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Real-O-Mat, Wahl.Chat, …

Was taugen die Alternativen zum Wahl-O-Mat?

Der Wahl-O-Mat ist für viele die erste Anlaufstelle – aber es gibt auch Alternativen
Der Wahl-O-Mat ist für viele die erste Anlaufstelle – aber es gibt auch Alternativen Foto: picture alliance/dpa
Marlene Polywka Techbook
Redakteurin

15. Februar 2025, 16:12 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Eine gute Woche vor der Bundestagswahl gibt es zwar schon viele, die bereits wissen, bei welcher Partei sie ihr Kreuz setzen werden. Allerdings gibt es auch noch einige Unentschlossene

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Vor Wahlen ist die Unsicherheit oft groß: Welche Partei vertritt die eigenen Interessen am besten? Seit 2002 hilft der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung den Wählern, ihre politische Position mit den Parteiprogrammen abzugleichen. Mittlerweile gibt es aber auch weitere digitale Entscheidungshilfen, darunter etwa den Real-O-Mat, der tatsächliche Abstimmungen auswertet, und KI-basierte Chats, die Wahlprogramme analysieren. Doch wie zuverlässig sind Tools wie der Wahl-O-Mat und seine Alternativen? Und wo liegen ihre Stärken und Schwächen?

Wahl-O-Mat – der Klassiker unter den Entscheidungshilfen

Der Wahl-O-Mat ist seit mehr als 20 Jahren ein etabliertes Tool, um Wählern Hilfe und Orientierung zu bieten. Nutzer sollen Stellung zu mehr als 30 Aussagen beziehen. Dafür sollen sie entscheiden, ob sie der entsprechenden Aussage zustimmen, nicht zustimmen oder ihr neutral gegenüberstehen.

Ein Algorithmus berechnet anschließend die Übereinstimmung mit den Positionen der Parteien. Dabei ist ein Vorteil, dass man etwa direkt vor Auswertung noch angeben kann, wie man gewisse Aussagen gewichtet. Manche Themen sind einem Wähler meistens wichtiger als andere.

Auch interessant: Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2025 jetzt verfügbar

Ein entscheidender Vorteil des Wahl-O-Mat ist, dass alle zur Wahl antretenden Parteien gelistet sind, da das Tool mit den Wahlprogrammen abgleicht. Allerdings können die Formulierungen der Aussagen das Ergebnis mitunter beeinflussen, kritisieren Experten.

„Dieser Algorithmus vergibt für Positions-Übereinstimmungen immer einen Punkt, auch wenn ich ’neutral‘ antworte“, erklärt Christian Stecker, Politikwissenschaftler an der TU Darmstadt, in einem Beitrag der „Tagesschau“. Zudem seien neutrale Positionen oft nicht wirklich neutral, sondern tendierten in eine Richtung. Deshalb empfiehlt Stecker, eine Aussage, bei der man sich vielleicht nicht sicher ist, einfach zu überspringen, anstatt „neutral“ anzugeben.

Wahl-O-Mat-Alternativen zur Bundestagswahl 2025

Für viele ist der Wahl-O-Mat die erste Anlaufstelle, um such zu informieren – aber wie sieht es mit den Alternativen aus? Inzwischen gibt es nämlich eine ganze Reihe davon, die auf verschiedene Methodiken zurückgreifen.

Der Real-O-Mat misst Parteien am Abstimmungsverhalten

Einen anderen Ansatz verfolgt hingegen der Real-O-Mat, der oft als große Alternativ zum Wahl-O-Mat gehandelt wird. Das Programm schaut nicht auf die Wahlversprechen, sondern darauf, wie Parteien in den vergangenen Jahren tatsächlich im Bundestag abgestimmt haben. Ähnlich wie beim Wahl-O-Mat geben Nutzer ihre Meinung zu insgesamt 20 politischen Aussagen ab. Basierend auf den Antworten gleicht das Tool dann die Ergebnisse ab.

Entwickelt wurde der Real-O-Mat vom Verein „Frag den Staat“, der sich für Transparenz in Politik und Verwaltung einsetzt. Zum einen kann das tatsächlich näher an der Realität sein, weil es konkretes Verhalten abseits der Wahlversprechen einbezieht. Andererseits weisen Experten auch darauf hin, dass sich das Abstimmungsverhalten von Bundestagsabgeordneten mitunter auch deshalb vom Programm unterscheidet, weil innerhalb der Parteienlandschaft am Ende ohnehin immer ein Kompromiss gefunden werden muss.

Es lohnt sich also beispielsweise, die Begründung zu lesen, warum eine Partei in einer Debatte wie abgestimmt hat. Aufgrund des Vorgehens des Real-O-Mat können Unentschiedene allerdings nur die Position von Parteien abfragen, die zuletzt im Bundestag vertreten waren.

