9. Juni 2018, 14:21 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Mehr als 70 Millionen Menschen spielen „Hearthstone“. TECHBOOK-Autor Dorian Gorr ist einer von ihnen und süchtig nach dem Online-Sammelkartenspiel, das seit drei Jahren auf Erfolgskurs ist. TECHBOOK erklärt, warum das Fantasy-Kartenspiel so viele in den Bann zieht.
Ich muss ein Geständnis machen: Ich bin süchtig nach „Hearthstone“. Als das Spiel vor drei Jahren in eine Beta-Testphase ging, hatte ich das Glück und durfte das Online-Sammelkartenspiel als einer der ersten ausprobieren. Es hat mich nie mehr losgelassen.
Drei Jahre später kriegt „Hearthstone“ seine achte Erweiterung und ich spiele es noch immer – bis zu zwanzig Stunden pro Woche. In den vergangenen Jahren habe ich mich tief in die verschiedenen Strategien dieses Online-Sammelkartenspiels hineingedacht, unzählige Karten-Kombinationen ausprobiert und fast 10.000 Online-Duelle gespielt. Bei einer durchschnittlichen Spielzeit von rund 10 Minuten pro Partie kann man sich schnell ausrechnen, wie viel Zeit ich in dieses Hobby investiert habe. Grob überschlagen komme ich auf mindestens 1.500 Stunden reine Spielzeit.
So wie mir geht es vielen. „Hearthstone“ hat inzwischen die unglaubliche Marke von 70 Millionen Spielern durchbrochen. Mittlerweile gibt es große eSport-Turniere mit Millionen-Preisgeldern und bei der Live-Streaming-Plattform Twitch zählt „Hearthstone“ zu jeder Tageszeit zu den Spielen mit den meisten Zuschauern. Kurzum: Dieses Online-Sammelkartenspiel macht süchtig. Und hier sind die Gründe, warum das so ist:
1. Leicht zu lernen, schwer zu meistern
Der Einstieg in „Hearthstone“ ist wahnsinnig einfach. Das Spiel ist gratis, „Hearthstone“ gibt es nicht nur für PC und Mac, sondern auch für Smartphones und Tablets. Im Rahmen eines Tutorials lernt man die simplen Mechaniken, auf denen das Spiel aufbaut: Zwei Spieler duellieren sich mit einem Deck aus je 30 Karten. Diese Karten verkörpern Fantasy-Kreaturen und Zaubersprüche aus dem „Warcraft“-Universum. Wer mit Hilfe seiner Diener und Sprüche als erstes die Lebenspunkte des Gegenübers von 30 auf 0 reduziert hat, gewinnt das Spiel. Um dieses Prinzip und die Steuerung zu begreifen, braucht man nicht länger als eine Mittagspause.
Allerdings: Es gibt mittlerweile mehr als tausend verschiedene Karten und mindestens eben so viele verschiedene Strategien. Manche Karten funktionieren besonders gut zusammen, andere überhaupt nicht. All diese Zusammenhänge versteht man mit jeder Spielstunde ein wenig mehr. Wenn ich nach Tausenden Partien eines über „Hearthstone“ weiß, dann das: Ausgelernt hat man bei diesem Spiel nie – vor allem, weil pro Jahr drei Erweiterungen erscheinen, die das Spiel lebendig halten und einen wieder herausfordern, die eigenen Strategien zu überdenken.
2. Das ewige Sammelfieber
„Hearthstone“ spricht einen Urinstinkt an: das Sammelfieber. Neue Karten erhält man aus Kartenpacks, die man für erspielte Spielmünzen oder echtes Geld kaufen kann. Wie bei den Sammelkarten zu Schulzeiten enthält jedes Kartenpack Karten, die einen unterschiedlichen Seltenheitsgrad haben. Es gibt gewöhnliche, seltene, epische und legendäre Karten. Manche davon glitzern golden und sind animiert. Jedes neue Kartenpack ist wie ein Lotterielos. Ist diesmal die heiß ersehnte Karte dabei? Wer eine Weile spielt, möchte natürlich alle Karten haben. Das liegt auch daran, dass die Karten hübsch gestaltet sind. Die Figuren haben einen hohen Wiedererkennungswert und verbinden episches Fantasy-Artwork mit humoristischen Comic-Stil.
3. Gratis, aber trotzdem gut
Die meisten Gratisspiele – vor allem im Mobile-Sektor – sind furchtbar schlecht. Entweder die Spiele bieten keinen Langzeitspaß oder aber sie verlangen nonstop, dass man in das angebliche Gratisspiel doch Geld investiert. „Hearthstone“ ist anders. Zwar kann man Geld in das Spiel investieren, und tatsächlich verdient sich Hersteller Blizzard mit jeder Erweiterung eine goldene Nase, aber man hat mit dem Spiel auch jede Menge Spaß, ohne einen Cent zu investieren. Ich habe „Hearthstone“ das erste Jahr komplett gratis gespielt und erst Geld ausgegeben, als ich nach einem Jahr Nonstop-Zocken immer noch begeistert war. Es gibt kaum andere Gratis-Games, mit denen das möglich wäre.
4. Spaß am Zuschauen
Eines Samstags ging es los: Ich war selbst etwas erschöpft vom Zocken, wusste aber nicht, was ich stattdessen auf Netflix schauen sollte. Dann las ich, dass auf der Streaming-Plattform Twitch gerade ein „Hearthstone“-Turnier übertragen wird. Ich schaute zu. Und dann war der Samstag plötzlich vorbei. Seitdem schaue ich fast täglich Live-Streams von „Hearthstone“. Um das Spiel hat sich eine gigantische Community entwickelt. Manche streamen das Spiel hauptberuflich für Zehntausende und es gibt über das Jahr verteilt etliche eSport-Turniere, in denen die besten Spieler der Welt vor Publikum gegeneinander antreten.
Fakt ist: „Hearthstone“ macht Spaß zuzuschauen. Tatsächlich kenne ich Menschen, die das Spiel selbst nicht zocken, aber gerne die Live-Streams schauen. Man kann der Handlung des Spiels nämlich auch als Laie leicht folgen. Als Spieler verbessert man beim Zuschauen ganz nebenbei die eigenen Fähigkeiten, denn vor jedem Zug überlegt man sich, wie man diesen Zug selbst spielen würde – und freut sich, wenn der Profi genau so entscheidet.
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5. Gewinnen, gewinnen, gewinnen!
Sammeln, neue Strategien ausdenken, Turniere schauen. Das alles trägt dazu bei, dass man sich täglich mit „Hearthstone“ befasst. Der größte Suchtfaktor an diesem Online-Kartenspiel ist jedoch das Duell gegen andere Spieler. Genauer: Der Sieg in einem Duell gegen einen anderen Spieler. Der Wettkampf steht bei „Hearthstone“ im Zentrum. Man misst sich mit anderen Spielern, klettert mit jedem Sieg eine Rangliste hoch und schaltet so wieder neue Belohnungen frei. Es ist enorm befriedigend, wenn die eigene Taktik aufgeht, man die Strategie des Gegners durchschaut und ihn anschließend besiegt. Für krankhaft ehrgeizige Menschen wie mich ist dieses Gefühl wie eine Droge. Gewinnen, gewinnen, gewinnen! Wenn man gerade einen Lauf hat, vergehen fünf, sechs Stunden wie im Flug. Und plötzlich hat man dann 1.500 Stunden Spielzeit auf dem Buckel. Hach, ich liebe „Hearthstone“!