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Eigenen Online-Shop aufziehen – Vorsicht vor dubiosen Coaches!

Dropshipping Amazon FBA
Beim Aufbau des eigenen Online-Shops ist Vorsicht geboten Foto: Getty Images
Andreas Filbig TECHBOOK
Andreas Filbig ehemaliger Redaktionsleiter

30. Juli 2021, 14:50 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Mit einem eigenen Online-Shop viel Geld verdienen und das praktisch nebenher. Das versprechen Coaches mit ihren Online-Kursen. Zum Beweis zeigen sie vermeintlich hohe Gewinne, dicke Uhren und teure Autos. Doch funktionieren die Anleitungen für Dropshipping und Amazon FBA tatsächlich auch?

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Es klingt nur allzu verlockend: Mit nur ein paar Stunden Arbeit extra am Tag, innerhalb kurzer Zeit fünfstellige Umsätze im Monat generieren. Funktionieren soll das über eigene Online-Shops mit den Geschäftsmodellen Dropshipping oder Amazon FBA. Ein eigenes Lager braucht man dafür nicht. Um zu erlernen wie das geht und zu erfahren, welche Produkte sich besonders gut eignen, bieten Coaches ihre Trainings-Programme für teils mehrere Tausend Euro an. Ist dieses Geld gut investiert? In Foren häufen sich Betrugsvorwürfe. TECHBOOK hat mit Betroffenen gesprochen.

Mit Dropshipping oder Amazon FBA zum Erfolg

Zunächst einmal müssen zwei Begrifflichkeiten erklärt werden, auf denen die eigenen Online-Shops basieren können. Für diese zwei Arten von Geschäftsmodellen bieten viele Coaches ihre Anleitungen an – selbstverständlich gegen Bares. Als übergeordneter Begriff fällt oft E-Commerce, der elektronische Handel. Beide Formen des E-Commerce sind für Coaches so verlockend, weil sie leicht aufzusetzen sind und wenig Startkapital erfordern – es sei denn, man bezahlt noch für das Programm des Coaches.

Wie funktioniert Dropshipping?

Das Prinzip Dropshipping ist ziemlich clever. Man eröffnet einen Online-Shop, muss aber keinen Warenbestand einkaufen und auch keine Waren lagern. Es ist also weder eine hohe Vorauszahlung noch das Absatzrisiko gegeben. Vielmehr sammelt man beim Dropshipping über seinen Shop Bestellungen ein. Welches Produkt oder welche Produkte man anbietet, liegt im eigenen Ermessen und ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg. Wichtig ist, dass man die Produkte woanders so günstig wie möglich bestellen kann bzw. im eigenen Shop mit genug Marge anbietet. Daher bieten sich zum Beispiel No-Name-Artikel aus Fernost an, die man günstig bei AliExpress oder Wish bestellt und direkt an die Adresse des Kunden im eigenen Online-Shop liefern lässt. Diese wissen meist gar nicht, dass sie bei einem Dropshipping-Shop einkaufen.

Als Dropshipper muss man auf Lieferzeiten achten. Man braucht verlässliche Versandpartner, damit die Waren nicht allzu spät bei den Kunden eintreffen. Mehr als eine Woche Lieferzeit schrecken viele Besteller sonst ab. Und auch um Retouren muss man sich kümmern. Schließlich wenden sich die Kunden damit an den Online-Shop, bei dem sie bestellt haben. Wie Dropshipping abläuft, verdeutlicht unsere Infografik noch einmal:

Dropshipping Infografik

Wie funktioniert Amazon FBA?

Neben Dropshipping gib es noch Amazon FBA. FBA steht dabei für „Fullfilment by Amazon“. Übersetzt heißt das „Erfüllung durch Amazon“. Hier steckt mehr Substanz dahinter als beim Dropshipping. Statt einfach nur Produkte mit Aufschlag weiterzuverkaufen, kann man hier auch eigene Produkte anbieten. Statt im eigenen Shop, landen die Waren auf Amazon. Der Handelsriese kümmert sich nach der Bestellung um Abrechnung, Versand und Retoure und nimmt dafür eine Provision vom Händler. Dieser spart sich nicht nur die Lagerung, sondern auch den Aufwand der Abwicklung. Ein bekannter deutscher YouTuber bietet aktuell ein Coaching für Amazon FBA an.

Auch interessant: Einblick in ein gigantisches Amazon-Lager

Wie Amazon FBA im Detail abläuft beschreibt Benedikt Kluth aus eigener Erfahrung auf seinem YouTube-Kanal „Knowledge of Good and Evil“. Dort deckt er auch immer wieder die Maschen von Coaches auf.

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Was versprechen die Coaches in Ihren Angeboten?

Sowohl beim Dropshipping, als auch bei Amazon FBA versprechen Coaches in der Regel ähnliche Dinge. Das System läuft in drei Schritten ab:

Schritt 1: Hohes Einkommen mit wenig Einsatz versprechen

Das Versprechen nach hohen Gewinnen findet sich fast bei allen Coaches. Belegt wird das gerne mit einem protzigen Lifestyle der entsprechenden Coaches oder einiger Schützlinge, die es „schon geschafft haben“. Teure Luxusuhren, dicke Karren und Businesstrips nach Dubai – das zeigen sie. Mit nur wenig Investition und ein paar Stunden Arbeit am Tag soll es so gut wie jeder schaffen können. Im Fall von Dropshipping sollen schon ein paar Hundert Euro ausreichen, um den Online-Shop zu bauen und vor allem Werbung dafür auf Facebook und Co. zu schalten. Wobei, ganz reicht das nicht aus, denn zuvor wird es erstmal teuer.

