25. September 2023, 8:39 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wer regelmäßig auf Online-Marktplätzen shoppt, stolpert immer wieder über gefälschte Produkte. Doch drohen Strafen bei einer Bestellung? Spielt es eine Rolle, ob ich den Fake erkenne oder nicht? TECHBOOK spricht mit einem Anwalt und klärt auf.
Auf Martktplätzen wie Ebay, AliExpress, Temu und sogar Amazon tummeln sich auch immer wieder Händler, die gefälschte Produkte anbieten. TECHBOOK enthüllte bereits die Abzocke mit billigen Apple-Kopfhörern auf Wish. Grundsätzlich sind die Bereiche Technik und Mode besonders anfällig für nachgemachte Produkte. TECHBOOK klärt die wichtigsten Fragen mit Rechtsanwalt Michael Plüschke von der Kanzlei Plüschke aus Berlin, dessen Fachgebiet unter anderem im Markenrecht liegt.
Übersicht
Was ist eine Fälschung?
Grundsätzlich gibt es laut Plüschke den Grundsatz der Nachahmungsfreiheit. Diese greift aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. „Erst wenn ein Sonderschutzrecht, sprich eine Markenverletzung vorliegt, sind Käufer in dem Bereich, in dem es rechtlich relevant ist. Das ist dann gegeben, wenn eine fremde Marke oder ein eingetragenes Design kopiert wird.“
Dieser Fall liegt zum Beispiel vor, wenn ein SD-Karten Hersteller aus China den Namen SanDisk auf die Karten druckt oder Kopfhörer das Apple-Logo tragen. Schuhe dagegen, die den klassischen Converse Chucks verdächtig ähnlich sehen, jedoch sichtbar ein anderes Markenlogo tragen, fallen noch unter die Nachahmungsfreiheit.
Mache ich mich beim Kauf von gefälschten Waren strafbar?
Die Antwort hängt laut Plüschke von den Absichten des Käufers ab. Handelt es sich um eine Bestellung für den privaten Gebrauch oder soll das gefälschte Produkt weiterverkauft werden? Bei hochpreisigen Artikeln, wie iPhones oder Louis-Vuitton-Taschen, nehmen die meisten Richter bereits beim Kauf von zwei bis drei gefälschten Produkten ein geschäftliches Interesse an. In diesem Fall machen sich Käufer strafbar. Wer aber einzelne Waren für den privaten Gebrauch bestellt, macht sich nicht strafbar.
Mit welchen Konsequenzen muss ich beim Kauf von gefälschten Waren rechnen?
Werden mehrere Produkte bestellt und kann dann vermutet werden, dass diese weiterverkauft werden, drohen teils empfindliche Strafen, sagt Plüschke gegenüber TECHBOOK. „Wenn Geschmacksmuster oder eingetragene Designs für das entsprechende Produkt bestehen, dann ist bereits das Einführen rechtlich relevant und ist mit Gefängnis bis zu drei Jahren bedroht.“ Darüber hinaus drohen zivilrechtlich außerdem Schadensersatzforderungen der Rechteinhaber. Das kann schnell teuer werden.
Privatbesteller machen sich zwar nicht strafbar, müssen aber trotzdem mit zusätzlichen Kosten rechnen. Denn: „Es kann natürlich sein, dass der Zoll die Ware trotzdem beschlagnahmt.“ Die Rechteinhaber, also zum Beispiel Firmen wie Apple, können nämlich veranlassen, dass der Zoll verdächtige Produkte zunächst eingelagert und dann begutachtet. Das dauert lange und verursacht für die Käufer zusätzliche Einlagerungskosten. Wird bei einer Warensendung eine geschäftliche Absicht vermutet, hat man schnell das Nachsehen: „Handelt es sich um eine Markenrechtsverletzung, also zu geschäftlichen Zwecken, wird die Ware beim Zoll auf Wunsch des Rechteinhabers vernichtet.“
Noch dicker kommt es dann für Warenbestellungen, die aus dem Nicht-EU-Ausland kommen. Hier werden ab einem Warenwert von 20 Euro zusätzlich noch 19 Prozent Einfuhrumsatzsteuern fällig. Letzteres gilt übrigens auch für Originalware. Rechnen Sie damit, die Einfuhrumsatzsteuer direkt beim Paketboten entrichten zu müssen. Dass die gefälschte Ware dennoch bei Ihnen als Privatkäufer ankommt, ist nicht unwahrscheinlich.
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Macht es einen Unterschied, ob ich davon Kenntnis habe oder nicht?
Strafrechtlich spielt die Kenntnis indirekt eine entscheidende Rolle, da es um die Absicht geht: Sollen die Produkte weiterverkauft werden? Wird der beabsichtigte Weiterverkauf angenommen, macht man sich strafbar. Dann ist die Kenntnis wenigstens naheliegend, aber auch irrelevant. Zivilrechtlich – wenn es also um Schadensersatzforderungen geht – gilt, dass die Nicht-Kenntnis nicht vor der Strafe schützt. Oder andersrum: Auch wer keine Ahnung hat, kann belangt werden.
TECHBOOK meint
„Auch wenn Privatkäufer sich nicht strafbar machen, raten wir trotzdem vom Kauf gefälschter Waren ab. Technische Geräte entsprechen oft nicht den geltenden EU-Bestimmungen und dürften deshalb gar nicht betrieben werden. Es ist schon öfter vorgekommen, dass minderwertige Fake-Akkus Feuer gefangen haben und die Besitzer verletzt wurden.“– Andreas Filbig, Redakteur