15. Januar 2021, 22:15 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Es ist ein Datenschutz-Fiasko! Mit Tracking-Apps, die es offiziell in den App Stores von iOS und Android gibt, lassen sich die WhatsApp-Aktivitäten von Kollegen, Freunden und sogar Fremden bis ins Detail ausspionieren und aufzeichnen.
Tracking-Apps zeichnen „Online“-Status auf
In Tracking-Apps wie können beliebige Handynummern eingegeben werden, die mit WhatsApp verbunden sind. Die Tracking-App zeichnet dann auf, wann der Besitzer der Nummer WhatsApp öffnet. Am Ende des Tages kann dann zum Beispiel ein Bericht erstellt werden, aus dem hervorgeht, zu welcher Zeit und wie lange die betreffende Nummer in WhatsApp online war – ein mehr als zweifelhaftes Tool, das für Stalking und andere Spitzeleien missbraucht werden kann. Stellen Sie sich nur vor, jemand präsentiert Ihnen sekundengenau, wann und wie lange Sie auf WhatsApp online waren! In Beziehungen oder im Job kann das wirklich zu Problemen führen. Nicht vergessen, die Handynummer des anderen reicht dafür aus.
Wir möchten hier keines der Tools nennen, aber es gibt einige. Diese funktionieren ohne Probleme und kostenlos – erschreckend! Das Problem existiert bereits seit längerem. TECHBOOK checkte dir Problematik zuletzt vor einem Jahr. Damals schwirrte „Dasta“ durch die Appstores und bot den Service an. Wird eine App wie „Dasta“ gelöscht, sprießen schnell neue aus dem Boden. Und diese sind sogar noch leichter zu bedienen, wie wir feststellen mussten.
Offiziell soll man mit Tracking-Apps übrigens seine eigene Online-Aktivität in Netzwerken wie WhatsApp überwachen können – klingt also nach einem Vorwand.
Tracking-Apps nutzen Schwachstelle von WhatsApp aus
Doch wie greifen Tracking-Apps diese Daten eigentlich ab? Ganz einfach: WhatsApp stellt die Daten indirekt zur Verfügung. Der Messenger macht es nicht möglich, den „Online“-Status zu deaktivieren. Die App macht also wahrscheinlich nichts anderes, als anzuspringen, sobald das Wort „Online“ bei dem betreffenden Kontakt aufploppt. Das machen die Tracker rund um die Uhr im Hintergrund. WhatsApp könnte den Apps höchstwahrscheinlich diese Information verwehren, indem es Nutzern erlauben würde, den eigenen Online-Status zu verbergen. Das funktioniert derzeit aber nur bei „zuletzt online“.
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Sind solche Apps illegal?
TECHBOOK hat sowohl bei Philipp Stroh von den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit, als auch beim renommierten Rechtsanwalt Christian Solmecke angefragt, ob Tracking-Apps überhaupt legal sind. Die beiden Fachleute für Rechtsfragen in der Medienwelt kommen nach jeweils kurzer Recherche zu ähnlichen Einschätzungen. So sieht Datenschützer Stroh „eine Verantwortlichkeit des Anbieters für diese unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten“. Die Aussage beruht auf der Annahme, dass nicht die App, sondern der Anbieter im Hintergrund die Datenabfragen macht und den Usern präsentiert.
Rechtsanwalt Solmecke sieht unabhängig von Stroh ebenfalls eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Laut des Fachmanns für Fragen rund um das Internet und die IT-Branche ist das Tracking „nur mit Einwilligung des jeweiligen Nutzers zulässig“. Da die App bei den ausspionierten Personen aber natürlich nicht nachfragt, liegt laut Solmeckes Auffassung „ein rechtswidriger Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor, weshalb die App nicht DSGVO-Konform einsetzbar und damit in ihrer jetzigen Form rechtswidrig ist“.
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Wie können sich WhatsApp-Nutzer gegen Tracking-Apps schützen?
Technisch gibt es aktuell leider keine Möglichkeit, sich vor Apps wie Dasta zu schützen. Wie erwähnt, müsste WhatsApp hier tätig werden und die Möglichkeit einräumen, die Online-Aktivität zu verbergen. Auch die App Stores von Google und Apple wären eigentlicher in der Pflicht, die womöglich rechtswidrigen Apps einfach zu löschen. Weder WhatsApp noch die App Stores reagierten auf Anfragen von TECHBOOK.
Rechtlich gesehen haben Opfer den Anspruch auf Herausgabe der eigenen Daten und, falls die App rechtswidrig ist, auf vollständige Löschung aller Daten, klärt Rechtsanwalt Solmecke auf. An den oder die Betreiber ist aber wohl schwer heranzukommen ist, da diese oft im Ausland sitzen.
Doch Solmecke kennt noch eine weitere Möglichkeit, wie Opfer von Tracking-Apps sich wehren können. Wenn Sie herausbekommen, dass eine andere Person ihre Daten in der App hinterlegt hat und sie somit ausspioniert, können Sie bei dieser Person Ansprüche geltend machen. Denn diese Nutzer verwenden ihre Daten dann ohne Einwilligung und verletzen somit ihr Persönlichkeitsrecht. Neben einer Aufforderung zur Unterlassung sollten Betroffene dann auch versuchen, Schadensersatz zu fordern.