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Dynamic Pricing entschlüsselt

Zu welcher Tageszeit die Preise beim Online-Shopping am höchsten sind

Symbolbild: junger Mann, der am Laptop online shoppt.
TECHBOOK verrät 7 Tipps, um Dynamic Pricing auszutricksen Foto: Getty Images
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TECHBOOK Redaktion

9. November 2023, 8:47 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Der entscheidende Vorteil vom Online-Shopping? Die Angebote sind jederzeit und überall verfügbar. Was man aber schnell übersieht, dass der Preis bei ein und demselben Händler schwanken kann. TECHBOOK hat sich das Phänomen Dynamic Pricing genauer angeschaut.

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Morgens kostet das Smartphone 400 Euro, abends aber deutlich mehr. Preise hoch, Preise runter – bei Online-Händlern fahren die Angebote schon mal Achterbahn. Aber warum? Ganz einfach: Weil der Anbieter so versucht, den Umsatz zu steigern. Das Prinzip des Dynamic Pricings liegt in der Anpassung des Verkaufspreises an die aktuelle Marktlage. Ist die Nachfrage hoch, wird der Preis nach oben geschraubt. Stagniert die Nachfrage, versuchen die Händler, das Produkt mit günstigeren Preisen attraktiver zu machen und so den Abverkauf anzukurbeln.

Für Kunden kann das verwirrend sein, denn niemand möchte sehenden Auges einen Nachteil in Kauf nehmen. Doch hilflos ausgeliefert sind Sie den Tricks der Händler nicht. Wer zum richtigen Zeitpunkt kauft, darf sich freuen. Wer aber im falschen Moment zuschlägt, zahlt drauf. TECHBOOK hat einen Experten befragt und erklärt, wie Sie den richtigen Augenblick erwischen.

Die Zahlungsbereitschaft ausschöpfen

Je nach Wochentag und Anbieter können Käufer einige Euro zu sparen – oder zu viel ausgeben. Für die Verkäufer haben die dynamischen Preise gleich mehrere Vorteile. Marketing-Experte Prof. Dr. Peter Kenning von der Heinrich Heine Universität in Düsseldorf sagt zu TECHBOOK: „Die Firmen verfolgen mit den Dynamic Pricing zwei Ziele. Zum einen ist der Preis ein starker Hebel, um den Gewinn zu steigern. Die Anbieter wollen durch die Preisschwankungen die Zahlungsbereitschaft der Kunden abgreifen und die Gewinnpotentiale ausschöpfen.“ Die Zahlungsbereitschaft beschreibt den Maximalbetrag, den ein Kunde für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu zahlen bereit ist. Einem Händler ist dementsprechend sehr daran gelegen, seine Preise zwar möglichst hoch, aber immer noch innerhalb der Zahlungsbereitschaft anzusetzen.

„Außerdem reagieren die Anbieter damit auf die Konkurrenz“, erläutert Dr. Kenning, „Der Markt wird ständig genau beobachtet, damit die Kunden nicht bei einem anderen Shop bestellen.“ Dies kann aber auch zum Nachteil für die Kunden werden. Wenn beispielsweise ein Produkt bei der Konkurrenz vergriffen ist, dann erhöht der Händler seinen Preis meistens sehr schnell. Die Kunden haben nun weniger Auswahl und müssen den teureren Preis akzeptieren.

So funktioniert Dynamic Pricing hinter den Kulissen

Hinter den Preisschwankungen stecken Algorithmen und Bots, die non stop die aktuelle Marktlage und die Preise der Konkurrenz analysieren. Viele greifen dabei auch auf die Daten von Vergleichsseiten zurück. Doch genauso gut kann ein Händler festlegen, dass ein bestimmtes Konkurrenzunternehmen besonders im Blick behalten werden soll. Mit der mittlerweile breiten Zugänglichkeit von KI lernen die Algorithmen auch immer mehr dazu und können die Preise noch gezielter anpassen. Der Händler legt dabei die Rahmen fest, in denen die Preis rauf- oder runtergestuft werden sollen.

Die KI wird vorab mit relevanten Faktoren wie der aktuellen Nachfrage, Lagerbestände, die eigene Markenstärke, saisonalen Effekten und eigenen Kosten ausgestattet. Beispielsweise sind Weihnachtsdekorationen in der Vorweihnachtszeit einer anderen Preisdynamik unterworfen als im Sommer. Je nach Produkt berücksichtigt der Algorithmus auch Wetterentwicklungen, Messen oder regionale Besonderheiten. Aus dieser Vielzahl von Faktoren ergeben sich mehrere Formen des Dynamic Pricing.

