11. September 2023, 18:07 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
An Kryptowährungen scheiden sich die Geister. Von Freiheitsversprechen bis Betrug reichen die Meinungen, wenn es um das neue digitale Geld geht. Die inzwischen unüberschaubar groß erscheinende Krypto-Landschaft wirkt auf manche abschreckend, für andere ist es pure Verheißung. TECHBOOK mit einem Überblick.
Was ist eigentlich eine Kryptowährung? Wie schon der Name nahelegt, ist es ein Zahlungsmittel, das im Rahmen eines kryptografischen Prozesses von einer Partei zu einer anderen via Blockchain transferiert wird. Eine solche digitale Transaktion ist zunächst nichts Ungewöhnliches. Jede herkömmliche Währung wird zum Beispiel mittels Kreditkarten digital übertragen. Und doch gibt es einige Unterschiede.
Kryptowährungen sind keine staatlichen, sondern private oder für alle zugängliche Währungen. Viele dieser Währungen starten als Projekte von Firmen, Stiftungen oder Developer-Teams und durchlaufen einen Dezentralisierungsprozess. Am Ende verlieren die Schöpfer der Währung oft die Macht über ihr Produkt. Und das mit voller Absicht! Dezentralisierung ist eines der obersten Ziele der Krypto-Ideologie.
Übersicht
Welche Arten von Kryptowährungen gibt es?
Anfänglich hatte Kryptografie noch nichts mit Währungen zu tun. Bei der Erfindung entsprechender Verfahren in den 1970er-Jahren ging es darum, verschlüsselte Nachrichten auszutauschen. In den 1990ern gab es einen ersten Vorläufer von Kryptowährungen: Ecash. Pioniere auf dem Gebiet der Entwicklung waren sogenannte Cypherpunks (von engl. „Cyhper“, dt. „Ziffer, Chiffre“), meist Programmierer, die sich aus idealistischen Motiven gegen staatliche Kontrolle und für strikte Privatsphäre einsetzten.
Durch die Finanzkrise im Jahr 2008 nahm die Bewegung der Kryptowährungen Fahrt auf. Der Bitcoin wurde 2009 geboren und ist seitdem die wichtigste Kryptowährung. Ein geheimnisvoller Gründer namens Satoshi Nakamoto gilt als Erfinder. Seine Identität liegt bis heute im Dunkeln.
Bald darauf entstanden weitere Kryptowährungen – inzwischen gibt es mehr als 20.000 verschiedene! Die genaue Zahl ist aus mehreren Gründen nicht leicht zu bestimmen. Sie hängt von der Zuordnung ab, zudem wächst sie täglich. Kryptowährungen kann man nach verschiedenen Maßgaben systematisieren.
Unter technischen Gesichtspunkten bietet sich eine Sortierung nach dem jeweiligen Konsens-Mechanismus an, mit dem die Blockchain arbeitet. Es gibt Proof of Work (PoW), Proof of Stake (PoS) und einige weitere Verfahren. Eine andere Unterscheidung ist die in Coins, welche eine eigene Blockchain haben, und Tokens, die auf einer fremden Blockchain laufen.
Entscheidendes Merkmal ist der Einsatzzweck
Am weitesten verbreitet ist es jedoch, Kryptowährungen nach ihren wesentlichen Zielen, Merkmalen oder Funktionen zu unterscheiden. Bitcoin etwa gilt als Wertspeicher, damit eher als Investmentprodukt, und weniger als Zahlungsmittel. Zwar kann man inzwischen weltweit an vielen Stellen mit Bitcoin zahlen. Doch die starken Wertschwankungen machen ihn nicht zu einer idealen Währung. Besser eignen sich dazu Stablecoins. Das sind Kryptowährungen wie etwa USDT oder USDC, die sich in der Regel 1:1 am Wert des US-Dollars orientieren. Eine sehr populäre Kategorie sind Meme-Coins wie etwa Dogecoin oder Pepe. Sie haben meist wenige oder gar keine innovativen technologischen Konzepte und auch keinen spezifischen Nutzen. Stattdessen leben sie vom Kult um bekannte Internet-Memes, die als Währungssymbole dienen.
Es gibt Dutzende weitere Systematisierungen, etwa die Einteilung in sogenannte Krypto-Ökosysteme, oder in Layer1- und Layer2-Blockchains, in Governance Coins, Smart Contract Platforms, DeFi Tokens, Game Tokens, Zero Knowledge, Privacy Coins, Wrapped Tokens und viele weitere mehr. Einen Überblick gewinnt man zum Beispiel auf Coinmarketcap oder Coingecko.
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Wo kann man Kryptowährungen kaufen?
