21. April 2021, 15:05 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Apple hat auf dem April-Event einige neue Geräte vorgestellt. Obwohl sich TECHBOOK-Redakteur Adrian Mühlroth über die Neuheiten freut, gibt es dennoch Kritik für ein paar fragwürdige Produktentscheidungen.
Im Vorfeld des April-Events haben wir im TECHBOOK Tech-Talk bereits spekuliert, dass Apple im iPad Pro mit 12,9 Zoll ein komplett neues Display verbauen könnte. Tatsächlich wurde unsere Vermutung nun bestätigt, was jedoch ein herber Schlag für das kleinere iPad Pro 11 Zoll ist. Das und drei andere Dinge fielen negativ auf. Doch es gibt auch viele Lichtblicke.
Übersicht
1. Zwei neue iPad-Modelle
Generell haben sowohl das 11- als auch das 12,9-Zoll-Modell das exakt gleiche Design und gleiche Abmessungen wie schon die Vorgänger-Modelle aus den Jahren 2018 und 2020. Die zentrale Neuerung, die Apple auf dem April-Event gezeigt hat, ist der leistungsfähige M1-Chip, den wir bereits aus MacBook Air, MacBook Pro und Mac mini von 2020 kennen. Damit rückt das Unternehmen ab von den Chips der A-Serie, die bislang in iPads zu finden waren.
Was mich daran stört
Das mag zwar nach einem bedeutenden Upgrade klingen. Aber die iPad Pros waren abgesehen vom iPad Air 2020 schon vorher die mit Abstand schnellsten Tablets auf dem Markt. Niemand mit einem älteren iPad Pro, selbst dem Modell von 2018, wird im täglichen Gebrauch einen Unterschied bei der Leistung feststellen können. Der M1 bringt meiner Meinung keinen wirklichen Mehrwert. Wer also bereits ein iPad Pro mit 11 Zoll von 2018 oder 2020 hat, hat keinen Grund für ein Upgrade.
Denn im Endeffekt läuft auf dem iPad Pro auch nur iPadOS, mit allen Einschränkungen, die das System hat. Es gibt weder Adobe Premiere Pro noch Apples eigenes Final Cut Pro für das iPad – die einzigen Anwendungen, in denen noch mehr Leistung als bisher tatsächlich einen Unterschied bei der Rendering-Zeit machen könnten.
Was mir daran gefällt
Immerhin hat das iPad Pro dank M1 nun einen Thunderbolt-4-Port, der unter anderem schnellere Übertragungsraten mit externem Speicher ermöglicht. Außerdem gibt es jetzt bis zu 2 Terabyte Speicher und 16 GB RAM, sowie 5G-Unterstützung mit dem Cellular-Modell.
Auch neu ist eine 12-MP-Ultraweit-Kamera an der Vorderseite. Damit kann das iPad Pro in Videoanrufen die Person im Bild selbst dann verfolgen, wenn sie sich bewegt. Durch eine Mischung aus Schwenken und Zoomen bleibt man so ständig für das Gegenüber sichtbar.
Interessanterweise ist das iPad Pro 11 Zoll auf dem Papier leistungsfähiger als das MacBook Air 2020 zum gleichen Startpreis. Denn das iPad Pro kommt mit Apples M1 mit den vollen 8 GPU-Kernen, während beim MacBook Air nur 7 Kerne aktiviert sind.
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Fazit zu den neuen iPads
Meines Erachtens ist nur das iPad Pro 12,9 Zoll ein echte Upgrade gegenüber den Modellen aus den Vorjahren. Denn nur das größere iPad Pro hat das neue Mini-LED-Display, das Apple als „Liquid Retina Display XDR“ bezeichnet.
In der Vorstellung auf dem April-Event hat uns Apple gezeigt, dass in dem Display 10.000 Mini-LEDs zur Hintergrundbeleuchtung der Pixel sitzen, wo es vorher nur 72 LEDs waren. Die Beleuchtung ist in 2596 Dimming-Zonen aufgeteilt. So kann das Display Sektionen gezielt abschalten. Dadurch kann das iPad Pro 12,9 Zoll sattere Schwarztöne darstellen, die es sonst nur mit OLED-Bildschirmen gibt. Das 11-Zoll-Modell kann hier nicht mithalten.
