25. Dezember 2023, 18:14 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Mit dem Betriebssystem Windows hat Microsoft wohl seinen größten Erfolg gefeiert. Doch nicht alles, was das Unternehmen entwickelt hat, kam bei Nutzern auch an. Ein Produkt bleibt bis heute als der größte Fail von Microsoft im Gedächtnis.
Microsoft gehört zu den Marken, von der vermutlich (fast) jeder Mensch schon einmal gehört hat. Das Betriebssystem Windows bringt die Entwicklung von Computern so richtig in Schwung. Plötzlich möchte jeder Mensch so eine graue Kiste besitzen, auch wenn viele (noch) keinen blassen Schimmer davon haben, was sich damit anstellen lässt. Deswegen klingt es unglaublich, was ein Microsoft-Entwickler in einem Blogpost gebeichtet hat. Eine speziell entwickelte Software für die Mach 20 soll sich insgesamt nur dreimal verkauft haben. Wir haben uns diesen #BigFail genauer angeschaut.
Übersicht
Die jährlichen Umsatzzahlen von Microsoft bewegen sich schon länger im dreistelligen Milliardenbereich. Eine Microsoft-Software, die sich nur dreimal verkauft haben soll, klingt vor diesem Hintergrund wie eine Begegnung mit dem Yeti – äußerst unglaubwürdig. Laut Microsoft-Mitarbeiter Raymond Chen ist allerdings genau das passiert, als das Unternehmen Mitte der 1980er-Jahre eine spezielle Software für eine Erweiterungskarte entwickelt hat.
Erweiterungskarte macht den PC flott
Eine Erweiterungskarte lässt sich am besten mit einer Speicherkarte für Smartphones vergleichen. Nur sprechen wir in den Anfängen der Computerindustrie von einem großen Bauteil, welches auf das Motherboard gesteckt werden kann, dem Gehirn des Computers. Eine solche Erweiterungskarte dient damals dazu, den Arbeitsspeicher zu vergrößern und die Geschwindigkeit des Computers zu erhöhen. Gleichzeitig verfügt die Karte über zusätzliche Steckplätze, beispielsweise für eine Maus. Denn solche Steckplätze sind, damals wie heute, Mangelware.
Microsoft wittert in Erweiterungskarten ein gutes Geschäft. Allerdings hätte das Unternehmen schon gewarnt sein können. Ein erster Prototyp mit dem Namen Mach 10 floppte bereits mächtig. Das hält das Unternehmen um Gründer Bill Gates aber nicht davon ab, zusammen mit der Portable Computer Support Group den Nachfolger Mach 20 zu produzieren; noch schneller, noch mehr Arbeitsspeicher und noch mehr Steckplätze. Das alles zum damaligen Schnäppchen-Preis von knapp 500 US-Dollar. Zum Vergleich: Ein neuer Rechner kostet damals um die 4000 US-Dollar.
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Technische Entwicklung schlägt Marketing
Der Preis sei nach Aussage von Microsoft-Entwickler Raymond Chen der ausschlaggebende Faktor gewesen, die Mach 20 auf den Markt zu werfen. Dazu ein kleiner Ausflug in das Rechnungswesen und Steuerrecht.
Computer gelten damals in den USA als Büromaschine. Diese dürfen über sieben Jahre steuerrechtlich abgeschrieben werden. Allerdings schreitet die technische Entwicklung von PCs schneller voran, als Buchhalter kontieren können. Deswegen ist die Sieben-Jahre-Regel plötzlich ein Problem. Der alte Rechner ist vielleicht nach zwei oder drei Jahren schon nicht mehr zeitgemäß, steht allerdings noch in den Rechnungsbüchern und ist noch nicht komplett abgeschrieben. Hier setzt Microsoft mit seiner Mach-20-Erweiterungskarte an. Anstatt den alten PC durch einen teuren neuen Computer zu ersetzen, einfach mit der Mach 20 das alte Schätzchen wieder flott machen. So die Marketing-Theorie.
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Mach 20 floppt auf ganzer Linie
Die Kundschaft geht da allerdings nicht mit. Bereits der Verkauf der Hardware, also der Mach 20 selbst, läuft mehr als schleppend. Offensichtlich haben die Kunden die Gedankengänge der Marketingabteilung von Microsoft nicht ganz verstanden. Microsoft versucht anschließend über eine speziell für die Mach 20 entwickelte Software einen weiteren Köder auszulegen. Doch auch OS/2, so nennt sich das Betriebssystem für die Erweiterungskarte, lässt die Klingel an der Kasse nicht schneller bimmeln.
Im Gegenteil: In der Erinnerung von Microsoft-Entwickler Raymond Chen haben elf Personen die Software gekauft. Weil diese allerdings nicht reibungslos funktioniert hat, haben acht Käufer OS/2 für die Mach 20 wieder zurückgeschickt. Ob die drei verbliebenen Besitzer mit der Software glücklich geworden sind, ist nicht näher bekannt. Ebenso bleibt ein Geheimnis, welche Konsequenzen dieser Mega-Flop bei Microsoft nach sich gezogen hat.
Letztlich sind die Erweiterungskarte und die dazugehörige Software zu einem Zeitpunkt auf den Markt gekommen, wo die technische Entwicklung neuer Computersysteme richtig Fahrt aufgenommen hat. Das steigende Angebot sorgt für fallende Preise. Simple Formel: Die Mach 20 erscheint in diesem Umfeld sehr schnell sehr überflüssig. Insgesamt hat diese Geschichte Microsoft auch nicht geschadet und bleibt somit eine kleine Randnotiz. Dennoch gehört das Betriebssystem OS/2 für die Mach 20 mit nur drei Verkäufen definitiv zu den größten Flops von Microsoft.