6. November 2023, 15:56 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Seit dem Start des Netflix-Abos mit Werbung im November 2022 hat sich eines bei dem Streaming-Dienst getan. Unter anderem wurde Account-Sharing abgeschafft, genauso wie das günstigere Basis-Abo. Alles deutet darauf hin, dass Netflix so sein Werbe-Abo attraktiver machen möchte – was sich nun durch eine Reihe weiterer Maßnahmen bestätigt. TECHBOOK schätzt die Neuerungen ein und liefert einen Überblick zu Kosten und Inhalt des Abos mit Werbung.
Das Jahr 2022 war für Netflix kein einfaches. Erstmals musste der Streaming-Dienst ein nicht unerhebliches Minus bei den Abonnement-Zahlen hinnehmen. Gleichzeitig wurde die Konkurrenz zuletzt immer zahlreicher und stärker. Darauf hat Netflix im November 2022 mit der Einführung eines werbefinanzierten Abos reagiert. 2023 folgten weitere radikale Maßnahmen wie das Verbot von Account-Sharing sowie unlängst die Streichung des Basis-Abos. Gerade Letzteres stößt bei den Abonnenten auf wenig Gegenliebe. Wie etwa eine große TECHBOOK-Umfrage ergab, denken deshalb 80 Prozent der (befragten) Netflix-Nutzer darüber nach, ihr Netflix-Abo gänzlich zu kündigen.
Bleiben Sie immer informiert mit unserem TECHBOOK-Newsletter bei WhatsApp!
Übersicht
Das bietet das Netflix-Abo mit Werbung
In Deutschland können Nutzer das Netflix-Werbe-Abo seit dem 3. November 2022 buchen. Das Paket nennt sich „Standard-Abo mit Werbung“ und kostet 4,99 Euro im Monat.
Damit ruft Netflix denselben Preis aus, wie für eine sogenannte Zusatzmitgliedschaft. Mit ihr können sich Netflix-Nutzer, die nicht in einem Haushalt leben, ein Standrad- oder Premium-Abo teilen. Gleichzeitig ist es 3 Euro günstiger als das 7,99 Euro teure reguläre Basis-Abo – das nun ohnehin großflächig abgeschafft wurde und nur noch für Bestandskunden gilt.
Nachdem das Abo mit Werbung mit einer Streaming-Qualität in SD und nur einem möglichen Stream gestartet ist, hat Netflix nun nachgebessert. Inzwischen kann man Filme und Serien auch in Full-HD-Qualität schauen und auf zwei Geräten im selben Haushalt parallel streamen. Auch die Download-Funktion wurde im selben Zug nachgerüstet. Nun können auch Abonnenten des Werbe-Abos Netflix-Inhalte auf ein Gerät herunterladen und speichern, um Filme und Serien dann etwa offline unterwegs schauen zu können. Wie bei den werbefreien Abos ist diese Option auf 15 Downloads pro Gerät und Abrechnungszeitraum limitiert.
So viel Werbung gibt es zu sehen
Denjenigen, die das Standard-Abo mit Werbung gebucht haben, zeigt Netflix sowohl vor und während dem Streamen von Filmen und Serien Werbung an. Insgesamt, so der Anbieter, werden pro Stunde etwa vier bis fünf Minuten Werbung ausgestrahlt. Dabei sind die einzelnen Werbespots jeweils 15 bis 20 Sekunden lang.
Welchem Nutzer welche Werbung angezeigt wird, orientiert sich laut Netflix an den individuellen Interaktionen, also etwa, welches Genre jemand bevorzugt streamt und an welchem Standort das Hauptgerät registriert ist. Zusätzlich kann man die sogenannte „verhaltensgesteuerte Werbung“ aktivieren oder deaktivieren. Dabei werden dann auch Daten anderer Websites oder Apps einbezogen.
Bei der Umsetzung des Werbeangebotes arbeitet Netflix mit Microsoft zusammen. Das Unternehmen soll demnach nicht nur die Technik betreuen, sondern auch den Verkauf von Werbeanzeigen auf Netflix. Zuvor hatte Netflix „The Wall Street Journal“ zufolge auch mit Google und NBCUniversal Gespräche geführt. Beide Unternehmen haben bereits viel Erfahrung mit entsprechender Technik und strebten eine exklusive Partnerschaft mit dem Streaming-Giganten an. Doch die Wahl fiel am Ende auf Microsoft.