Lang- und kurzfristige Preisschwankungen

Die zeitbasierte Preisgestaltung orientiert sich, wie oben vorgestellt, an Tageszeiten und Wochen(end)tagen. Eine andere Form des Dynamic Pricings reagiert auf allgemeine Marktentwicklungen, etwa wenn eine neue Konkurrenz ins Spiel einsteigt, die Nachfrage in die Höhe (oder Tiefe) schießt oder auch wenn die Rohstoffpreise steigen. Diese Auswirkungen auf die Preise sind meist etwas längerfristig. Beispielsweise ist die weltweite Papierknappheit in Kombination mit dem Sterben der deutschen Papierindustrie ein Grund für die erhöhten Buchpreise. Neben diesen exogenen Marktbedingungen können auch Spitzenpreise für Dynamic Pricing sorgen. Ein klassisches Beispiel hierfür sind sämtliche Preise in der Tourismusbranche, die während der Hauptsaison in die Höhe schießen.

Schließlich gibt es noch die segmentierte Preisgestaltung. Hier ändern sich die Preise je nach Segment, sind also abhängig vom jeweiligen Kunden. Mutmaßlich kaufkräftigere Kunden, die zum Beispiel einen Mac besitzen, wird online ein höherer Preis angezeigt – zumindest in den USA. Denn bei jeder Suchanfrage werden eine Menge persönlicher Daten an die jeweilige website übermittelt, die unter Umständen direkt vom Pricing-Algorithmus verarbeitet werden. Doch die segmentierte Preisgestaltung kann auch Vorteile für spezielle Kundengruppen bringen. Beispielsweise gibt es hin und wieder Vergünstigungen für Studierende oder Senioren.

Der beste Zeitpunkt fürs Online-Shopping

Doch wann ist nun der beste Zeitpunkt, um auf Shopping-Tour im Internet zu gehen? Und gibt es eine Shopping-Primetime? Ja, die Uhrzeit kann beim Dynamic Pricing entscheidend sein. So sagte Dr. Kenning zu TECHBOOK: „Das ist ähnlich wie bei den Tankstellen. Wenn die Nachfrage gering ist, dann ist ein guter Zeitpunkt, um zu kaufen. Zum Beispiel morgens, wenn viele Menschen arbeiten sind. Aber der Algorithmus wird nicht nur von der Tageszeit bestimmt, es spielen auch andere Faktoren eine Rolle, sodass diese Regel nicht immer und auch nicht für alle Produkte Gültigkeit hat.“

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass das gleiche Produkt häufig in der Mittagspause teurer angeboten wird, weil zu dieser Zeit die Nachfrage steigt – schließlich haben die Menschen nun Zeit und Muße zum Stöbern. Am späteren Abend sind die Preise jedoch vergleichsweise stabil. Beim Online-Händler ATU waren im Untersuchungszeitraum Autobatterien oder Reifen am Vormittag teils bis zu 30 Prozent teurer als am Nachmittag zuvor. Bei den Versandapotheken DocMorris und Sanicare gingen an einzelnen Tagen Preissenkungen mit Preiserhöhungen anderer Artikel einher. Statistiken haben zudem belegt, dass Kleidung, Schuhe und Accessoires auf Modeplattformen donnerstags am günstigsten, am Wochenende dagegen oft am teuersten sind. Vor Weihnachten soll Bekleidung meist günstiger zu erwerben sein. Das gilt aber nicht für Schuhe, die steigen vor den Feiertagen häufig im Preis.

Wer hat, der kann: große Unternehmen nutzen Dynamic Pricing

Es sind oftmals die großen internationalen Unternehmen, die Dynamic Pricing betreiben. 2019 hatte das Statistische Bundesamt Verbraucherpreise im Internet über ein Jahr beobachtet. Insgesamt 42 Millionen Daten von über 200 Online-Händlern sind dabei zusammengekommen. Besonders häufig setzten Elektronikmärkte und Online-Apotheken im Untersuchungszeitraum auf Dynamik. Dabei geht es auch nicht immer nur um kleine Anpassungen, wie das Beispiel eines großen Modehändlers zeigt. Die Marktwächter folgten der Preisentwicklung einer Stoffhose. Innerhalb weniger Tage schwankte das Angebot in mehreren Schritten zwischen knapp 80 Euro und knapp 200 Euro. Bei einem großen Elektronikhändler zahlten Kunden, die am falschen Tag zuschlugen, für ein Smartphone 220 Euro mehr als an anderen Tagen.