Schritt 2: Coaching-Programm an Interessenten verkaufen

Denn das Geschäftsmodell der Coaches beruht auf der Dienstleistung, dem Kunden Dropshipping oder Amazon FBA beizubringen. Solch ein Coaching kostet oft ein paar Tausend Euro. Im Gegenzug versprechen Coaches – je nach Programm – Unterlagen, Webinare, Live-Gruppencalls oder auch eine persönliche Betreuung. Um eine Sache dreht sich bei Dropshipping und Amazon FBA aber sehr viel:

Schritt 3: Gewinnbringende Produkte, Werbung und Online-Shop anbieten

Im letzten Schritt versprechen Coaches nämlich sogenannte „Winning Products“, also gewinnbringende Produkte. Von ihnen hängt der Erfolg eines Online-Shops maßgeblich ab. Man sollte sie am besten günstig in Fernost einkaufen und für ein Vielfaches in Deutschland weiterverkaufen können. Als Teilnehmer am Coaching bekommt man häufig eine bestimmte Anzahl dieser Produkte versprochen. Gemeint ist damit, dass der Coach „Winning Products“ an die Hand gibt, mit denen Teilnehmer in ihren Online-Shops Geld machen können.

Was sollte man kritisch hinterfragen?

Einige der Versprechen sollte man kritisch hinterfragen. Über bestimmte Probleme hat TECHBOOK mit einem Käufer eines Dropshipping-Programms gesprochen. Dieser spricht stellvertretend für über 40 weitere Personen, die das gleiche Programm gekauft haben. Der betreffende Coach ist kein Einzelfall. Das behauptet der selbsternannte Coach-Buster Benedikt Kluth auf seinem YouTube-Kanal „Knowledge of Good and Evil“ in Form von zahlreichen Videos zu verschiednen Coaches. Er stellte uns auch den Kontakt zu Michael (Name von der Redaktion geändert) her, der gerade einen Rechtsstreit gegen einen bekannten Coach führt.

Einkommensgarantien

Betrachtet man sich zunächst das Versprechen nach einem hohen Einkommen, ergeben sich gleich mehrere Probleme. Zum einen sprechen Coaches häufig nur von Umsätzen, aber so gut wie nie von reinen Gewinnen. Auf diese Weise kursieren hohe Werte, die aber nicht wirklich aussagekräftig sind. Selbst vom Gewinn würden noch Steuern abgehen. Hier ist also Vorsicht geboten. Sonst bleibt vom erhofften neuen Einkommen am Ende wenig übrig.

Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, dass es eben am Ende nicht jeder schaffen kann. Das Dropshipping und Amazon FBA funktionieren können, steht außer Frage. Für jeden funktioniert das aber nicht, obwohl Coaches das teilweise suggerieren. Und selbst wenn, liegt der Prozentsatz derer, die damit vermeintlich reich werden, im niedrigen Prozentbereich, wie eine Erhebung von Jungle Scout zu Amazon FBA aus den USA zeigt. Ob Coaches wirklich ausschlaggebend dabei helfen können, ist auch anzuzweifeln. Michael zum Beispiel berichtet TECHBOOK, dass er mit über 40 ehemaligen Coachingteilnehmern in einer Gruppe organisiert ist, die im Laufe der vergangenen zwei Jahre unzufrieden waren – und das nur bei einem Coach.

Qualität der Coachings

Ein Coaching-Programm für mehrere Tausend Euro ist nur dann vertretbar, wenn es den entsprechenden Gegenwert bietet und vor allem, wenn die Versprechen eingehalten werden. Coaching-Opfer Michael hat da schlechte Erfahrungen gemacht. Die erste Enttäuschung erfolgte in Form der Unterlagen, zum Selbststudium von Dropshipping. „Das ist eine PDF mit sehr vielen Rechtschreibfehlern. Dazwischen ein paar amerikanische Motivationssprüche und dann auch mal 30 Seiten, die einfach nur weiß sind.“ Weitergeholfen haben ihm die Unterlagen nicht. Und auch die versprochene persönliche Betreuung gestaltete sich nicht wie erwartet. „Die Wahrheit ist, dass man über WhatsApp oft Antwortzeiten von einer bis über zwei Wochen gehabt hat, wenn er sich überhaupt gemeldet hat.“

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Fazit zu Coaches für Dropshipping und Amazon FBA

Nicht jeder Teilnehmer bringt vielleicht genug Einsatz auf, um mit Dropshipping und Amazon FBA Erfolg zu haben. Und bestimmt auch nicht jeder Coach lässt so viele unzufriedene Kunden zurück, wie der von Michael. Vorsicht ist aber immer geboten, wenn hohe Umsätze versprochen werden. Man sollte sich auch nicht vom Lifestyle des Coaches blenden lassen. Denn dieser kann durch verkaufte Coaching-Programme finanziert sein und nicht durch wirklichen Erfolg im E-Commerce. Teure Autos und Luxusuhren sind genauso wenig ein Garant für geschäftlichen Erfolg wie Instagram-Follower für Beliebtheit. Uhren kann man sich leihen und Autos mieten.

TECHBOOK rät, sich im Internet vorab ausgiebig über den jeweiligen Coach zu informieren. Unterschätzen Sie nicht, wie leicht man den Versprechungen verfallen kann und dann klingt plötzlich alles logisch und kinderleicht. Das Erwachen kann dann bitter und teuer sein. Informieren Sie sich lieber selbst über Dropshipping und Amazon FBA. Suchen Sie Kontakt in Foren oder Gruppen und stellen dort ihre Fragen kostenlos.

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