
27. November 2023, 13:02 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Viele Streaming-Anbieter haben in der Vergangenheit ihre Preise angehoben, auch Netflix und Spotify. Erfolgte die Anpassung aber, ohne dass Nutzer den höheren Preisen zustimmen mussten, könnte diese unwirksam sein. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte gegen die einseitigen Preiserhöhungen geklagt – und Recht bekommen.
Das besagte Urteil stammt vom 15. November, wobei zwei schon länger bestehende Klauseln zur Preiserhöhung bei Netflix und Spotify behandelt wurden. Beide Anbieter behalten sich in ihnen das Recht vor, die Preise nach billigem Ermessen anzupassen, ohne dafür die Zustimmung der Nutzer einzuholen. Eine solche einseitige Preisanpassung ist allerdings unzulässig, wie das Kammergericht Berlin aktuell entschieden hat.
Klauseln zur Preiserhöhung laut Urteil unwirksam
Kernpunkt des aktuellen Urteils waren die Klauseln zur Preiserhöhung beider Anbieter. Bei Netflix heißt es demnach: „Wir sind berechtigt, den Preis unserer Abo-Angebote von Zeit zu Zeit in unserem billigen Ermessen zu ändern, um die Auswirkungen von Änderungen der mit unserem Dienst verbundenen Gesamtkosten widerzuspiegeln.“
Spotify formulierte seine Klausel ähnlich: „Spotify kann nach billigem Ermessen die Abonnentengebühren und sonstige Preise ändern, um die gestiegenen Gesamtkosten für die Bereitstellung der Spotify-Dienste auszugleichen.“
Das Kammergericht Berlin kritisierte bereits in einem ersten Verfahren aus dem Jahr 2021 (Netflix) bzw. 2022 (Spotify) vor allem drei Punkte innerhalb der Klauseln. Zum einen seien die Bedingungen einer Preisanpassung für Kunden dort nicht ausreichend transparent dargestellt. Beide Unternehmen haben ihren Sitz im Ausland, daher sei es nicht unbedingt erkennbar, ob nur solche Kosten berücksichtigt werden, die einen konkreten Bezug zu den Kosten der Bereitstellung des Dienstes in Deutschland haben.
Zum anderen seien die Klauseln einseitig formuliert, da sie nur eine Anpassung nach oben beinhalten. Eine Preissenkung bei einer Kostensenkung sehen sie nicht vor. Zu guter Letzt werden die Preisanpassungen auch ohne aktive Zustimmung der Abonnenten wirksam.
Verbraucherschützer bekommen Recht
Aufgrund dieser Punkte wies das Kammergericht Berlin die Berufung beider Anbieter zurück und erklärte die Klauseln in zwei aktuellen Berufungsurteilen (23 U 15/22 und 23 U 112/22) für unwirksam.
Der vzbv sieht in dem aktuellen Urteil „ein starkes Signal“. Rechtskräftig ist es allerdings noch nicht. Dennoch meint Jana Brockfeld, Referentin im Team Rechtsdurchsetzung beim vzbv: „Das Urteil könnte grundsätzlich das Aus für künftige einseitige Preiserhöhungen durch Streaming-Dienste in Deutschland bedeuten.“ Beide Anbieter könnten zwar noch vor den Bundesgerichtshof ziehen, doch seien die Chancen für sie dort relativ aussichtslos.
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Preiserhöhung bei Spotify nicht von Urteil betroffen
Auf die aktuellen Preiserhöhungen haben die Urteile allerdings keine Auswirkung. Spotify beispielsweise holt bei seinen Nutzern die Einwilligung für eine Preiserhöhung ein. Stimmen diese nicht zu, behält sich der Anbieter die ordentliche Kündigung vor, wie das aktuelle Beispiel zeigt.

Gegenüber TECHBOOK erklärte Spotify, dass die Möglichkeit, die Preise anzupassen, nicht infrage gestellt werde. Ebenfalls habe die kürzlich ergangene Gerichtsentscheidung keinen Einfluss auf die Preiserhöhung, die derzeit in Deutschland vorgenommen wird. Denn Spotify stütze sich dabei nicht auf die angegriffene Klausel.
„Wie immer befolgen wir die entsprechenden Gesetze und Vorschriften in jedem Markt, in dem wir tätig sind. Bestehende Abonnent*innen haben eine E-Mail mit den neuen Preisen für ihr Konto erhalten und haben drei Monate Zeit, diese zu prüfen und sich für den neuen Preis zu entscheiden. Für neue Abonnent*innen gilt der neue Preis seit dem 2. Oktober 2023“, so Spotify.

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Ähnlich argumentierte auch Netflix in einem Gespräch mit TECHBOOK. Die Klausel finde sich zwar in den AGB, bei den Preiserhöhungen sei sie so allerdings nicht angewendet worden. Bei zurückliegenden sowie aktuellen Preisanpassungen wurde demnach nicht nur die Zustimmung der Nutzer eingeholt, man habe die Erhöhungen auch für den deutschen Markt fallabhängig begründet.
Eine Preiserhöhung bei einem der Anbieter wäre nur dann unwirksam, wenn sie auf einer der im Urteil beanstandeten Klausel beruhen würde. Da dies jedoch nicht der Fall gewesen ist, hat die aktuelle Entscheidung des Gerichts somit auf zurückliegende Preisanpassungen keinen Einfluss.
Sie ist allerdings ein Zeichen für die Anbieter, die Klauseln in ihren AGB zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten, um diese künftig rechtskonform zu formulieren und Missverständnissen vorzubeugen.