6. Dezember 2024, 16:22 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Mit dem C64 hat Commodore 1982 den ersten massentauglichen Computer für den Heimbetrieb vorgestellt. Er hat das Leben, wie man es bis dahin kannte, revolutioniert. Die Auswirkungen spüren wir bis heute.
Unser Leben ohne Computer? Unvorstellbar! In den Anfängen sahen Computer aber eher aus wie blinkende Kühlschränke, mit Knöpfen und Kabeln. Die ersten großen Rechenmaschinen beanspruchten ganze Räume. Eingesetzt wurden Computer damals meistens in der Forschung oder an Hochschulen. Im Heimgebrauch galten bereits Taschenrechner lange als technisches Wunderwerk. Bis eine Firma in den USA die geniale Idee hatte, Computer in die Wohnstuben der Menschen zu bringen. Es handelte sich um das Unternehmen Commodore. Auf der Consumer Electronics Show im Januar 1982 in Las Vegas stellte Commodore den C64 vor. Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, dass der erfolgreichste Heimcomputer aller Zeiten das Licht der Welt erblickt hatte.
Übersicht
Jack Tramiel hat den C64 erfunden
Der Urvater des C64 hat einen Namen: Jack Tramiel. Dieser Mann hatte die Vision, Computer massentauglich und dessen Möglichkeiten für viele nutzbar zu machen. Allerdings sollte der C64 ursprünglich eine Spielekonsole werden. Denn Jack Tramiel erkannte in erster Linie das Potenzial der neuen Computer-Chip-Generation. Der im Jahr 1980 vorgestellte Chip CPU 6510 eignete sich nämlich vor allem hervorragend für die Programmierung von Computerspielen.
Eine massentaugliche Spielekonsole gab es damals bereits von Atari. Commodore feierte zu dem Zeitpunkt hingegen erste Erfolge mit dem Computer VC-20. Der Vorläufer des C64 wies allerdings einige technische Mängel auf. Deswegen änderte Jack Tramiel seine Ambitionen. Stattdessen verfolgte er fortan die Idee, einen Computer auf den Markt zu bringen, mit einem 64-Kilobyte-Arbeitsspeicher – daher auch der Name C64 – sowie mehr Farben und Sound für unter 1000 US-Dollar.
So wenig hat ein C64 gekostet
Die Entwicklung des ersten C64 dauerte bis zum Jahr 1982. Die US-amerikanischen Technik-Journalisten waren begeistert. Damals gab es bereits kleine Computer für daheim, beispielsweise von Apple oder Atari. Diese kosteten allerdings ein Vermögen. Außerdem bot keiner der Wettbewerber ein so leistungsfähiges Gesamtpaket wie der C64.
Das gesamte Geheimnis des neuen Computers befand sich in einem hellbraunen, rechteckigen Kasten. Aufgrund der abgerundeten Kanten nennen ihn seine Fans bis heute „Brotkasten“. Unter der Tastatur verbirgt sich die Hauptplatine mit allen Komponenten und Anschlüssen. Das angestrebte Preisziel von unter 1000 US-Dollar unterschritt Commodore zudem deutlich. Bei der Markteinführung in den USA stand der C64 für 600 US-Dollar in den Läden. So günstig gab es Computer noch nie.
In Deutschland begann der Verkauf des C64 erst im Januar 1983, also ein Jahr später. Damals lag der Einführungspreis noch bei 1495 D-Mark. Durch zahlreiche positive Testberichte in verschiedenen Technikmagazinen stieg die Nachfrage nach dem neuen Heimcomputer jedoch rapide in die Höhe. In der Folge sank der Preis im Jahresverlauf auf knapp unter 600 D-Mark. Unter dem Weihnachtsbaum 1983 lagen plötzlich ganz viele Computer. Der C64 entwickelte sich zu einem Verkaufsschlager, nicht nur in Deutschland.
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Computerspiele machten den „Brotkasten“ salonfähig
Das lag nicht nur an dem unschlagbar niedrigen Preis. Viele Hersteller von Computerspielen veröffentlichten zudem nachfolgend Games für den C64. Parallel dazu entwickelte sich auch eine eifrige Hackerszene. Dadurch verteilten sich die Spiele zwar illegal etwa auf dem Schulhof, dafür allerdings rasend schnell. Die ursprüngliche Idee von Commodore-Boss Jack Tramiel, eine günstige und leistungsstarke Spielekonsole zu entwickeln, hatte sich zumindest innerhalb der jüngeren Generation erfüllt.
