8. Januar 2025, 16:20 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Meta stellt sein Faktencheck-System in den USA ein. Stattdessen möchte das Unternehmen dort auf „Community Notes“ nach dem Vorbild von Elon Musks Plattform X setzen – und so die freie Meinungsäußerung zurückbringen.
Meta stellt sein in den USA 2016 eingeführtes Faktencheck-System ein. Das gab das Unternehmen im hauseigenen Blog bekannt. Mark Zuckerberg kritisiert darin vor allem die zunehmende Zensur, zu der das Unternehmen von „Regierungen und etablierten Medien“ gedrängt wurde. Der Meta-Konzern werde sich diesem Trend entziehen, betont der CEO.
Zusammenarbeit mit Faktencheckern ein Fehler
Der US-Konzern setzte bei der Überprüfung des Wahrheitsgehalts von Inhalten bislang auf die Zusammenarbeit mit unabhängigen Organisationen. Das und die zu komplexen Inhaltsrichtlinien haben jedoch zu vielen Fehlern geführt. Dies hätte die Nutzer frustriert und der freien Meinungsäußerung zu oft im Weg standen, heißt es.
Die Kooperation mit Faktencheckern sei nicht mehr der richtige Weg: „Die Faktenprüfer waren einfach zu politisch voreingenommen und haben mehr Vertrauen zerstört, als sie geschaffen haben.“
Dementsprechend sollen Nutzer in den USA künftig die Möglichkeit erhalten, falsche oder irreführende Aussagen als solche zu kennzeichnen und zusätzliche Informationen bereitzustellen, heißt es im unternehmenseigenen Blog. Mit dem „Community Notes“ genannten System orientiere sich das Unternehmen eigenen Angaben nach am Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) des Milliardärs Elon Musk.
Änderungen vorerst nur in den USA
Die angekündigten Änderungen sollen zunächst ausschließlich in den USA eingeführt werden. Für den deutschen Markt hat dies vorerst keine Auswirkungen. Hierzulande arbeitet Meta weiterhin mit dem Recherchenetzwerk Correctiv und den Nachrichtenagenturen dpa und AFP zusammen.
Das sagt die dpa
Und das dürfte sich in den kommenden Monaten auch nicht ändern. Ein dpa-Sprecher sagte TECHBOOK: „Die dpa ist weiterhin Faktencheck-Partner von Meta. Wir haben einen laufenden Vertrag.“ Weitere Details könne man aber aus vertraglichen Gründen nicht mitteilen.
Jedoch widersprach man dem Vorwurf der politischen Voreingenommenheit: „Für die dpa gilt selbstverständlich, dass unsere Faktenchecks (so wie alle dpa-Inhalte) unabhängig und ohne jede Parteinahme gemäß unserer Statuten – also ‚unbiased‘ – erstellt werden.“
So reagiert Correctiv auf Metas Kursänderung
In einer E-Mail an TECHBOOK sagt Correctiv, dass man Metas Entscheidung kritisch sehe. Es unterstreiche „die mangelnde Bereitschaft, der Verantwortung im Einsatz gegen Desinformation gerecht zu werden.“ Wie auch bei der dpa bestehe eine Kooperation mit Meta. Diese würde gegenwärtig noch bis Ende 2025 laufen und man würde auch „über die Kooperation hinaus“ die Arbeit gegen Desinformation fortführen.
Zum Vorwurf der Voreingenommenheit antwortete Correctiv wie folgt:
„Die Aussagen von Zuckerberg bezüglich eines angeblichen Bias können wir nicht teilen. Als Faktencheck-Organisation halten wir uns an die sehr hohen redaktionellen Standards des EFCSN [European Fact Checking Network] und des IFCN [International Fact Checking Network]. Diese sanktionieren einen politischen Bias. Eine Zensur findet nicht statt, da zu Inhalten lediglich Kontext geboten wird, diese jedoch nicht gelöscht werden.“
Sprecherin von Correctiv
Eine Anfrage an die AFP blieb bislang unbeantwortet.
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Meta muss sich an Digital Services Act halten
Sollte Meta jedoch auch in der EU die Zusammenarbeit mit unabhängigen Faktenprüfern beenden, müsste die Plattform gemäß den Vorgaben des Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) eine eigene Risikobewertung durchführen und der Europäischen Kommission einen Bericht vorlegen, wie unter anderem die „Tagesschau“ einordnet.
Das Gesetz verpflichtet Plattformen ausdrücklich dazu, systemische Risiken wie „Desinformation oder negative Auswirkungen auf den zivilgesellschaftlichen Diskurs“ zu mindern. Der Sprecher der EU-Kommission im Bereich Digitales, Thomas Regnier, erklärte dazu dem MDR: „Falls sich die Plattform dann nicht an das Gesetz über digitale Dienste halten sollte, könnten wir tatsächlich auch eine Geldstrafe erlassen, die bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes einer solchen Plattform mit sich ziehen könnte.“