigeschmack – allerdings vor allem, da es rassistische Vorurteile nicht beseitigt, sondern eher bestätigen könnte.
Ich bin mit den Harry-Potter-Büchern aufgewachsen. Das Erste erschien, als ich sieben Jahre alt war und ich habe den Hype um die Geschichte voll miterlebt. Bereits ab dem fünften Band bin ich dazu übergegangen, sie auf Englisch zu lesen, weil ich absolut nicht mehr warten wollte, um zu wissen, wie es weitergeht. Meine Obsession fand schließlich ihr Ende im letzten Band der Reihe, den ich in 36 Stunden ohne Schlaf und mit rot-verschwollenen Augen aufgrund der vielen toten Lieblingscharaktere durchsuchtete. Besonders die Erkenntnis, dass Severus Snape eigentlich immer zu den „Guten“ in der Geschichte gehörte, hat mich doch ziemlich schockiert. Doch was HBO nun für seine Adaption des Stoffes plant, verändert die Geschichte von Harry Potter grundlegend – und das eben nicht zum Guten.
Rassistische Stereotype werden eher verfestigt, als dass sie verschwinden
Natürlich bin ich auch mit den Filmen und den Schauspielern Daniel Radcliffe, Emma Watson und Rupert Grint aufgewachsen. Mit ihnen habe ich quasi meine Kinderschuhe hinter mir gelassen.
Aufgrund der Popularität der Reihe – obwohl Autorin J.K. Rowling seit vielen Jahren nur noch für Negativschlagzeilen sorgt – war es klar, dass es irgendwann ein Remake geben würde. Und andere Schauspieler die Figuren verkörpern würden, die ich heute am meisten mit ihnen assoziiere. Ralph Fiennes beispielsweise werde ich für den Rest meines Lebens vor allem als Voldemort sehen.
Und wohl kaum jemand hätte die Rolle des Severus Snape so ausgefüllt, wie der 2016 verstorbene Alan Rickman es konnte. Doch all diese Nostalgie ist nicht der Grund, weshalb ich das Casting von Paapa Essiedu für diese Rolle extrem kritisch sehe. Denn anstatt es rassistische Stereotype verschwinden lässt, könnten sie dadurch eher verfestigt werden.

Warum Snape die falsche Wahl für „racially diverse casting“ ist
Wagen wir einen Blick in die Kindheit von Severus Snape: Er wohnt in einer heruntergekommenen Gegend, praktisch einem Slum, mit einer kaputten Rohrwasserleitung, durch die die ganze Umgebung stinkt. Dort lebt er mit seinem gewalttätigen Vater, der seine Mutter regelmäßig vor den Augen des jungen Severus verprügelt und misshandelt.
Er hat keine Freunde, ist ein Außenseiter und irgendwie seltsam. Petunia Evans, später Dursley und Tante von Harry Potter, bezeichnet ihn gar als: „diesen schlimmen Jungen“ mit dem ihre jüngere Schwester keinen Kontakt pflegen soll, weil er so anders ist.
Auch interessant: Erste Besetzungen bestätigt! Alle Infos zur „Harry Potter“-Serie von HBO
In Hogwarts angekommen, kann Snape endlich seinen zerrütteten Familienverhältnissen entkommen. Nur um in dem Kreis der Slytherins zu landen, die später Schwarze Magie anwenden, Menschen foltern und töten. Seine einzige Freundin Lily bezeichnet er später als „Schlammblut“, während er von James Potter und seinen Freunden in den 1970er-Jahren wegen seines Aussehens und einfach nur „der Tatsache, dass er existiert“ gemobbt wird.
Ich hoffe, spätestens an dieser Stelle ist es verständlich, weshalb es durchaus problematisch ist, für genau diese Rolle einen schwarzen Schauspieler zu wählen. Denn einiges an Snape bekommt dadurch eine rassistische Komponente, die im Original nicht enthalten war.
Gibt es in der Welt von „Harry Potter“ nicht schon genug Rassismus?
Und es endet nicht in der Kindheit des späteren Zaubertranklehrers. Die Hauptfigur Harry Potter kann Snape niemals wirklich vertrauen – als einziger Autoritätsfigur unter seinen Lehrern. Auch im Kreis um Voldemort kommt Snape nie wirklich an und ihm wird mit Misstrauen begegnet. Nur Dumbledore steht zu ihm, obwohl er ihn doch eher wie einen Handlanger behandelt.
Auch interessant: Schwieriges „Harry Potter“-Quiz für echte Potterheads
Würde es also nach einem eingefleischten „Potterhead“ wie mir gehen, würde ich mir wünschen, dass man die Geschichte nicht in dieser Form erzählt. Denn es gibt in der Fantasy-Welt von Harry Potter bereits genug Rassismus, ohne, dass dies durch verschiedene Hautfarben forciert wird. Wir sprechen hier schließlich von einer Welt, in der Kinder als „Schlammblut“ oder „Blutsverräter“ bezeichnet werden, wenn sie nicht „reinrassigen“ magischen Familien entspringen oder mit Kindern von Nichtzauberern (Muggeln) befreundet sind.

Erste Casting-Gerüchte zur neuen „Harry Potter“-Serie sorgen für Aufsehen

Erste Besetzungen bestätigt! Alle Infos zur „Harry Potter“-Serie von HBO

Neues „Harry Potter“-Spiel fürs Smartphone vereint Karten- und Rollenspiel
Warum keine positiv besetzten „Harry Potter“-Charaktere mit anderer Hautfarbe?
Es wäre für mich etwas völlig anderes, wenn ausnahmslos positiv besetzte Charaktere eine andere Hautfarbe hätten. Warum nicht eine schwarze Professor McGonagall oder Hermine? Die moralisch häufig eingetrübte Welt – und die bis zum Schluss negative Sicht des Lesers und Zuschauers – auf einen Severus Snape wäre hier für mich nicht meine erste Wahl.
Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann dass Adam Driver den Charakter verkörpern würde. Denn nicht zuletzt durch seine Rolle als Kylo Ren in Star Wars hat er bewiesen, dass er die zwiespältige und ewig mit seinem Schicksal hadernde Art des Zaubertranklehrers, der bei Kindern wie Neville Longbottom ohne guten Grund eine Angststörung vor seinem Unterricht auslöst, auf der großen Leinwand herüberbringen kann.