Netflix-Werbe-Abo mit holprigem Start
Netflix setzte schon vorab große Hoffnungen in das Abo mit Werbung. Das Hauptpotenzial sieht der Dienst demnach in den USA; dort rechnete Netflix bis zum dritten Quartal 2023 mit über 13 Millionen Abonnenten, die dann weniger zahlen und dafür Werbung schauen. International gesehen erwartete der Anbieter hingegen bis Mitte 2023 bis zu 27 Millionen Nutzer. Netflix ging also von vornherein von einem recht hohen Interesse aus.
Zumindest in der Startphase haben sich Netflix‘ Hoffnungen allerdings nicht erfüllt – im Gegenteil. Über das Warum kann man nur spekulieren. Ob die Nutzer von den fehlenden Inhalten, dem Preis oder dem Umfang der Werbung abgeschreckt sind, ist nur schwer abzuschätzen.
Fakt ist aber, dass die Zahlen vor allem zum Start so deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben, dass Werbekunden ihr Geld zurückfordern konnten. Gegenüber dem Branchenmagazin Digiday äußerten sich mehrere Führungskräfte des Unternehmens. Demnach sei man bei manchen Werbekunden bis zu 20 Prozent unter den erwarteten Zuschauerzahlen geblieben.
Anfang November 2023 veröffentlichte Netflix dann erstmals offizielle Zahlen zu seinem Werbe-Abo. „Schon jetzt sind wir mit unserem Fortschritt sehr zufrieden und freuen uns, dass wir weltweit 15 Millionen monatlich aktive Nutzer*innen (MAUs) erreichen.“ Damit bleibt man zwar hinter den vorab formulierten Zielen zurück, scheint aber dennoch mit der Entwicklung zufrieden zu sein.
So will Netflix sein Wetbe-Abo attraktiver machen
Trotz dieser Zufriedenheit will Netflix offenbar die Zahlen für sein werbefinanziertes Abo weiter steigern. Dafür plant der Streaming-Dienst eine ganze Reihe von Maßnahmen. Einige von ihnen sind auch dringend notwendig, denn mittlerweile hat Disney+ seine Abostruktur ebenfalls umgestellt und ging zum Start besser mit dem werbefinanzierten Angebot um als Netflix.
Lesen Sie mehr dazu: Neue Abos bei Disney+! Das macht der Streaming-Anbieter besser als Netflix
Netflix baut Werbe-Abo technisch aus und schafft Basis-Abo ab
Nachdem das Werbe-Abo technisch mit deutlichen Einschränkungen gestartet war, hat Netflix hier inzwischen nachgebessert. Vor allem der Sprung bei der Streaming-Qualität auf Full-HD ist zu erwähnen. Mit der Ergänzung der Download-Funktion und der Möglichkeit, auf zwei Geräten parallel zu streamen, wurde das Abo weiter aufgewertet.
Tatsächlich entspricht das Abo mit Werbung in fast allen Aspekten dem Basis-Tarif. Da dieser unter anderem in Deutschland abgeschafft wurde, sollen scheinbar mehr Kunden zum Abschluss des werbegestützten Modells animiert werden.
Weniger Werbung ab 2024 – mit einem Haken
Zudem hat Netflix angekündigt, ab Anfang 2024 weniger Werbung im Abo zeigen zu wollen. Der Anbieter nennt die Neuerung in seiner Ankündigung „Binge-Ad-Format“. Dieses soll, wie der Name schon andeutet, vor allem Binge-Fans zugutekommen.
Der Begriff kommt vom Binge-Watching und beschreibt einen Serienmarathon, bei dem mehrere Folgen einer Serie am Stück geschaut werden. Tatsächlich hat Netflix das Konzept als erster großer Streaming-Dienst maßgeblich mitgestaltet. Vorher erfolgte das Serienschauen klassisch übers Fernsehen und somit eher häppchenweise per Ausstrahlung einzelner Folgen.
Das neue Binge-Ad-Format soll dann greifen, wenn Nutzer mindestens drei Folgen einer Serie am Stück streamen. Dann ist nämlich die vierte Episode werbefrei. Zudem soll es ebenfalls ab dem ersten Quartal 2024 möglich sein, QR-Codes in Werbespots einzublenden.