Das neue Display erreicht nun 1000 Nits Helligkeit, das ist 66 Prozent heller als das 11-Zoll-Modell und das 12,9-Zoll-Modell aus den Vorjahren mit 600 Nits. Doch damit nicht genug, denn für kurze Zeit kann das iPad Pro 12,9 Zoll bis zu 1600 Nits erreichen. Damit hat es einen erheblichen Vorteil, da es auch unter direkter Sonneneinstrahlung noch ablesbar ist. Durch die ausgeschalteten Sektionen spart das Display zudem Strom. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb Apple vorerst nur das größere Modell mit der neuen Technologie ausgestattet hat.
Nimmt man die Apples Display-Angaben als Grundlage, entspricht das Display im iPad Pro 12,9 den Spezifikationen des High-End-Monitor Pro Display XDR, der einen Startpreis von 5499 Euro (ohne Standfuß) hat. Ziemlich beeindruckend. Schade nur, dass das 11-Zoll-Modell davon nichts hat.
2. Komplett neuer iMac
Apple hat den iMac erstmals seit 2007 (!) komplett neu designt, mit moderner Optik und Apple Silicon. Den iMac hat uns das Unternehmen auf dem April-Event in sieben verschiedenen, bunten Farben vorgestellt – das erinnert an den bauchigen iMac G3 von 1999. Alle iMacs – bis auf die graue Version – haben ein Zwei-Farben-Design mit einem dunkleren Farbton an Rändern und Rückseite und einen helleren Ton an Vorderseite und Standfuß.
Was mich daran stört
Der Bildschirm ist auf 24 Zoll gewachsen, trotzdem hat das Gerät ungefähr die gleiche Gehäusefläche wie ein iMac 21,5 Zoll. Das ist zwar toll, zeigt aber eigentlich nur, wie unglaublich veraltet das bisherige iMac-Design mit riesigen Display-Rändern ist. Völlig unverständlich finde ich die Entscheidung Apples, den Rahmen um das Display nun weiß statt schwarz zu färben. Zusammen mit der Tatsache, dass nun kein Apple-Logo mehr auf der Vorderseite des iMacs zu finden ist, sieht der neue iMac aus wie eine billige Abklatsche eines richtigen iMacs.
Außerdem ist immer noch das riesige Kinn unter dem Bildschirm da. 14 Jahre und etliche technologische Fortschritte später und Apple schafft es nicht, das hässlichste Element am iMac endlich zu fixen.
Das Design ist nun viel kantiger und ist damit ähnlich wie Apples High-End-Bildschirm ProDisplay XDR und das iPad Pro. Das Gehäuse ist nur 11,5 Millimeter dünn. Es ist so dünn, dass der Audioausgang an die Seite wandern musste, weil das Gehäuse nicht mehr dick genug für einen Steckplatz auf der Rückseite ist. Dadurch ist die Buchse immerhin besser zu erreichen. Leider jedoch nicht dünn genug, dass auch die USB-C- und Thunderbolt-Ports an die Seite müssen. Ein Speicherkartenslot gibt es auch nicht – ärgerlich.
Auch passt durch das dünne Gehäuse das Netzteil nicht mehr in den iMac selbst. Deswegen gibt es jetzt ähnlich wie beim MacBook ein externes Netzteil. Das Stromkabel ist jetzt magnetisch, warum auch immer, und für einen Aufpreis gibt es ein Netzteil mit integriertem LAN-Port. Damit muss man zumindest kein LAN-Kabel mehr bis auf den Schreibtisch verlegen.
Was mir daran gefällt
Auch das Innenleben ist komplett neu und um den M1 aufgebaut, wie Apple auf dem April-Event zeigte. Der M1 hat nun statt einem größeren zwei kleinere Kühler, die jedoch mit 10 Dezibel sehr leise sein sollen. M1 und Mainboard, Lüfter, Lautsprecher sind alle in dem Kinn untergebracht, das unter dem Bildschirm sitzt.
Der Rest des iMacs sieht überraschend leer aus. Das wirft natürlich einmal mehr die Frage auf, ob Apple die Komponenten nicht woanders im Gehäuse platzieren konnten. Das Sound-System besteht aus sechs Treibern, davon zwei Paar Anti-Vibrations-Subwoofer und jeweils ein Hochtöner. Die Lautsprecher unterstützen Dolby Atmos und sind meiner Meinung die einzige mögliche Erklärung, warum das Kinn noch existiert.
Außerdem gibt es endlich eine 1080p-Webcam im iMac, sodass Videoanrufe endlich besser aussehen als mit der antiken 720p-Cam aus den Vorgängermodellen. Jetzt muss Apple die Kamera nur noch zum MacBook bringen.
