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Amazon testet neue KI-Funktion bei Kundenrezensionen

Smartphone, mit dem Startbildschirm der Amazon-App
Amazon will die Kundenrezensionen um eine KI-Funktion erweitern. Foto: picture alliance / Andreas Franke | Andreas Franke
Natalie Wetzel, TECHBOOK
Werkstudentin

17. August 2023, 10:50 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Mithilfe einer KI-Anwendung möchte Amazon seinen Kunden zukünftig die Kaufentscheidungen erleichtern. Doch die neue App-Funktion ist vielleicht gar nicht so nützlich, wie der Konzern behauptet.

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In den schier unendlichen Weiten von Amazons Shopping-Angebot kann man sich nur allzu leicht verlieren. Wer sich etwa mit einer neuen Powerbank oder Gamingmaus ausstatten möchte, hat die Qual der Wahl zwischen dutzenden, wenn nicht gar hunderten Modellen und Marken. Eine echte Entscheidungshilfe können da die Erfahrungen von anderen Käufern sein. Dieses Konzept der Kundenrezensionen will Amazon jetzt um eine KI-Anwendung erweitern. Und einmal mehr stellt sich die Frage: macht der Einsatz von KI die Sache besser oder viel, viel schlimmer?

Amazons Ärger mit den Fake-Bewertungen

Amazon selbst blickt einigermaßen verklärt auf sein System der Kundenrezensionen. Als der Konzern 1995 die Review-Funktion einführte, war das Konzept, sich beim Kauf eines Produkts an den Meinungen und Erfahrungen früherer Käufer zu orientieren, noch relativ neu. Heute kaum vorstellbar, schließlich kann man mittlerweile so gut wie alles bewerten und das auf allen möglichen Plattformen. Auch Amazon-Kunden machen davon rege Gebrauch. Allein im Jahr 2022 lieferten sie weltweit 1,5 Milliarden Rezensionen und Bewertungen.

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Gleichzeitig müsste sich Amazon aber auch eingestehen, dass sich der Stern von Onlinebewertungen spätestens seit ChatGPT und Co. im Sinkflug befindet. Denn die Sternebewertungen sind längst zu einem lukrativen Geschäft geworden, durch das das Vertrauen der Kunden in die Reviews stetig bröckelt. Schon lange hat Amazon mit manipulierten oder schlichtweg gefälschten Produktrezensionen zu kämpfen. Allein in 2020 hat der Konzern 200 Millionen gefälschte Bewertungen blockiert.

Während sich manch ein unlauterer Verkäufer massenweise positive Reviews kauft, geben einige Mitglieder der Produkttest-Gruppe Vine-Club regelmäßig Bewertungen ab, ohne die Produkte tatsächlich zu testen. Seit 2022 mehren sich außerdem Rezensionen, die von KIs wie ChatGPT geschrieben wurden. Auch diese sind für Amazon-Kunden nicht hilfreich, können aber zumindest für einen Schmunzler sorgen. CNBC hat einige amüsante Beispiel-Rezensionen zusammengetragen, alle in einem ähnlichen Stil: „Als KI-Sprachmodell habe ich zwar keinen Körper, aber ich weiß, wie wichtig bequeme Kleidung während der Schwangerschaft ist.“

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KI analysiert Kundenrezensionen

Obwohl ChatGPT und Co. Amazon einiges an Ungemach bescheren könnte, setzt der Konzern jetzt selbst auf KI, um Kunden noch besser bei Kaufentscheidungen zu unterstützen, wie es in einer Mitteilung heißt. Dazu soll die KI die Rezensionen eines Produkts analysieren und dann eine kurze Zusammenfassung direkt neben den Produktdetails präsentieren. Dieses Meinungsextrakt soll den Kunden einen schnellen Überblick liefern, aber inhaltlich aussagekräftiger als die fünf Sterne sein.

Zusätzlich arbeitet die KI Schlagworte heraus, die besonders häufig in den Rezensionen genannt werden, etwa „ease of use“. Diese Schlagworte sollen dann als Button fungieren und zu den Reviews führen, die diesen konkreten Aspekt thematisieren. Auch hier ist die Idee, dass unschlüssige Kunden schnell die Rezension finden, die ihnen laut KI am besten weiterhilft. Bisher ist diese KI-Erweiterung nur in der Amazon-App in den USA verfügbar und befindet sich auch dort noch in der Testphase. Das heißt, dass bisher nur einige Nutzer auf die Funktion zugreifen können.

Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Uncredited
Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Uncredited Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Keine KI ohne Kritik

Obwohl Amazon nach eigenen Angaben nur das Beste für seine Kunden im Sinn hat, stechen einige Kritikpunkte sofort ins Auge. Zuallererst gilt hier wie bei allen Algorithmen dieser Art: Die KI ist nur so gut wie die Daten, auf die sie zurückgreift – sprich die Kundenrezensionen. Und wie sich gezeigt hat, sind ein nicht unerheblicher Teil der Reviews manipuliert, gefälscht oder sogar ihrerseits von einer KI erfunden.

Amazon beteuert zwar, dagegen vorzugehen, doch letztlich bleiben diese Maßnahmen für die Kunden eine Blackbox. Liest man einzelne Rezensionen selbst, kann man zumindest die ganz offensichtlich unauthentischen gut erkennen. Bei einer KI-generierten Zusammenfassung fällt diese Selbsteinschätzung dagegen weg.

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Neue Funktion könnte Verkäufern schaden

Darüber hinaus gibt es Bedenken, dass die KI von Amazon beeinflusst werden könnte und sich dann beispielsweise in der Analyse vor allem auf positive Aspekte in den Rezensionen konzentriert. Schließlich profitiert Amazon als Marktplatz von den Käufen. Andersherum gibt es aber auch erste Fälle, in denen die KI in ihrer Zusammenfassung die „Meinungen der Mehrheit“ hervorhebt, die sich nicht mit der durchschnittlichen Sternebewertung decken. Hebt die KI negative Reviews hervor, obwohl die meisten Rezensionen positiv sind, kann das den Verkäufern massiv schaden. Werden dagegen Produkte fälschlicherweise zu positiv dargestellt, untergräbt die KI den Zweck der Kundenrezensionen komplett. Solange also solche Diskrepanzen bestehen, drohen Kunden und Verkäufern eher Nachteile aus der KI-Anwendung. Statt sich auf sie zu verlassen, müssen Kunden nun zusätzlich Zeit in die Verifizierung der KI-Zusammenfassung stecken.

Das gilt auch mit Blick auf die Schlagworte, die Amazons KI aus den Kundenrezensionen extrahiert. Denn viele der authentischen Reviews stammen von Laien, die – ganz im Sinne der Sache – ihre persönlichen Erfahrungen teilen. Doch während der eine Rezensent einer Gamingmaus vielleicht großen Wert auf Ästhetik und Lichteffekte legt, interessiert sich der Käufer in spe womöglich eher für die Größe oder das ergonomische Design – das je nach Handgröße passt oder auch nicht. Auch hier ist also das Versprechen, dass die KI die wichtigsten Aspekte herausfiltert, schwer zu halten, da bei vielen Produkten sehr unterschiedliche Kundenbedürfnisse auftreten. Ob die KI nach dem Feinschliff in der Testphase also wirklich eine Hilfe für Amazons Kunden ist, wird sich erst zeigen müssen.

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