24. Juli 2024, 16:54 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Unlängst hat eine Untersuchung von Google, Aktion Mensch und weiteren Partnern gezeigt, wie wenige Online-Shops in Deutschland eigentlich barrierefrei sind. Auch andere Websites sind für Menschen mit Einschränken oft nur schwer oder gar nicht navigierbar. Unternehmen, die hier nicht nachbessern, drohen hohe Strafen – und der Druck wächst.
Am 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) auf Basis der europäischen Barrierefreiheitsrichtlinie in Kraft. Das neue Gesetz schreibt bestimmte Mindestanforderungen für die barrierefreie Nutzung von Internetseiten vor. Spätestens zum genannten Stichtag müssen Unternehmen und Shop-Betreiber diese umgesetzt haben. Anderenfalls drohen ihnen hohe Strafen und im schlimmsten Fall sogar die Abschaltung ihrer Website. Das hätte Folgen für die betroffenen Unternehmen und deren Nutzer und Kunden.
90 Prozent der Websites weltweit nicht barrierefrei
Mehr Inklusivität und weniger Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, Einschränkungen sowie älteren Menschen – diesen Grundsatz hat sich das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz auf die Fahne geschrieben. Durch die EU-Richtlinie wurden erstmals einheitliche Anforderungen für eine Barrierefreiheit festgesetzt, die für alle Unternehmen, die in der Europäischen Union etwas produzieren, verkaufen oder Dienstleistungen anbieten, gleichermaßen gelten.
Die Umsetzung dieser Richtlinien setzt viele Unternehmen jedoch unter Druck. Ganze 90 Prozent der weltweiten Websites lassen sich noch immer nicht barrierefrei nutzen. Das berichtet das „Handelsblatt“ unter Berufung auf eine Studie der Unternehmensberatung Accenture. Auch in Deutschland ist die fehlende Barrierefreiheit bekannter Internetseiten ein großes Problem. Das zeigte auch die eingangs erwähnte Untersuchung, die 71 Websites näher beleuchtete. Darunter waren bekannte Seiten von Amazon, Otto, Media Markt und Saturn, Lidl, Zalando oder Ikea. Das Ergebnis zeigte, dass gerade einmal 15 Websites die Bedienung per Tastatur erlaubt – und somit den ersten Schritt der Untersuchung erfolgreich durchlaufen haben.
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„Die Tücke steckt im Detail“
Die Unternehmen haben also noch viel zu tun, um die im Juni 2025 in Kraft tretende Richtlinie umzusetzen. Der Aufwand ist enorm, wie einige Betreiber großer Online-Shops TECHBOOK gegenüber anmerkten. „Die Tücke steckt im Detail“, so beispielsweise Otto. Bei der Sprachausgabe, also dem Vorlesen von Website-Inhalten, müsse man häufig nacharbeiten und per Hand korrigieren. „Das kostet Zeit und macht die Umsetzung immer wieder herausfordernd.“
Eine Sprecherin von MediaMarktSaturn teilte TECHBOOK wiederum mit, dass man aktuell an der „Strategie zur Barrierefreiheit auf unseren Online-Shops“ arbeite und man die nächsten Schritte prüfe. Derzeit erfüllen weder die Shops von Media Markt noch von Saturn die künftig vorgeschriebenen Standards. Auch einige Banken wie etwa die Deutsche Bank sowie Transportunternehmen wie die Lufthansa und die Deutsche Bahn müssen noch in vielen Punkten nachbessern.
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Umstellung kostet Millionen, Strafen sind enorm
Der Umstellungsprozess hin zu einer vollständig barrierefreien Nutzung von Websites bedeutet für diese Unternehmen viel Arbeit und auch Geld. Wer es bislang nicht geschafft hat, seine Online-Präsenz so anzupassen, dass sie sich beispielsweise per Tastatur bedienen lässt, dass Texte und Bildunterschriften vorgelesen werden oder sich die Schriftgröße anpassen lässt, hat dafür nur noch knapp ein Jahr Zeit.
Sollten die Unternehmen ihre Website bis zum 28. Juni 2025 nicht barrierefrei gestalten können, drohen empfindliche Strafen. Im schlimmsten Fall könnten Websites von der Marktüberwachung sogar gesperrt werden. Die Chance, bei Nichteinhaltung der neuen Richtlinie entdeckt zu werden, ist zudem sehr hoch. Zum einen erfolgen Kontrollen von offizieller Seite. Zum anderen kann jeder eine nicht barrierefreie Website jederzeit melden.