Das günstigste iMac-Modell kommt nur mit zwei USB-C/Thunderbolt-Ports und hat außerdem einen M1 mit nur 7 GPU-Kernen. Die höherpreisigen Modelle haben zwei zusätzliche USB-C-Ports, den M1 mit 8 GPU-Kernen und außerdem ein Magic Keyboard mit integriertem TouchID.
3. Apple TV 4K mit neuer Fernbedienung
Der Apple TV hat schon seit 2017 kein Update mehr bekommen, deswegen wurde es mal Zeit für ein kleines Makeover.
Was mich daran stört
Leider kann die neue 4K-Streaming-Box, die wir auf dem April-Event gesehen haben, unsere Erwartungen nicht ganz erfüllen. Der Apple TV 4K hat jetzt zwar einen Apple A12 Bionic für mehr Leistung bekommen und unterstützt HDR-Inhalte mit einer höheren Bildwiederholrate von 60 Hertz. Die erwarteten 120 Hertz gibt es aber leider nicht. Das ist gerade in Anbetracht der Tatsache, dass es immer mehr TV-Geräte gibt, die diese Rate unterstützen, etwas bedauerlich.
Was mir daran gefällt
Dafür gibt uns Apple eine komplett neue Siri Remote mit Click Wheel, das wir in ähnlicher Form von den klassischen iPods kennen. Eine interessanter Neuerung ist zudem die ausgeklügelte Farbkalibrierung des neues Apple TV. Die Box kann jetzt den Weißabgleich („Farbbalance“) des TV-Geräts kalibrieren. Dafür braucht man allerdings ein iPhone, mit dessen Kamera man die Farben des Fernsehers scannt. Der Apple TV stellt seine Farbausgabe entsprechend ein, um das optimale Bildergebnis zu erzielen.
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4. AirTag ist endlich fertig
Endlich, nach langer Entwicklungsphase, Leaks und Gerüchten, das Projekt könnte eingestellt werden, hat es AirTag mit dem April-Event endlich auf den Markt geschafft. An sich sind die AirTags eine feine Sache. Mit einem Preis von 35 pro Stück und 119 Euro für vier Stück unterbietet Apple den bisherigen Marktführer Tile. Apple bietet sogar eine kostenlose Eingravierung an, für Namen, Emojis, etc.
Was mir daran gefällt
AirTag hat eine direkte Integration in das Apple-Ökosystem und kann dabei helfen, verlorene Gegenstände mit dem Wo-Ist?-Dienst wiederzufinden. Auf einer Karte wird angezeigt, wo ungefähr etwas verloren wurde. Geht man zu diesem Ort, nimmt das iPhone automatisch Kontakt mit dem U1-Chip im AirTag auf, um die genaue Position des Gegenstands zu finden. AirTag hat zudem einen eingebauten Lautsprecher, um zum Wiederfinden einen Ton abzuspielen
Auf dem April-Event zeigt Apple, wie ausgeklügelt das System ist. Andere Personen können mit ihrem iPhone an dem Gegenstand vorbeilaufen, und damit automatisch die Position updaten. Außerdem können andere den AirTag mit ihrem iPhone Scannen und so die Besitzerin oder den Besitzer herausfinden.
Besonders an AirTag ist, dass Apple auf Nutzungsfreundlichkeit und Nachhaltigkeit geachtet hat. Man kann die eingebaute Batterie (CR2032) einfach selbst zu Hause austauschen – das kommt in Apple-Produkten nicht oft vor. Vor allem ältere Geräte von anderen Herstellern haben oft keine austauschbare Batterie und sind damit ein Wegwerfprodukt.
Was mich daran stört
Beim Zubehör langt Apple wieder richtig zu. Ein Leder-Schlüsselanhänger kostet mindestens 39 Euro und ist damit schon teurer als ein AirTag selbst. Wer noch mehr Geld ausgeben möchte, kann auch die Hermès-Version des Leder-Anhängers kaufen – für 349 Euro. Es muss jede Person selbst entscheiden, ob ihr der zehnfache Preis für einen anderen Anhänger wert ist. Noch mehr Geld können diese Personen für das Kofferband von Hermès hinlegen. Mit 449 Euro ist es nur 30 Euro günstiger als ein aktuelles iPhone SE. Angemessene Preisgestaltung sieht anders aus.