6. Februar 2024, 14:08 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wer – aus Neugier oder Nerdtum – einen Blick in die jüngere Vergangenheit einer Website werfen will, konnte dies bisher ganz einfach über eine Google-Funktion tun. Doch ausgerechnet dieses Tool möchte Google nun einstampfen. Von wegen, das Internet vergisst nichts?
Wie so viele andere große Tech-Unternehmen tüftelt auch Google ständig an neuen Funktionen, die – seien wir ehrlich – für die Nutzer mal mehr und mal weniger hilfreich sind. Doch diesmal hat sich Google dazu entschieden, ein echtes Urgestein unter den Google-Funktionen einzustampfen. Die Rede ist von dem Google Cache. Dieses Archiv speichert von vielen Websites eine Kopie, die Nutzer abrufen können, etwa wenn das Original offline oder nicht erreichbar ist. Mit diesem Feature soll bald Schluss sein, doch Google verweist auf eine Alternative, die fast noch nützlicher ist.
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Google bestätigt die Abschaffung via X
Google Cache kann man auch als Kurzzeitgedächtnis der Suchmaschine bezeichnen. Google-Bots sammeln und analysieren Websites nach bestimmten Kriterien. Tritt eine Änderung auf einer Website auf, lesen sie den Inhalt neu ein und die alte Version wird im Google Cache abgelegt. Nutzer und Website-Betreiber können diese Version einsehen und die jüngsten Änderungen nachvollziehen.
Bisher erschien diese Archive-Funktion direkt im Drei-Punkte-Menü neben dem Google-Suchergebnis. Doch immer mehr Nutzer bemerkten, dass Google Cache aus den automatisch angezeigten Handlungsoptionen verschwunden war. Auf X (ehemals Twitter) bestätigte Googles PR-Beauftragt Danny Sullyvan das Verschwinden des Cache-Links. In einem Post erklärt er den Grund für das Vorgehen: Das Problem, das Google Cache ursprünglich lösen sollte, existiert nicht mehr.
Das Archiv entstand, um den Zugang zu Websites zu erleichtern. Als eins der ältesten Google-Features stammt das Archiv aus einer Zeit, in der Websites nicht immer zuverlässig luden. Der Aufruf über Google Cache war aber immer möglich – wenn auch nur mit dem vorletzten Aktualitätsstand. Durch ausgebaute Internet- und Serverkapazitäten treten diese Probleme heute aber nicht mehr in der gleichen Menge auf. Daher könne man die Funktion auch abschaffen.
Ein Urgestein unter den Google-Features geht
Obwohl Google Cache aus der Link-Suche verschwunden ist, kann man das Feature manuell immer noch nutzen. Dazu muss man lediglich „cache:“ und die gewünschte URL in der Google-Suche eingeben. Alternativ kann man auch die Grundadresse „https://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:“ nutzen.
Oben erscheint dann ein Info-Kasten: „Dies ist der Cache von Google von https://www.techbook.de/. Es handelt sich dabei um ein Abbild der Seite, wie diese am 6. Febr. 2024 07:47:04 GMT angezeigt wurde. Die aktuelle Seite sieht mittlerweile eventuell anders aus.“ Allerdings betont der Post von Google auch, dass es nur eine Frage der Zeit, bis Google Cache endgültig verschwindet.
Fraglich ist allerdings, ob Google die Funktion wirklich aus Minimalismus-Bestreben streicht. Wahrscheinlicher erscheint da, dass finanzielle Überlegungen eine Rolle gespielt haben. Denn dem Kern von Google Cache entsprechend beinhaltet dieses Feature Sicherheitskopien unzähliger Websites, um nicht zu sagen von einem erheblichen Teil des Internets. Löscht Google all die hierfür gesammelten Daten dürften eine Menge Speicherkapazitäten frei werden.
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Mögliche Zusammenarbeit mit Wayback Machine?
In seinem Post verweist Google auf ein anderes Website-Archiv, das sogar über einen noch größeren Funktionsumfang verfügt: Wayback Machine von Internet Archive. Seit 2001 kann man hier zahlreiche – der Betreiber spricht von 866 Milliarden – Websites einsehen, und zwar zu unterschiedlichen Zeitpunkten seit 1996. Anders als Google Cache speichert Wayback Machine nämlich nicht nur die jüngsten Änderungen einer Website.
Am 31. Oktober 2023 erhielt TECHBOOK einen neuen, frischeren Look. Treue Leser werden sich sicherlich erinnern, doch wer hat noch das alte Design vor Augen? Die Wayback Machine liefert die Antwort:
Was vielleicht nach einer nerdigen Spielerei klingt, ist beispielsweise für Journalisten und Wissenschaftler ein wichtiges Recherche-Werkzeug. Danny Sullyvan spekuliert in seinem Post betont unverbindlich über eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Google und Internet Archive als Ersatz von Google Cache. Dort, wo bisher der Cache-Link erschien, könnte beispielsweise eine Weiterleitung zur Wayback Machine integriert werden.
Allerdings würde eine solche Lösung wahrscheinlich zusätzliches Geld und weitere Mitarbeitende bedeuten. So oder so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Google die Verantwortung und die Kosten eines nützlichen Tools Internet Archive zuschieben möchte. Aus Nutzerperspektive bietet Wayback Machine aber ohnehin das umfangreichere Funktionsangebot. Umso wichtiger ist es daher, dass die Zukunft dieses gemeinnützigen Projekts auch finanziell gesichert wird.