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Conny Zhang im TECHBOOK-Interview

Deutsche Spotify-Musikchefin: „Das ist die Superkraft des Streaming-Dienstes“

Spotify-Logo auf einem Handy, das in einer Hosentasche steckt.
Bei Spotify arbeitet ein spezielles Team an Kuratoren an Playlists Foto: Getty Images/SOPA Images
Lars Lubienetzki
Freier Redakteur

11. August 2024, 9:40 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Musik wird im Jahr 2024 überwiegend gestreamt. Deswegen hat TECHBOOK ein Spotify-Interview mit Conny Zhang, Musik-Chefin für den deutschsprachigen Raum, geführt und Einblick in die Funktionsweise des Unternehmens erhalten.

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Conny Zhang hat vor ihrer Karriere als Chefin für den deutschsprachigen Raum bei Spotify bereits bei anderen großen Namen wie Universal Music, Google und YouTube gearbeitet. Seit September 2021 verantwortet sie die Musikstreaming-Landschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz von Berlin aus. „Mein Job fühlt sich auf jeden Fall nach einem Privileg an“, betont die gebürtige Berlinerin. Mit ihr hat TECHBOOK unter anderem über die Verwaltung und Zusammenstellung von Playlisten bei Spotify gesprochen.

„Spotify for Artists“ bringt die Musik

TECHBOOK: Liebe Conny Zhang, zum Einstieg erst einmal die Frage: Welche drei Songs dürfen oder sollten auf keiner Playlist fehlen?

Conny Zhang: „An erster Stelle alles von Chappell Roan, eine der spannendsten Newcomer*innen im Pop-Bereich. Auf Platz 2 liegt bei mir aktuell ‚Fond of Her‘. Und auf Position 3 setze ich ‚The girl, so confusing‘ von Charlie XCX in der Version mit Lorde.“

Nachdem wir nun mehr über Ihren persönlichen Musikgeschmack erfahren haben, geben Sie uns bitte kurz einen Einblick in Ihren Arbeitsalltag als Deutschland-Chefin von Spotify?

„In meiner Rolle als Head of Music bei Spotify DACH bin ich für das Wachstum von Musikinhalten sowie für die Zusammenarbeit mit Künstler*innen und ihren Teams verantwortlich. Bei Spotify verantworte ich unter anderem die beiden Musik-Teams ‚Artist & Label Partnerships‘ und ‚Editorial‘. In einer normalen Woche habe ich Strategiemeetings, treffe Partnerinnen, habe Meetings mit meinem Team oder arbeite an neuen Fokus-Bereichen.“

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Wie gelangen Songs in eine Ihrer vielen Playlists?

„Wir bieten Künstler*innen über ‚Spotify for Artists‘ die Möglichkeit, ihre Musik hochzuladen oder auch an die Kurator*innen zu pitchen. Dieses System hat sich bewährt und die gelernten Prozesse ermöglichen eine effektive Zusammenarbeit für alle Seiten.“

Das machen Kuratoren bei Spotify

Kurze Zwischenfrage: Was ist ein Kurator oder eine Kuratorin?

„Diese Menschen verwalten und pflegen unsere sogenannten Editorial Playlists. Sie gehören zum Editorial Team. Wir haben weltweit mehr als 100 Musikexpert*innen im Editorial Team, die an zahlreichen Playlists arbeiten und sich regelmäßig zu Musiktrends austauschen. In Berlin gibt es ebenfalls ein Team von Kurator*innen. Sie kümmern sich um lokale Playlists wie ‚Hot Hits Deutschland‘, ‚Modus Mio‘ oder ‚New Music Friday Deutschland‘. Der Fokus ihrer Arbeit besteht darin, die sich ständig ändernden Musiktrends und das Verhalten unserer Hörer*innen zu analysieren, um das beste Musikerlebnis zu bieten. Spotify hat zudem eine engagierte und unabhängige Musikredaktion. Diese stellt mithilfe anonymisierter Daten sorgfältig Playlists zusammen, die genau den Geschmack unserer Hörerinnen treffen. Unsere Kurator*innen verfolgen in Echtzeit, wie gut die Playlists und insbesondere die einzelnen Songs ankommen. Abhängig davon, wie gut ein Song performt, bleibt er länger in der Playlist oder wird ersetzt. So stellen wir das beste Hörerlebnis sicher.“

Warum können Menschen eine Playlist besser zusammenstellen als Künstliche Intelligenz (KI)?

„Um die vielfältige und sich entwickelnde Musiklandschaft abzubilden, erstellen wir Playlists auf Spotify mit Präzision. Dabei kombinieren wir datengestützte Erkenntnisse mit redaktioneller Gestaltung, um Millionen von Nutzer*innen auf der ganzen Welt ein intensives und personalisiertes Erlebnis zu bieten. Unter der Leitung der Spotify-Redaktion integrieren wir KI. Dadurch verbessern wir das Playlist-Erlebnis noch weiter. Algorithmen des maschinellen Lernens analysieren Nutzerinnenverhalten, Vorlieben und Trends. Diese Daten bilden die Grundlage, um personalisierte Playlists wie ‚Dein Mix der Woche‘ und ‚Release Radar‘ zu erstellen. Wir vertrauen auf menschliche Kuratierung und nutzen KI-gesteuerte Empfehlungen, um bei den Wiedergabelisten anpassungsfähig zu bleiben. Gleichzeitig stellen wir auf diese Weise sicher, den sich entwickelnden Geschmack der vielfältigen Spotify-Nutzer*innen zu treffen.“

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Conny Zhang von Spotify
Conny Zhang ist Head of Music bei Spotify DACH Foto: Spotify

Das ist die „Superkraft“ von Spotify

Welche Rolle wird KI möglicherweise in der näheren Zukunft im Bereich der Playlists spielen können?