Der Onlineriese Amazon betreibt Dynamic Pricing extrem. Hier ändern sich die Preise sogar mehrmals am Tag. Laut einer Studie des Softwareunternehmens „Minderest“ kann sich der Preis innerhalb von 24 Stunden bis zu 100 Mal verändern. Die Preise werden mithilfe eines programmierten Algorithmus berechnet. „Durch die Digitalisierung sind die Preisanpassungskosten sehr gering“, so Dr. Kenning. „Das geschieht alles automatisch. Deshalb nutzen mittlerweile fast alle Online-Shops Dynamic Pricing. Aber nicht nur im Internet, auch in richtigen Läden ist das Dynamic Pricing angekommen. Durch elektronische Preisschilder können viele Unternehmen auch hier die Preise ganz flexibel ändern.“

Sehr beliebt ist das Dynamic-Pricing-Modell auch bei Fluggesellschaften sowie Anbietern von Urlaubsreisen oder Hotelvermittlern. Je nach Wochentag, Tageszeit und verbleibender Zeit bis zum Antritt der Leistung werden verschiedene Preise fällig. Oberstes Ziel dabei: den höchsten Preis finden, den der Verbraucher noch zu zahlen bereit ist, und damit möglichst die letzten leeren Plätze besetzen.

Preisdiskrimminierung durch personalisierte Preise

In Deutschland sind personalisierte Preise bislang nicht hinreichend erforscht und dokumentiert. Analysten gehen jedoch fest davon aus, dass diese Art von Preisdiskriminierung bei uns ein Problem ist. Schaut man ins Ausland, so gelten personalisierte Preise längst als nachgewiesen. Beispielsweise in den USA sei es bekannt, dass etwa für iPhone-Nutzer höhere Preise aufgerufen werden als für Verwender von Android-Smartphones.

Das Bundesverbraucherschutzministerium hat 2021 eine Studie zum Thema personalisierte Preise anfertigen lassen. In den USA etwa sind personalisierte Preise mittlerweile normal und nachgewiesen. Die deutsche Studie kommt aber zu dem Schluss, dass es eine personalisierte Preisgestaltung hierzulande noch nicht gibt. Unterschiedliche Standorte, die Surfhistorie, Nutzerkonten oder Profile aus sozialen Netzwerken hätten demnach keinen Effekt auf das abgefragte Angebot, ebenso wenig wie Cookies im Browser. Nur in einem Fall stellten die fürs Ministerium tätigen Forscher einen Preisunterschied durch die Gerätenutzung fest. Eine Plattform räumte Rabatt ein, wenn das Hotelzimmer übers Handy gebucht wurde.

Sollten Händler in Deutschland auf personalisierte Preise setzen, könnten sich außerdem rechtliche Konflikte ergeben. Bei der Europäische Union sind die individuellen Preise aber dennoch vorsorglich ein Thema. In einer Richtlinie (2019/216) legte sie fest, dass Online-Händler ab 2022 ihre Kunden darauf hinweisen müssen, wenn ihr Angebot personalisiert ist.

Mehr zum Thema

7 Tipps gegen Dynamic Pricing

  • Überprüfen Sie die Preise auf Vergleichsportalen. Ein wenig mehr Zeit in die Suche zu investieren, lohnt sich meistens.
  • Löschen Sie regelmäßig Ihre Cookies im Browser. So entfernen Sie frühere Internet-Daten, die gespeichert wurden.
  • Vergleichen Sie die Preise in verschiedenen Online-Shops.
  • Beim Kauf über das Smartphone sollten Sie den Browser und nicht die App nutzen. Dann sehen Sie Preisschwankungen direkt.
  • Bevor Sie etwas kaufen, googlen Sie einfach einmal, ob es irgendwelche Gutschein-Codes des Anbieters im Internet gibt.
  • Wer über Preisvergleich-Seiten oder über Werbebanner zu einem Produkt kommt, der kann dadurch häufig einige Prozente sparen. Wer dagegen den direkten Weg auf die Anbieter-Seite wählt, ohne zu vergleichen, der zahlt mitunter drauf. Dennoch: Auch hier lohnt der Vergleich zwischen dem direkten Anbieter und etwaigen Dritthändlern.
  • Endgeräte-Check: Um wirklich den günstigsten Preis zu finden, sollte man den Shop mit verschiedenen Endgeräten besuchen. Manchmal ist der Preis auf einem mobilen Gerät höher als bei einem herkömmlichen Computer.
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