7. März 2022, 11:20 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Netflix soll russische Staatssender ins Programm aufnehmen. Wegen des anhaltenden Ukraine-Kriegs lehnt der Streaming-Dienst das aber ab und könnte deshalb abgeschaltet werden.
In Russland sind Sender und Dienste, die bei der Medienaufsichtsbehörde Roskomnadzor registriert sind, dazu verpflichtet, ab einer bestimmten Größe auch russische Staatssender mit ins Programm aufzunehmen. Auch Netflix muss sich in Russland an die Vorgaben halten. Aufgrund des Ukraine-Krieges zieht der Anbieter jetzt aber seine eigenen Konsequenzen.
Übersicht
Netflix widersetzt sich wegen Ukraine Krieg
Die Verpflichtung zur Ausstrahlung russischer Staatssender betrifft alle Programme und Dienste mit Sendelizenz, die mehr als 100.000 Nutzer am Tag verzeichnen. Das erreicht Streaming-Gigant locker und soll damit in Russland die Sendungen von insgesamt 20 Staatssendern, darunter „Channel One“, „NTV“ und „Spas“, ausstrahlen. Das wurde Netflix bereits im Dezember 2021 von der Medienaufsichtsbehörde Roskomnadzor mitgeteilt. Im März 2022 sollte die Umstellung erfolgen. Doch dieser Aufforderung kommt der Streaming-Dienst nicht nach, wie ein Sprecher laut „Politico.com“ klarstellt: „Aufgrund der aktuellen Situation [Krieg in der Ukraine, Anm. d. Redaktion] verfolgen wir keine Pläne, diese Sender zu unserem Programm hinzuzufügen.
Die möglichen Folgen für den Streaming-Riesen sind relativ klar. Wenn man sich Roskomnadzor widersetzt, muss auch Netflix damit rechnen, die Sendelizenz in Russland entzogen zu bekommen. Dass das durchaus wahrscheinlich ist, musste zuletzt die „Deutsche Welle“ erfahren. Der deutsche Auslandssender bekam vor wenigen Wochen ein Sendeverbot ausgesprochen. Damit reagierte Russland auf die Verweigerung einer Sendelizenz in Deutschland für den Staatssender „RT DE“.
Dieser Fall verdeutlicht, dass Russland hier nicht lange fackelt. Im Land gibt es rund eine Million Netflix-Nutzer. Bei ca. 144 Millionen Einwohnern also nur ein kleiner Teil. Zum Vergleich: In Deutschland hat der Streaming-Dienst über 10 Millionen Nutzer bei rund 83 Millionen Einwohnern.
Update vom 7. März: Netflix stellt Betrieb in Russland ein
In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen hat sich Netflix nun selbst dazu entschlossen, seinen Dienst in Russland vorerst nicht mehr anzubieten. Bereits Anfang vergangener Woche hatte das Unternehmen Akquisitionen in Russland sowie die Produktion von Originalprogrammen – darunter eine Adaption von Anna Karenina von Lew Tolstoi – im Land eingestellt. Unklar ist, wie es mit dem Dreh der sich aktuell in Produktion befindenden vier russischsprachigen Serien nun weitergeht.
Hinsichtlich der Abonnentenzahlen gehört Russland für Netflix nicht zu den wichtigen Märkten. Mit seinem Rückzug folgt der Anbieter zahlreichen anderen Unternehmen, die ihre Dienste aufgrund des Angriffs auf die Ukraine und den daraufhin ausgesprochenen Sanktionen im Land einstellen. Auch TikTok hatte am Wochenende angekündigt, wegen des russischen Gesetzes gegen die Verbreitung von „Falschnachrichten“ zum Ukraine-Krieg seine Videofunktion in Russland auszusetzen. „Wir haben keine andere Wahl, als die Direktübertragung und das Hochladen neuer Inhalte (…) auszusetzen, bis wir die möglichen Folgen für die Sicherheit der TikTok-Angestellten und der Nutzer untersucht haben“, erklärte das Unternehmen am Sonntag. Der Messengerdienst von TikTok kann demnach weiter genutzt werden.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am vergangenen Freitag vor dem Hintergrund der Ukraine-Invasion ein Gesetz unterzeichnet, das drakonische Haftstrafen gegen missliebige Berichterstattung über die russische Armee vorsieht. Bis zu 15 Jahre Haft drohen demnach für die Verbreitung von „Falschnachrichten“ über die Armee. Auch Ausländer sind von dem Gesetz betroffen.
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Hilfe und Solidarität für die Ukraine
Was gerade in der Ukraine geschieht, ist schrecklich. Viele Familien sind gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen und vor dem Krieg zu flüchten. Das ist für alle traumatisch, besonders aber für die Kinder. Die BILD-Hilfsorganisation „Ein Herz für Kinder“ möchte daher helfen und bittet gemeinsam mit den Projektpartnern vor Ort wie der Hilfsorganisation „humedica“ und dem Aktionsbündnis Katastrophenhilfe um Spenden.
Wenn Sie helfen und spenden möchten, finden Sie hier alle Informationen.
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Quelle
Mit Material der dpa.