25. Februar 2020, 12:35 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Mit einem neuen System mit Sternchen und mehr Feedback von Kunden geht der Versandhändler Amazon jetzt gegen gefälschte Reviews auf der Seite vor.
Gefälschte Bewertungen finden auf Amazon immer noch statt. Damit soll aber schnellstmöglich Schluss sein, denn der Versandriese hat den Fake-Reviews den Kampf angesagt. Das Unternehmen hat eine große Veränderung vorgenommen, die dazu beitragen könnte, die Fake-Bewertungen zu minimieren, wie die Internetseite Vox berichtet.
So funktioniert das neue System
Schon im vergangenen Jahr führte Amazon beinahe heimlich die Ein-Klick-Bewertung für Produktbewertungen ein. Diese ermöglicht es Käufern von Produkten, eine Sterne-Bewertung abzugeben – ohne dass die Kunden dafür eine Bewertung schreiben müssen. Diese kleine Veränderung habe bereits zu einer Zunahme des allgemeinen Kundenfeedbacks geführt. Das ist ganz klar ein Vorteil im Online-Shopping-Wettbewerb. Laut Amazon würden speziell neue Produkte früher Feedback von Kunden erzeugen. Das könnte eine Segen für neue Markenanbieter sowie Verkäufer sein. Branchenbeobachter spekulieren, dass eine weitere indirekte Auswirkung ein deutlicher Anstieg von echten Bewertungen sein könnte. Das würde es für gefälschte Bewertungen auf der Seite schwieriger machen, Sichtbarkeit zu bekommen beziehungsweise deren Relevanz verhältnismäßig reduzieren.
„Wenn die Anzahl der Bewertungen steigt, können die Kunden eine größere Menge und damit eine genauere Bewertung sehen“, sagte Patrick Miller, Mitbegründer von Flywheel Digital, einer Agentur, die große Verbrauchermarken beim Verkauf auf Amazon unterstützt gegenüber Vox. „Für Marken bedeutet dies, dass die Black-Hat-Review-Clubs und Verkäufer weniger Einfluss haben werden, da der Anteil der gefälschten Bewertungen an den legalen Bewertungen abnehmen dürfte“, sagte er weiter.
Das Problem mit gefälschten Produktbewertungen
Die neue Bewertungsfunktion kommt zu einer Zeit, in der gefälschte Produktbesprechungen mehr Aufmerksamkeit von den Medien, den Regulierungsbehörden und von Amazon selbst auf sich ziehen, da immer mehr Verbraucher ihre Einkäufe online tätigen. Im vergangenen Jahr brachte die Federal Trade Commission ihren ersten Fall mit bezahlten gefälschten Bewertungen vor, in dem eine Beschwerde gegen einen Amazon-Verkäufer, der gefälschte Fünf-Sterne-Bewertungen für einen Gewichtsverlust-Ergänzungsmittel gekauft hatte, beigelegt wurde. Amazon hat in den letzten fünf Jahren mindestens fünf Klagen im Zusammenhang mit gefälschten Rezensionen eingereicht. Auf der einen Seite können gefälschte positive Bewertungen einfach zum Kauf minderwertiger Waren und zu Misstrauen unter den Käufern führen. Aber in bestimmten Kategorien kann eine schmeichelhafte Rezension eines schlechten oder fehlerhaften Produkts auch sehr gefährlich sein.
Genialer Tipp! Gefälschte Amazon-Bewertungen ganz leicht enttarnen
Tausende Rezensionen gelöscht Amazon geht massiv gegen Schummel-Bewertungen vor
Oft in Bewertungen zu sehen Was heißt eigentlich „verifizierter Kauf“ auf Amazon?
Nicht jeder kann bewerten
Mit einem Click werden Kunden aufgefordert, ein Produkt zwischen einem und fünf Sternen zu bewerten. Der Vorteil: Verfügbar ist diese Funktion nur für Kunden, die den zu bewertenden Artikel auch wirklich geshoppt haben, demnach handelt es sich um verifizierte Kunden. Mit dem neuen Bewertungssystem könnte Amazon einen Weg gefunden haben, um für mehr echte Bewertungen auf der Plattform zu sorgen und auf diesem Wege gefälschten Bewertungen den Kampf angesagt haben. Denn: Amazon erlaubt zwar weiterhin Bewertungen von Produkten in schriftlicher Form von nicht verifizierten Käufern, also Kunden, bei denen nicht nachweisbar ist, ob sie den bewerteten Artikel tatsächlich gekauft haben. Aber die Schnelligkeit sowie Leichtigkeit der Ein-Klick-Bewertung führt dazu, dass immer mehr verifizierte Kunden ein Feedback für den gekauften Artikel abgeben. Dadurch wird es wohl künftig für Betrüger deutlich teurer, weil sie mehr gefälschte Bewertungen kaufen müssten, um das Ergebnis ausschlaggebend zu verändern.
„Je mehr Kunden, die das Produkt gekauft haben, [die] Feedback geben, desto genauer spiegelt die Sterne-Bewertung die Erfahrung aller Käufer wider“, sagt die Amazon-Sprecherin Angie Newman zu Vox, ohne sich direkt auf gefälschte Bewertungen zu beziehen. Einzelheiten darüber, wie die komplette Sterne-Bewertung am Ende eines Produkts berechnet wird, gibt Amazon nicht preis. Es soll sich nämlich nicht um einen einfachen Durchschnitt handeln, sondern um ein maschinell erlerntes Modell. Dabei werden wohl auch Faktoren wie etwa Aktualität oder verifizierter Kauf berücksichtigt.
Dennoch sei es wohl möglich, einen verifizierten Kauf zu umgehen, so würden Betrüger etwa häufig in nicht öffentlichen Facebook-Gruppen Käufer für sich mit dem Versprechen gewinnen, dass sie ihnen einen Amazon-Kauf via Paypal erstatten würden, sobald sie eine positive Artikel-Bewertung abgegeben haben. Im neuen System müssten die Betrüger dann noch mehr Lob-Feedback kaufen.