31. Mai 2023, 12:29 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Streaming mit Werbung könnte das Modell der Zukunft sein. Netflix hat ebenfalls ein entsprechendes Abo eingeführt. Doch wie kommt das eigentlich bei der Masse und vor allem den Abonnenten an?

Streaming und Werbung – das neue Dream-Team?

Werbung war lange etwas, was im Entertainment-Bereich mit linearem Fernsehen verknüpft wurde. Als sich die ersten Streaming-Anbieter etablierten, war Werbung – beziehungsweise ihr Fehlen – einer der Aspekte, durch den sich die Plattformen vom klassischen TV-Erlebnis abhoben. Man hatte die Inhalte, die man sehen wollte, jederzeit zur Verfügung – und zwar ganz ohne Werbepausen.

Das ändert sich seit geraumer Zeit zusehends. Getrieben durch den harten Konkurrenzkampf im Streaming-Geschäft wird sich zunehmend um das Publikum gestritten. Mit immer mehr neuen und vor allem teuren eigenen Inhalten versuchen die Dienste, sich voneinander abzuheben und die eigene Kundschaft zu halten. Da ist Wachstum teils schwierig; die Anbieter schreiben rote Zahlen. Netflix‘ Verschuldung etwa liegt inzwischen bei über 15 Milliarden US-Dollar (USD). Und sogar Disney+, das Netflix vergangenes Jahr in den Abo-Zahlen überholt hat, hat im operativen Geschäft 2022 einen Verlust von knapp 1,5 Milliarden USD eingefahren.

Die Lösung liegt für die Streaming-Dienste scheinbar in der Werbe-Industrie. Mit teilweise über 200 Millionen Abonnenten sind die Plattformen für Werbekunden sehr attraktiv. Deshalb bieten immer mehr Streaming-Dienste inzwischen ein günstigeres oder sogar kostenfreies Abonnement an, in dem stattdessen regelmäßig Werbung gezeigt wird. Seit Ende 2022 hat auch Netflix ein solches Abo. Mit seinen knapp 5 Euro pro Monat kostet der Tarif 3 Euro weniger als das zuvor günstigste „Basis“-Abo. Dafür sehen Abonnenten Werbung und müssen auf einige Inhalte sowie Funktionen verzichten.

Netflix-Abo mit Werbung startet holprig

Zumindest zum Start blieb der neue Netflix-Tarif mit Werbung hinter den Erwartungen zurück. Teilweise war sogar die Rede davon, den Werbekunden ihr Geld zurückzugeben – TECHBOOK berichtete. Inzwischen hat sich, vor allem in den USA, der Markt etwas stabilisiert.

Wir wollten trotzdem von unseren Lesern wissen, wie sie das Werbe-Abo von Netflix finden. Deshalb haben wir zum einen gefragt, wer das Abonnement überhaupt aktiv nutzt, es bereits genutzt hat oder in Zukunft noch den entsprechenden Tarif buchen möchte. Anschließend haben wir gezielt nach der Leser-Meinung zum Werbe-Abo gefragt; zur Auswahl standen die Optionen „Das Abo gefällt mir richtig gut“, „Teilweise“ und „Überhaupt nicht“. Da in vielen Fällen das Preis-Leistungs-Verhältnis ausschlaggebend für eine solche Meinung ist, haben wir noch gezielt danach gefragt, ob der Preis in diesem Fall als angemessen empfunden wird. Fast 37.000 Personen haben an der Umfrage teilgenommen*.

Umfrage zum Werbe-Abo von Netflix

Schon im Vorfeld hatten die TECHBOOK-Leser eine klare Meinung zu dem Werbe-Abo von Netflix. In unserer Umfrage zum Start des neuen Tarifs Ende 2022 gaben 22 Prozent an, das preiswertere Netflix-Abo mit Werbung künftig nutzen zu wollen. Die anderen 78 Prozent sprachen sich dagegen aus.