„Die Realität ist, für eine unfassbar große Menge an Artikeln und Dingen benötigen wir künftig Machine Learning (ML) und KI. Es gibt bereits KI-generierte Songs. Zur Personalisierung nutzen wir bei Spotify durchaus auch ML-Algorithmen. Die Kombination aus menschlichem redaktionellem Fachwissen und modernster Technologie ist die Superkraft von Spotify. Es ist der Moment, in dem unsere menschlichen Redakteur*’innen Empfehlungen geben, unsere Personalisierungsprodukte damit verbessern und somit die aktuelle Kulturlandschaft widerspiegeln.“

Welche Songs sind auf diese Weise zu Hits geworden?

„Ein gutes Beispiel für einen Hit durch unsere Playlist-Kuration ist Keinemusik. Das Berliner Plattenlabel hat es mit seiner Musik in den letzten Jahren geschafft, auf Festivals und in Clubs zu spielen, Charaktere in Grand Theft Auto 5 zu werden, um die Welt zu touren und die Beats für die Songs ‚Falling Back‘ und ‚A Keeper‘ auf ‚Honestly, Nevermind‘ zu produzieren, ein Album des Rappers Drake. Die Scheibe ist ein internationaler Nummer-1-Erfolg im Jahr 2022 gewesen. Mit dem Song ‚Move‘ von Keinemusik-Produzent Adam Port hat das Label den Sprung in den Mainstream geschafft.

Die Single ist am 7. Juni 2024 erschienen. Der Buzz vor der Veröffentlichung auf TikTok hat zu einer Million Streams am Erscheinungstag geführt, Rekord für Keinemusik. Die Aufnahme des Songs in unsere Playlist ‚Hot Hits Deutschland‘ ist am 11. Juni 2024 erfolgt. Am 4. Juli 2024 haben wir den Titel in die Playlist ‚Today’s Top Hits‘ aufgenommen. Letztlich hat der Track über 2 Millionen tägliche Streams erreicht. Keinemusik hat mit ‚Move‘ Top-Platzierungen in diversen Charts erreicht, Platz 38 in den globalen Spotify-Charts, Platz 4 in den globalen Viral-Charts sowie Platz 1 in den US-Viral-Charts im Zeitraum 27. bis 30. Juni 2024.“

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Playlist-Hypothesen für das beste Musikerlebnis

Wirklich erstaunlich. Am Anfang unseres Gesprächs haben wir über Ihre musikalischen Vorlieben gesprochen. Wie viel des persönlichen Musikgeschmacks fließt in eine Playlist ein?

„Unsere Redakteur*innen kuratieren immer im Sinne der Hörer*innen. Daher müssen sie unabhängig und objektiv arbeiten. Im Fokus jeder Playlist stehen die Playlist-Hypothesen. Darunter verstehen wir bei Spotify die Annahme unserer Redakteur*innen. Mithilfe dieser Annahme versuchen wir vorherzusagen, welche Musik in welcher Zusammenstellung von unseren Nutzer*innen gerne gehört wird. Für unsere Überlegungen nutzen wir in der Regel Stimmungen, Genres, Aktivitäten, Zeitgeist sowie die Interessen unterschiedlicher Zielgruppen. Unsere Annahmen stützen sich auf eine Vielzahl an Daten sowie auf das musikalische Verständnis und die Erfahrung unserer Redaktion.“

Das klingt nach einer Menge Arbeit. Fühlt es sich für Sie genauso an?

„Mein Job fühlt sich auf jeden Fall nach einem Privileg an. Ich habe die Hypothese, dass Menschen in der Musikbranche meist drei Dinge miteinander verbinden: Die absolute Liebe zur Musik, eine starke innere Motivation und oftmals auch das fehlende Talent, selbst professionell Musik zu machen. Alle drei Sachen treffen auf jeden Fall auch auf mich zu.“

Dann erklären Sie doch bitte zum Abschluss in kurzen Worten, warum Ihr Job ein echter Traumjob ist.

„Ich wollte schon immer für Unternehmen arbeiten, die den Alltag bereichern und schöner machen. ‚Spotifier‘ lieben und leben Musik. Zu wissen, dass man einen kleinen Teil zur Musikkultur, der Musikentdeckung und der Happiness von Hörer*innen und Künstler*innen beitragen kann, fühlt sich wie ein Traum an.“

Ein schönes Schlusswort. Liebe Conny Zhang, herzlichen Dank für das Gespräch.

Themen Interview Musik News Spotify
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