Denn Zocken machte auf dem C64 erstmalig richtig Spaß. Trotz der für heute unvorstellbar geringen Rechnerkapazität holten die Spiele-Entwickler das Maximum aus dem C64 heraus. Deswegen verbrachten junge Leute auf einmal mehrere Stunden mit dem Computer, sehr zum Ärger der Eltern. Da der C64 an den Fernseher angeschlossen werden konnte, musste in vielen Fällen nicht einmal ein Monitor gekauft werden.
Ganz ohne Zusatzgeräte ging es allerdings nicht. Um die Spiele laden zu können, mussten eine Datasette für knapp 200 D-Mark oder ein Disketten-Laufwerk für etwa 900 D-Mark zugekauft werden. Viele C64-Besitzer wählten die günstigere und langsamere Datasette. Hier luden die Spiele und Programme über eine normale Kompaktkassette.
Deutlich schneller ging das mit dem Laufwerk. Als Medium dienten flexible 5 ¼-Zoll-Disketten. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie viele Daten auf so eine Diskette passen: Jede Seite verfügt über eine Speicherkapazität von 175 Kilobyte. Um darauf ein einzelnes Smartphone-Foto zu speichern, wären zehn solcher Disketten notwendig.
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Programmieren als Kult
Der C64 diente allerdings nicht nur als Spielecomputer. Als Betriebssystem setzte der Commodore-Computer auf die Programmiersprache BASIC. Auch ohne IT-Studium entstanden daher in heimischen Kinderzimmern unzählige kleine Programme, die das Arbeiten mit dem C64 noch komfortabler machten.
Die kleinen, technischen Wunderwerke wurden teilweise kostenlos vertrieben. Viele bekannte Programmierer fanden über BASIC und den C64 ihre berufliche Bestimmung. Das Programmieren ist ab Mitte der 1980er-Jahre plötzlich Kult.
Auch viele Freiberufler nutzten den C64 für die Arbeit. Laptops oder Ähnliches gab es noch nicht. Auf dem günstigen Heimcomputer konnten nämlich auch Texte geschrieben oder Tabellen erstellt werden. Später folgten spezielle Musik- und Malprogramme, um Lieder zu komponieren oder digitale Kunstwerke auf dem Computer zu erstellen.
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Commodore verpasste den Anschluss
Der C64 erschien bis zum Jahr 1994 in leicht abgewandelten Varianten. Die Kompatibilität litt darunter nicht. Auch auf den neuen C64-Generationen liefen alle Programme der vorherigen Rechnervarianten. 2018 kam der Computer sogar als Neuauflage C64 Mini zurück. Jack Tramiel war da allerdings schon lange Geschichte. Der Urvater des C64 hat Commodore bereits 1984 im Streit verlassen. Er wechselte später zum großen Konkurrenten Atari.
Commodore verließ sich daraufhin lange Zeit auf den Erfolg des C64. Weltweit sind von dem Modell 12 bis 30 Millionen Exemplare verkauft worden. Eine genaue Zahl gibt es nicht. Der C64 gilt aber in jedem Fall als der erfolgreichste Heimcomputer.
Es folgten noch weitere Commodore-Computer, beispielsweise der C128 oder der wesentlich leistungsstärkere Amiga. Dieser stand ausgerechnet mit dem Atari ST in unmittelbarer Konkurrenz, wo inzwischen Jack Tramiel die Fäden in der Hand hielt. Beide Computer mussten allerdings mit Beginn der 1990er-Jahre das Feld räumen. Inzwischen lieferte die Konkurrenz in Form von IBM deutlich modernere und leistungsfähigere Heimcomputer. Am 29. April 1994 meldete Commodore Insolvenz an.
Der C64 bleibt dennoch unvergessen. Bis heute pflegt eine starke Fangemeinde im Internet den Mythos um den ersten kommerziellen Heimcomputer der Welt weiter. C64 Games stellt auf der Website Spiele von damals kostenlos zur Verfügung. Dort gibt es auch Tools, mit denen sich heutige Computer in einen C64 zurückverwandeln. Probieren Sie es aus.