Kryptowährungen kauft man in aller Regel online an zentralisierten Kryptobörsen. Das ist der einfachste Weg, um per Kreditkarte oder Banküberweisung mit Euro oder anderen Währungen ins Kryptosystem zu gelangen. Bis vor Kurzem wurden derartige Transaktionen noch von manchen Banken oder Sparkassen verweigert. Für viele Kunden war es Grund genug, das Geldinstitut zu wechseln. Inzwischen wird dieses Verhalten jedoch immer seltener, da Banken nun oft selbst in Krypto investiert sind oder sogar spezielle Krypto-Services anbieten.
Als besonders sicher gelten Kryptobörsen, die eine BaFin-Lizenz erhalten haben und entsprechend hohe Standards einhalten. Zu nennen sind hier die US-Kryptobörse Coinbase, die österreichische Kryptobörse Bitpanda und die deutsche Kryptobörse Bison. Nachdem das sogenannte KYC-Verfahren durchlaufen ist, bei dem sich jeder offiziell registriert, kann es schon losgehen. Mit dem eingezahlten Euro-Guthaben darf man nun aus langen Listen von Kryptos wählen.
Neben dem Kauf an zentralisierten Kryptobörsen gibt es noch weitere Verfahren, um Kryptowährungen zu erwerben. So wurden allein in Deutschland Dutzende von sogenannten Bitcoin-Automaten aufgestellt, an denen man Bitcoins kaufen kann. Meist findet man sie in Großstädten im Umfeld von Technikmärkten wie Saturn oder Media Markt.
Auch dezentrale Krypto-Börsen und sogar manche Krypto-Wallets haben sogenannte Fiat On-Ramps (von Fiatgeld und engl. „On-Ramp“, dt. „Auffahrt“), die es ermöglichen, im Internet über internationale Zahlungsdienstleister wie Moonpay oder Kado mit Euro oder anderen Währungen ins Kryptosystem zu gelangen.
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Was sind die Vorteile und Risiken von Kryptowährungen?
Obwohl die EU mit ihrem MiCA-Gesetz zur am besten regulierten Weltgegend in Sachen Krypto geworden ist, scheint die Mehrheit der Bevölkerung noch immer unsicher zu sein, ob sie investieren soll oder nicht. Trotz teils harter Verbotspolitik liegt die Krypto-Adoption in manchen Ländern außerhalb Europas um ein Vielfaches höher.
Denn nicht in allen Ländern ist es für alle selbstverständlich, ein Girokonto zu besitzen, mit dem man problemlos und weltweit Geld versenden kann. Zwar dauert es ein Weilchen, bis die Sendung ankommt, aber für die meisten Leute ist das kein Problem. Anders sieht es in vielen Ländern der sogenannten Dritten Welt aus.
Kryptowährungen als Chance in Entwicklungsländern
Oft besitzen nur die wohlhabenden Schichten der Bevölkerung ein Bankkonto. Dazu kommt, dass Geldsendungen von Leiharbeitern aus den USA oder aus Europa in die jeweiligen Heimatländer Alltag sind. Die Banken haben sich darauf eingestellt und kassieren für die Geldtransfers oft Unsummen.
Unter diesen Bedingungen ist es ein immenser Vorteil, zu jeder Zeit an sieben Tagen pro Woche für niedrigste Gebühren das persönliche Einkommen an die Familie daheim senden zu können. Die Blockchain macht’s möglich. „Banking the unbanked“ ist deshalb eine der bekanntesten Kampfansagen der Krypto-Bewegung an das Finanz-Establishment.
Investmentmöglichkeit mit Tücken
Im globalen Westen sind Kryptowährungen vor allem als Investment ein Thema. Die Dynamik der Kurse bietet Chancen, wie sie kein anderes Investitionsprodukt bieten kann. Und genau hier liegen auch die Risiken. Denn wo es schnell hochgeht, kann es genauso schnell heruntergehen. Die Volatilität des Marktes ist immens. Dazu kommen sogenannte Rug Pulls (dt. „Teppich unter den Füßen wegziehen“), bei denen bösartige Entwickler den Wert ihrer Kryptowährung abziehen und Investoren mit nichts zurücklassen. Das ist jedoch nur eine von vielen Betrugsmaschen.
Für einen Neuling am Markt ist kaum einzuschätzen, welches Projekt seriös ist und welches nicht. Ein Totalverlust des Investments ist immer möglich. Dazu kommen weitere Risiken wie mögliche Konkurse von Krypto-Dienstleistern und sogar von Kryptobörsen. Ein Markt, der über Nacht Millionäre machen kann, der kann natürlich ebenso über Nacht Millionäre zu Bettlern machen. Diversifizierung ist unbedingt vonnöten, um Risiken zu minimieren. Will man sich überhaupt nicht mit Einzelheiten befassen, so gilt: Finger weg von Krypto. Wer sich dennoch nicht abschrecken lassen will, sollte immer die wichtigste Regel beherzigen: Lass dir von niemandem etwas einreden, sondern DYOR – do your own research.