Das deckt sich dann auch ungefähr mit den Ergebnissen der aktuellen Umfrage im Mai 2023. Von den nun Befragten nutzen immerhin 24 Prozent das Werbe-Abo von Netflix aktiv. Weitere 4 Prozent haben es genutzt und dann wieder abbestellt. Nur 2 Prozent haben dagegen vor, das Abo in Zukunft noch zu buchen. Die überwiegende Mehrheit (70 Prozent) nutzt das Abo hingegen gar nicht und hat es auch nicht vor.

Auf die Frage, wie gut das Werbe-Abo den Netflix-Abonnenten gefällt, fielen die Antworten auch recht eindeutig aus. 11 Prozent gefällt das Abo richtig gut, weiteren 18 Prozent gefällt es zumindest teilweise. Mit 71 Prozent sind die Befragten, denen das Abo mit Werbung bei Netflix überhaupt nicht zusagt, jedoch deutlich in der Überzahl.

Inwiefern sich der Preis dabei auf die Akzeptanz des Tarifs auswirkt, lässt sich natürlich nicht im Detail beantworten. Laut unserer Umfrage finden aber 46 Prozent die 4,99 Euro pro Monat zu viel für das, was man am Ende bekommt. 21 Prozent halten den Preis hingegen für angemessen. Die restlichen 33 Prozent hatten keine eindeutige Meinung.

Fazit zum Netflix-Abo mit Werbung

Zusammenfassend kann man sagen, dass das neue Abo mit Werbung hierzulande noch keinen besonders guten Ruf bei Netflix-Nutzern genießt. Gründe dafür könnten sowohl die eingeschränkten Funktionen als auch teilweise gesperrte Inhalte sein, die hingegen mit einem werbefreien Abo abrufbar sind. Auch der Preis von 4,99 Euro pro Monat wird von vielen für das Gebotene als nicht verhältnismäßig empfunden. Dazu muss ergänzend erwähnt werden, dass das Werbe-Abo von Netflix zu Beginn nur in geringer SD-Qualität zur Verfügung stand. Zumindest diesbezüglich hat der Anbieter inzwischen nachgebessert.

Schaut man auf die Angebote der anderen Dienste, dann hat der Netflix-Tarif in jedem Fall harte Konkurrenz. Bei Amazon Freevee gibt es die Inhalte gänzlich kostenlos. Im gängigen Amazon-Prime-Abo läuft Werbung lediglich vor dem Inhalt und nicht währenddessen. Bei RTL+ gibt es sogar mehrere Abos mit Werbung – je günstiger das Angebot, desto mehr Werbung läuft.

Dennoch muss man sagen, dass die aktuellen Umfragewerte natürlich nur eine Momentaufnahme sind. Schaut man etwa in die USA, dann ist das Netflix-Werbe-Abo dort schon großflächig angekommen und auch angenommen worden, wohl auch, da Werbung in den Vereinigten Staaten akzeptierter ist als hierzulande. Paramount+, (HBO) Max, Disney+ und viele andere namhafte Streaming-Dienste, die es in Deutschland teilweise gar nicht gibt, zeigen dort allesamt Werbung innerhalb ihrer Abos.

Unter anderem deswegen zeigt sich Netflix-Co-Chef Greg Peters wohl zuversichtlich, was das Netflix-Abo mit Werbung angeht. Innerhalb von drei Jahren wolle man mit den Erlösen bei einem mittleren einstelligen Milliardenbetrag landen. Aber zumindest, was den Erfolg hierzulande angeht, ist das dem aktuellen Meinungsbild zufolge noch ein weiter Weg für Netflix.

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Quellen

• Bloomberg („Netflix’s New Co-CEOs Answer All Your Questions“, aufgerufen am 31. Mai 2023)
• Netflix („Shareholder letter“, aufgerufen am 30. Mai 2023)
• Disney („Disney’s Fiscal Full Year and Q4 2022 Earnings Results Webcast“, aufgerufen am 30. Mai 2023)

*Hinweis zur Methodik: An dem Voting konnte pro Endgerät (Computer, Smartphone, etc.) für jede Option einmal abgestimmt werden. Das Voting ist nicht repräsentativ.