5. Juli 2024, 15:55 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wer erinnert sich noch an Steve Ballmer, den Microsoft-Manager und CEO, der ekstatisch in Hemd und Halbglatze über die Bühne hüpft? Laut Bloomberg hat Ballmer erstmals seinen früheren Chef Bill Gates in Sachen Vermögen übertrumpft. TECHBOOK kennt die Hintergründe.
Die beiden ehemaligen Microsoft-Größen Bill Gates und Steve Ballmer liefern sich in Sachen Vermögen schon seit Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Nun hat es Ballmer geschafft und sich vor seinen ehemaligen Chef an die Spitze gesetzt. Mit etwa 157,2 Milliarden US-Dollar ist Ballmer auf Platz 6 des Bloomberg Billionaires Index geklettert (Stand 04.07.2024). Der ehemals reichste Mensch der Welt steht dagegen auf Platz 8 und hat sogar noch Larry Ellison vor sich. Unter den 20 reichsten Menschen des Bloomberg-Index gibt es übrigens genauso viele Frauen wie Larrys: jeweils zwei. Die reichste Frau ist Bloomberg zufolge die französische Industrielle Francoise Bettencourt Meyers auf Platz 18.
Doch zurück zu Ballmer: Nicht nur die Tatsache, dass mit ihm ein Angestellter reicher ist als sein einstiger Chef, ist ungewöhnlich. Anders als bei den meisten anderen Top-Milliardären speist sich sein Reichtum weder aus einem Erbe noch aus den Aktien eines selbst gegründeten Unternehmens. Der extrovertierte Manager hat lediglich an den richtigen Stellen einige sehr kluge Entscheidungen getroffen.
Der Assistent, der seinen Chef übertrumpft
1956 wurde Steven Anthony Ballmer in Detroit, Michigan, geboren. Er absolvierte 1977 an der Havard University den Bachelor in Angewandter Mathematik und Ökonomie und ging 1980 zu Microsoft. Er war damit nicht nur der dreißigste Angestellte des damals fünfjährigen Unternehmens. Als Assistent von Bill Gates und Business Manager legte er eine steile Karriere hin. Besonders bekannt wurde Ballmer für seine energiegeladenen, mitunter auch schweißtreibenden Bühnenauftritte, die nicht nur das Publikum zum Jubeln brachten, sondern ihm den Spitznamen Monkeyboy bescherten.
Im Jahr 2000, als sich Bill Gates von seinem Posten als CEO von Microsoft zurückzog, trat Ballmer seine Nachfolge an. Als größten Fehler seiner Karriere betrachtet er Windows Vista, das trotz jahrelanger Entwicklungszeit nicht das Zeug zum Next Big Thing hatte. 2014 übergab Ballmer seinen Posten an den heutigen Microsoft-CEO Satya Nadella. Noch im gleichen Jahr, wie um den Start in die Rente zu feiern, kaufte sich Ballmer den Basketballclub Los Angeles Clippers für zwei Milliarden US-Dollar. Heute schätzt Forbes den Wert des Clubs auf 4,65 Milliarden Dollar.
Offenbar hatte Ballmer schon bei seiner Gehaltsverhandlung einiges richtig gemacht. Ursprünglich handelte er nämlich ein Grundgehalt von 47.000 Euro aus und zusätzlich 10 Prozent des von ihm erwirtschafteten Gewinnwachstums. Als eben jener Gewinn zu groß wurde, passte man die Vereinbarung im Sinne einer Kapitalbeteiligung an. 1981 wurde Microsoft zu einer Aktiengesellschaft und Ballmer besaß 8 Prozent des Kapitals. Gute zehn Jahre später – 1993 – war sein Anteil über eine Milliarde US-Dollar wert.
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Wie konnte Ballmer Bill Gates überholen?
Durch diese Anlage-Strategie konnte Ballmer nicht nur reich werden. Der KI-Hype der letzten Jahre verlieh den Microsoft-Aktien zusätzlichen Aufschwung – doch müsste es Bill Gates damit nicht ähnlich gehen? Obwohl der Microsoft-Gründer ebenfalls Aktien an seinem Unternehmen besitzt, ist sein Vermögen insgesamt breiter aufgestellt als das von Ballmer. Letzterer besitzt nicht nur die meisten Microsoft-Aktien, sie machen auch einen großen Teil seines Gesamtvermögens aus. Das Wachstum von Microsoft kommt Ballmer damit stärker zugute.
Gleichzeitig gab Gates in den vergangenen rund 25 Jahren viel Geld aus, vor allem für die 2000 gegründete Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung. Ein Drittel ihres gemeinsamen Privatvermögens, das sind mehr 36 Milliarden Dollar, sind zwischen 1994 und 2018 in die Stiftung geflossen. Nach eigenen Angaben ist das Ziel der Stiftung nicht, langfristig Gewinne anzuhäufen, sondern das Geld 20 Jahre nach dem Tod von Bill und Melinda Gates für wohltätige Zwecke einzusetzen.
Steve Ballmer hat sein Vermögen bisher nicht in diesem Ausmaß für philanthropische Ziele eingesetzt. Er spendete an verschiedene US-amerikanische Universitäten, unter anderem richtete er einen 425 Millionen Dollar umfassenden Fond für die Universität von Oregon ein. 2017 gründete er die Non-Profit-Organisation USAFacts.org, die mit dem Slogan „Our nation, in numbers“ Daten und Zahlen erklärt und einordnet.
Dass Ballmer im Augenblick finanziell vor Gates liegt, ergibt sich also einerseits aus der Aktienlage, andererseits aus den unterschiedlichen Investitionen der beiden. Außerdem beruht der Index von Bloomberg letztlich auf aktuellen Schätzungen, nicht auf der Selbstauskunft der Milliardäre. Insofern wäre es nicht verwunderlich, wenn das Rennen von Gates und Ballmer um den besseren Platz bald in eine neue Runde geht.