1. April 2019, 15:14 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Yoshua Bengio, Pionier im Bereich Künstlicher Intelligenz, ist besorgt über die aktuelle Entwicklung. Er setzt sich gegen Roboter, die töten können, ein.
Er gilt als einer der größten KI-Pioniere: Dr. Yoshua Bengio. Der 55-jährige kanadische Informatiker wurde in diesem Jahr mit dem renommierten A. M. Turing Award, quasi dem Nobelpreis für Informatiker, geehrt. Er ist besorgt, dass die Innovationen der Künstlichen Intelligenz, die er mit entwickelt hat, zu einer dunklen Zukunft für die Menschheit führen könnten – wenn Killer-Roboter in die falschen Hände geraten.
Das Star-Trek-Szenario
Die gute Nachricht: Bengio glaubt trotzdem an eine Welt, die durch den Idealismus von „Star Trek“ geprägt ist und nicht an die apokalyptische Vision von „Terminator“. „In ‚Star Trek‘ existiert eine Welt, in der die Menschen mit Demokratie regiert werden, jeder bekommt eine gute Gesundheitsversorgung, Bildung und Essen, und es gibt keine Kriege außer gegen ein paar Aliens“, sagt Yoshua Bengio gegenüber der New York Times. Yoshua Bengio ist Professor an der Universität von Montreal und wissenschaftlicher Direktor am Quebecer Institut für KI. Seine Forschung hat den Weg geebnet für Sprach- und Gesichtserkennungstechnologie, Computer Vision, also die Disziplin, die versucht, Robotern das Sehen beizubringen, und selbstfahrende Autos.
Mit der New York Times sprach Bengio vor Kurzem in seinem kleinen Büro in Montreal am Institut für Lernalgorithmen. Der Professor forscht gerade im Bereich „Deep Learning“, was er selbst mit folgenden Worten erklärt: „Maschinen beizubringen zu lernen, und zwar auf eine Weise, die von der Berechnung unseres Gehirns inspiriert ist.“ Seine Forschung hat bereits zahlreiche Auswirkungen auf unser alltägliches Leben, wie etwa bei Google Translate, das einen Satz vom Französischen in Mandarin übersetzen kann oder für Software zur Erkennung von Krebszellen in einem medizinischen Bild. Er und sein Forscherteam verwenden auch KI-Moleküle, die Krankheiten heilen, Geschlechtervoreingenommenheit in Lehrbüchern erkennen und Naturkatastrophen vorhersagen könnten.
Anders als andere Wissenschaftler hat Bengio einen Bogen um das Silicon Valley gemacht und Jobs bei Google und Co. verschmäht, um stattdessen im wissenschaftlichen Umfeld in Montreal zu arbeiten. „Ich bin kein Fan von Personalisierung der Wissenschaft, die einige Wissenschaftler zu Stars macht“, sagt der eher introvertierte Bengio, über den Kollegen sagen, er sei am glücklichsten, wenn er über einen Algorithmus gebeugt ist. „Ich hatte vielleicht Glück, zur richtigen Zeit die richtigen Dinge gedacht zu haben“, sagt Bengio.
„Man kann den Erfinder der Algebra nicht für den Krieg verantwortlich machen.“
Als der berühmte Cambridge-Physiker Stephen Hawking warnte, dass KI „das schlimmste Ereignis in der Geschichte der Zivilisation“ sein könnte, und der Unternehmer Elon Musk mahnte, es könnte dadurch ein „unsterblicher Diktator“ geschaffen werden, blieb Bengio noch optimistisch. „Wir müssen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen suchen oder wir werden nur gegen eine Wand laufen“, sagte er damals. Und weiter: „Aber wir müssen es weise tun.“ In Bezug auf die Verwendung von Algebra zur Berechnung der Winkel von Raketen fügte er hinzu: „Man kann den Erfinder der Algebra nicht für den Krieg verantwortlich machen.“
Inzwischen ist das anders. In einer Zeit, in der Facebook-Algorithmen wegen ihres Einflusses bei den US-Wahlen 2016 in die Kritik geraten sind und die Angst wächst, dass Roboter es ohne die Aufsicht eines Menschen auf andere Menschen abgesehen haben, ist Bengio ein großer Skeptiker und besorgt, mit seinen Innovationen Frankensteins Monster geschaffen zu haben.
Professor sicher Toby Walsh: „2062 werden Maschinen so schlau wie Menschen sein“
Oxford-Studie KI könnte die Menschheit auslöschen
Digitaler Menschersatz Sex mit Robotern könnte bald zum Alltag gehören
Regulierung von KI und Verbot von Killer-Robotern
Das ist der Grund, warum der Informatiker die Regulierung von KI unterstützt – einschließlich eines internationalen Vertrags, der Killer-Roboter und tödliche autonome Waffen verbietet. Ein Szenario wie in den Filmen von „Terminator“, bei dem eine Maschine menschliche Emotionen besitzt und ihren Schöpfer ausschalten will, sieht er aber nicht. Diese Vorstellung sei lächerlich. „Wir stellen uns vor, dass sich unsere Kreationen gegen uns wenden, weil wir unsere Psychologie in die Maschinen projizieren“, sagt Bengio.