21. Mai 2023, 17:00 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Ende der 1960er-Jahre entstand die Floppy Disk, die als Speichermedium die kommenden zwei Jahrzehnte unverzichtbar war. Heute gehört die Diskette zum alten Eisen, ganz verschwunden ist sie aber noch nicht. Denn noch immer verlassen sich einige Branchen auf sie.
Ein Buch über die technische Entwicklung von Speichermedien könnte den Titel tragen: „Wie schaffe ich es, komplett zu verschwinden?“ Heute sind mobile Speicher nahezu unsichtbar oder ausgelagert, man denke zum Beispiel an die Cloud-Technologie. Ein großes Kapitel in der Geschichte beansprucht vor allem ein Speichermedium: die sogenannte „Floppy Disk“. Disketten sind knapp 20 Jahre lang unverzichtbar. Der Name „Floppy Disk“ bezieht sich auf die weiche Plastikhülle, welche die darunter befindliche Magnetscheibe schützt. Erst später bekommt die Diskette eine harte Schale verpasst, ehe die CD das bevorzugte Speichermedium wird. Komplett von der Bildfläche verschwunden ist die Disk allerdings noch nicht.
Übersicht
Die frühen Jahre der Floppy Disk
Die erste Floppy Disk im Jahr 1969 misst stolze 8 Zoll und verfügt damit ungefähr über die Ausmaße eines Tablets. Die Speicherkapazität beträgt 80 Kilobyte, was in etwa 1000 Lochkarten entspricht – in den Computer-Anfängen eine übliche Maßeinheit. Vergleichen wir den Speicher mit heutigen Maßstäben, wären mehr als zehn solcher Disketten notwendig gewesen, um ein Smartphone-Bild zu speichern.
Mitte der 1970er-Jahre etablierte sich dann eine etwas kleinere Variante der Floppy Disk. Die 5 ¼-Zoll-Diskette sorgt vor allem bei Besitzern eines Commodore 64 für leuchtende Augen. Denn Disketten und ein entsprechendes Laufwerk haben damals den Spielspaß auf dem Home Computer deutlich erhöht. Auf die quadratische Schlabber-Diskette passen inzwischen bis zu 1.200 Kilobyte, ein Vielfaches im Vergleich zur ersten Variante. Nach heutigen Maßstäben allerdings immer noch armselig. Immerhin bräuchte es in der Regel nun nur noch eine einzige Diskette, um ein Smartphone-Foto abzuspeichern.
1982 wechselt die Hülle der Disk von „floppy“ zu „hard“. Die 3,5-Zoll Diskette hat nur noch die Größe eines Bierdeckels. An der Speicherkapazität ändert sich nicht sehr viel. Die neue Disketten-Generation schafft bis zu 1.440 Kilobyte. Wenn es damals schon digitale Kameras gegeben hätte, reichte ein Foto aus und die Disk wäre voll. Im Jahr 1989 taucht dann die Compact Disc – oder kurz: CD – als Speichermedium auf. An dieser Stelle könnten wir unseren Artikel über die Diskette beenden. Denn eigentlich braucht die Welt keine Disketten mehr. Doch weit gefehlt. Bis heute vertrauen einige Branchen auf die Diskette. Daran wird sich vermutlich auch so schnell nichts ändern.
Diese Branche nutzt noch Floppy-Disk-Laufwerke
Menschen mit Flugangst müssen jetzt tapfer sein: Tatsächlich finden sich in einigen heute noch im Betrieb befindlichen Flugzeugen Disketten-Laufwerke. Diese dienen als Schnittstelle, um notwendige Daten zu aktualisieren. Das können folgende Informationen sein:
- Einflugschneisen,
- Flughäfen,
- Flugpläne,
- Navigation oder
- Pisten.
Die Boeing 747-400 ist so ein Flugzeug, bei dem alle 28 Tage ein Techniker mit Hilfe von acht 3,5-Zoll-Disks die Daten auf den neuesten Stand bringt. Warum so umständlich?
Ganz einfach, die ersten Modelle dieses Flugzeugs sind Ende der 1980er Jahre gebaut worden. Damals setzen die Ingenieure auf die neueste Technologie, um die Datenbank der Flugzeuge mit aktuellen Werten zu bespielen. Deswegen sind in den Fliegern Disketten-Laufwerke verbaut worden. An dieser Methode hat sich bis heute nichts geändert – ganz nach dem Motto: Ändere niemals etwas an einem funktionierenden System.
Alte Maschinen und moderne Technik von damals
Auch innerhalb der Bekleidungsindustrie oder metallverarbeitenden Industrie gibt es Maschinen, die immer noch auf Disketten angewiesen sind – beispielsweise Strick- oder Häkelmaschinen sowie Fräsmaschinen. Ähnlich wie in der Luftfahrt haben die Ingenieure bei der Konstruktion darauf Wert gelegt, die Maschinen möglichst lange zu nutzen.
Selbst die Steuerung von Atomwaffen erfolgte bis vor Kurzem noch per Diskette. Die dafür eingesetzten Computer stammen aus den 1970er-Jahren. Beim US-Militär haben Experten dann doch reagiert. Die Computer sind zwar immer noch alt, doch das Speichermedium entspricht modernen Standards.
Inzwischen tun sich allerdings neue Probleme auf. Das Angebot an verfügbaren Disketten sinkt von Tag zu Tag. Denn neue Disks werden seit dem Jahr 2010 nicht mehr produziert. Verbatim hat zwar noch eine Weile an der Produktion festgehalten, nach verschiedenen Besitzerwechseln die Produktion allerdings beendet.
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„Der letzte noch lebende Mann im Diskettengeschäft“
Im Internet gibt es immer noch 10er-Packs zu kaufen. Bei Preisen ab 20 Euro und mehr greifen allerdings nur noch Nostalgiker zu. Zu denen zählen vor allem Künstlerinnen und Künstler. In der Kreativszene findet die Diskette zusammen mit Musik- oder Video-Kassetten eine neue Bestimmung als Kunstwerk.
Und dann gibt es noch den US-Amerikaner Tom Persky. Der nach Eigenaussage „letzte noch lebende Mann im Diskettengeschäft“ hat aktuell noch etwa eine halbe Million Disks in allen Größen auf Lager. Sein Geschäft betreibt er inzwischen online unter www.floppydisk.com.
Tatsächlich finden sich dort auch noch 8- oder 5 ¼-Zoll-Disketten. Den größten Anteil machen 3,5-Zoll-Disketten aus. Dabei handelt es sich allerdings um von Tom Persky eigenhändig recycelte Disks. Für den Disketten-Fan steht fest: „Disketten sind viel stabiler und zuverlässiger als USB-Laufwerke.“ Dem bleibt nur noch hinzuzufügen: Die Diskette ist tot, lang lebe die Diskette!