Politischer Dialog mit dem Wahl.Chat

Mit Wahl.Chat haben Studierende aus München und Cambridge eine KI-basierte Wahlhilfe entwickelt, die sich von herkömmlichen Tools unterscheidet. Statt fester Fragen und einfacher Ja-Nein-Antworten können Nutzer in natürlicher Sprache direkt mit den Wahlprogrammen interagieren und fundierte Informationen zu Parteistandpunkten abrufen.

Während der Wahl-O-Mat Kernaussagen abfragt und Nutzer entsprechend zustimmen oder ablehnen müssen, verfolgt der Wahl.Chat also einen ganz anderen Ansatz. Er ermöglicht Unentschlossenen einen simulierten Dialog mit den Wahlprogrammen. Dafür verarbeitet der Chatbot die Programme sowie öffentlich zugängliche Daten der acht größten deutschen Parteien. Nutzer können zwischen einer und drei Parteien auswählen und ihre Fragen stellen – die KI liefert kompakte Zusammenfassungen.

Ein wesentliches Merkmal des Wahl.Chats ist zudem seine Transparenz. Jede Antwort enthält eine direkte Verknüpfung zur Quelle, sodass Nutzer die Informationen selbst nachprüfen können. Zudem kann man eine Funktion nutzen, die auf Basis verschiedener Expertenmeinungen erklärt, wie umsetzbar bestimmte Vorhaben innerhalb der Programme sind. Ähnlich wie der Real-O-Mat kann zudem auch der Wahl.Chat das bisherige Abstimmungsverhalten analysieren.

Wahl-Kompass

Einen nochmals etwas anders gelagerten Ansatz bietet die Wahl-O-Mat-Alternative „Wahl-Kompass“. Mit diesem Tool steht Wählern eine Möglichkeit zur Verfügung, ihre politischen Positionen auf wissenschaftlicher Basis mit den Parteien abzugleichen. Entwickelt wurde der Wahl-Kompass von Politikwissenschaftlern der Universität Münster.

Diese haben nicht nur die Wahlprogramme der Parteien berücksichtigt, sondern auch Expertenanalysen hoch gewichtet. Ziel ist eine möglichst objektive und umfassende Einschätzung zu geben. Dafür müssen Nutzer ebenfalls Stellung zu verschiedenen Positionen beziehen. Allerdings müssen sie dafür auf zwei Achsen ein Positionierungskreuz setzen, was den Spielraum im Vergleich zur kleineren Wahl zwischen „stimme zu“ und „stimme nicht zu“ deutlich erhöht. Die Achsen sind dabei zwischen den Endpunkten progressiv vs. konservativ und Umverteilung vs. Eigenverantwortung gespannt.

Das erhöht auch den Schwierigkeitsgrad im Vergleich zum Wahl-O-Mat und anderen Alternativen ein wenig, da man sich entsprechend mehr Zeit nehmen und über seine Positionen im Klaren sein muss. Zudem ist die Auswahl an Parteien ebenfalls begrenzt. Durch den hohen Aufwand der wissenschaftlichen Methodik sind neben den im Bundestag vertretenen Parteien nur Volt, die Tierschutzpartei, die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) sowie die Freien Wähler enthalten. Kleinere Parteien bleiben vorerst unberücksichtigt. Allerdings bekommt man eine wirklich umfangreiche und wissenschaftlich fundierte Einschätzung.

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Welche Alternative zum Wahl-O-Mat sollte man nutzen?

Noch nie war es so einfach, sich vor der Bundestagswahl über Parteien und ihre Positionen zu informieren. Ob Wahl-O-Mat, Real-O-Mat oder KI-gestützte Chats als Alternative – alle haben ihre Vor- und Nachteile. Letztlich kommt es darauf an, wie viel Zeit man investieren und wie umfangreich man informiert werden möchte. Wer eher einen kurzen Check möchte, sollte sich den Real-O-Mat näher anschauen. Wer das ganze etwas interaktiver gestalten will, für den könnte der Wahl.Chat besser funktionieren. Und wer in seinen eigenen politischen Positionen gefestigt ist und einen wissenschaftlichen Ansatz bevorzugt, ist beim Wahl-Kompass genau richtig.

Neben den ausführlicher beleuchteten Alternativen zum Wahl-O-Mat gibt es auch noch eine ganze Reihe weiterer Tools. Ebenfalls mit einem Posititionierungskreuz arbeitet etwa Wahltest. WahlSwiper hingegen funktioniert vom Konzept her wie Tinder: Wisch nach links bedeutet, dass man mit einer Position nicht übereinstimmt. Ein Wisch nach rechts drückt hingegen Zustimmung aus. Das hat wiederum den Nachteil, das neutrale Antworten nicht möglich sind. Und dann gibt es noch auf bestimmte Inhalte spezialisierte Tools wie den Agrar-O-Mat des Deutschen Landwirtschaftsverlag oder den Digital-Thesen-Check. Ersteres beschäftigt sich mit agrarpolitischen Themen, letzteres für Digitalpolitik.

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