Fehlende Inhalte in Werbe-Abo wurden nachgereicht
Zum Start des Werbe-Abos bei Netflix mussten Nutzer des neuen Tarifs noch mit einer großen inhaltlichen Einschränkung leben. Bereits im Vorfeld gab Netflix nämlich bekannt, dass „eine begrenzte Anzahl von Filmen und Serien aus Lizenzgründen nicht verfügbar sein“ würde. Wie sehr der Streaming-Dienst dann aber den Rotstift angesetzt hat, hätten viele nicht erwartet. TECHBOOK hat sich damals auf der Seite JustWatch umgesehen, auf der übersichtlich gelistet ist, welche Inhalte bei welchem Streaming-Anbieter verfügbar sind. Auffallend dabei war, dass im regulären Netflix-Abo 6991 Titel gelistet waren, im Abo mit Werbung jedoch nur 5320. Ganze 1671 Serien und Filme fehlten somit im günstigeren Angebot. Darunter waren auch einige beliebte Hochkaräter wie „House of Cards“ oder „Downton Abbey“.
Auf Nachfrage erklärte Netflix das Fehlen der Titel Ende 2022 folgendermaßen: „Bestimmte Inhalte fehlen aufgrund von Lizenzbeschränkungen im Tarif Basis-Abo mit Werbung. Es wird daran gearbeitet, diese freizuschalten“. Das hat man nun offensichtlich getan. Laut eigener Aussage fehlen nur noch vereinzelte Titel im Werbe-Abo.
So schätzt TECHBOOK die Neuerungen ein
Nutzer sollen klar zum Werbe-Abo gedrängt werden
„Mit seinen Maßnahmen zeigt Netflix recht deutlich, dass man vor allem Neukunden zum Abschluss eines Abos mit Werbung bewegen will. Vor allem die Abschaffung des Basis-Abonnements dürfte darauf abzielen. Der Tarif war vor allem bei kleineren Haushalten von ein oder zwei Personen sehr beliebt, bot er doch für die meisten Inhalte ausreichend Qualität. Dass es diese Option für Neukunden nun gar nicht mehr gibt, macht das Werbe-Abo natürlich viel attraktiver – zumal der Streaming-Dienst qualitativ deutlich nachgebessert hat.
Vor allem die jetzt vorhandene Download-Funktion dürfte viele freuen, aber auch das Streamen auf zwei Geräten gleichzeitig. Da der Preissprung zum regulären Standard-Abo mit seinen 12,99 Euro außerdem deutlich größer ist als zum abgeschafften Basis-Abo mit seinen 7,99 Euro pro Monat, dürfte der Preis für viele Nutzer noch mehr ins Gewicht fallen. Das Abo mit Werbung ist nun einfach mit Abstand am günstigsten. Ohne das Basis-Abo gibt es auch einfach keine echte Alternative mehr, wobei man fairerweise sagen muss, dass die 4,99 Euro für das Werbe-Abo auch im Vergleich zu anderen Anbietern ein gutes Angebot sind.
Die Neuerung mit dem Binge-Ad-Format sehe ich persönlich kritisch. Natürlich ist es ein schöner Schritt für Serien-Fans, mit dem Netflix seinem einstigen Kerngeschäft Tribut zollt. Gleichzeitig animiert es Nutzer im Zweifel auch, länger am Bildschirm zu bleiben – um dann am Ende doch auch wieder mehr Werbung zu sehen.“– Marlene Polywka, Redakteurin
Ab sofort Neue Abos bei Disney+! Das macht der Streaming-Anbieter besser als Netflix
Streaming Netflix wertet Werbe-Abo auf und verschiebt Einführung von Gebühren für Account-Sharing
Gerücht Netflix könnte dieses Jahr schon wieder die Preise erhöhen
Netflix kündigt weitere Maßnahmen an
Eine weitere Maßnahme, um künftig Kosten zu senken und weitere Abonnenten abzuholen, sieht Netflix in der Anpassung des Programms. Das bedeutet laut Netflix-Vorstand Reed Hastings: weniger und dafür hochwertige Produktionen, kürzere Serien und kürzere Folgen. Wie genau die Programmgestaltung dann aussehen soll, ist allerdings noch nicht bekannt. Aktuell liest sich die Liste der Neuheiten jedenfalls noch genauso umfangreich wie sonst auch.
Bereits vor Netflix hat Amazon Anfang August 2022 mit Freevee sein werbefinanziertes Streaming-Abo eingeführt. Auch Konkurrent Disney+ hat dieses Jahr ein entsprechendes Paket gestartet.