24. Februar 2023, 18:35 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Der „NFT“-Markt ist in den vergangen Jahren rasant gewachsen. Worum es sich dabei handelt und was das Ganze mit Krypto zu tun hat, erklärt TECHBOOK.
NFTs haben sich zu einem Milliardengeschäft entwickelt. Während das Transaktionsvolumen noch 2020 gerade einmal 16 Millionen US-Dollar betrug, prognostiziert Statista für 2023 einen Wert von mehr als 3,5 Milliarden USD. Das ist ein Zuwachs von riesigen 21.775 Prozent innerhalb von nur drei Jahren. Trotz der steigenden Popularität sind NFTs für viele Menschen weiterhin ein Rätsel. Wir erklären, wie sie funktionieren.
Übersicht
Der Begriff „NFT“ erklärt
NFT steht für „Non-Fungible Token“ und beschreibt einen nicht-austauschbaren Wert. Damit steht ein NFT im Gegensatz zu austauschbaren Werten, wie etwa einer Währung. Fungibilität, oder Austauschbarkeit, ist ein Begriff aus der Wirtschaft und dem Finanzwesen. Das ist die Möglichkeit, einen Gegenstand mit einem ähnlichen Gegenstand mit vergleichbarem Wert auszutauschen. Zum Beispiel können vier 5-Euro-Scheine gegen einen 20-Euro-Schein getauscht werden, ohne dass sich der Wert dabei ändert. Nicht-„fungible“ Werte, NFTs, sind das genaue Gegenteil. Jedes NFT ist einzigartig und kann nicht durch einen anderen Gegenstand ersetzt werden.
Ein gutes Beispiel für solche Gegenstände sind etwa berühmte Gemälde. Man kann nicht einfach einen van Gogh mit einem Poster aus dem Museumsladen ersetzen. Das Poster hat nicht den gleichen Wert wie das echte Gemälde.
Warum sollte ich ein NFT kaufen, wenn das Bild im Internet frei verfügbar ist?
Fast jeder kann ein Bild online anschauen, kopieren und abspeichern. Ein NFT gibt den Kaufenden jedoch etwas, was nicht kopierbar ist. Und zwar den Besitz eines Werkes. Man kann sich NFTs wie Sammelobjekte vorstellen. Wie Gemälde, Briefmarken, Comics – nur eben in digitaler Form. Auf den ersten Blick sieht es allerdings so aus, als würde man etwas kaufen, was es im Internet schon umsonst gibt. Etwa Bilder und Videos. Ein Slam Dunk von LeBron James wurde etwa für 208.000 US-Dollar als Sammelkarte verkauft. Das Video ist aber im Internet frei verfügbar.
Das Problem an der Sache: ein Sammelobjekt im echten Leben ist greifbar. Ein Gemälde wie die Mona Lisa sieht unter Umständen anders aus als Kopien in Poster-Form. Digitale NFTs hingegen sind optisch nicht von ihren Kopien zu unterscheiden. Lediglich eine darunter liegende Verschlüsselung garantiert, dass es das Original ist. Ein NFT ist also nur wertvoll, weil ihm andere einen imaginären Wert zuweisen.
Im Kontext des LeBron-Dunks heißt das etwa: die Sammelkarte mit dem Video ist der offizielle NBA-Clip. Den offiziellen Clip zu haben, ist das Prestige, das der Karte ihren Wert verleiht. Nur wer diese Karte hat, besitzt den Clip auch wirklich. Alles andere sind Imitate.
Wie wird sicher gestellt, dass ein Original nicht einfach kopiert wird?
NFTs sind Teil der Ethereum-Blockchain. Das ist das grundlegende Gerüst für die Kryptowährung „Ether“, nach Bitcoin die zweitwertvollste der Welt. Mittlerweile gibt es zwar auch andere Blockchains, die NFTs eingeführt haben, das Ethereum-Netzwerk ist aber weiterhin die größte NFT-Plattform.
NFTs sind also eine Art von Kryptowährung. Im Unterschied zu Bitcoin, Ether und anderen sind sie jedoch einzigartig. Sie haben eine Art digitale Signatur – ähnliche wie die Signatur eines großen Malers oder einer großen Malerin. Damit lässt sich immer das Original als Original erkennen, auch wenn es massenhaft ähnliche Kopien davon gibt.
Die Blockchain ist mit einer Buchführung eines Kontos vergleichbar, die jedoch online und rein digital stattfindet. Sie ist ein sicheres Mittel, den Verkauf von digitalen Objekten zu verfolgen. Anders als in einem Kontobuch sind NFTs jedoch als eine Aneinanderreihung von Zahlen und Buchstaben gespeichert. In dieser virtuellen Urkunde sind Informationen über den Besitzer oder die Besitzerin eines NFTs, sowie das Verkaufsdatum und an wen es verkauft wurde, abgelegt. Mit dem Kauf wird die eigene Transaktion des Geldes, das man für ein NFT ausgibt, der Liste der vorherigen Transaktionen hinzugefügt. Das Abspeichern dieser Daten in der Blockchain garantiert die Echtheit und Einzigartigkeit des NFTs.
Lesen Sie mehr zum Thema Blockchain: Kryptowährung Bitcoin und die Blockchain einfach erklärt
Wer braucht NFTs überhaupt?
Das löst ein Problem, das vor allem Kreative im Internet oft haben. So können sie sicherstellen, dass ihre Werke nicht einfach im Internet kopiert werden. Durch die Schaffung eines einzigartigen Originals steigt dessen Wert. Von jedem NFT kann immer nur ein Original existieren, das auch authentisch ist.
Das Ziel ist es also, eine künstliche Knappheit zu erschaffen. Ein gutes Beispiel ist etwa ein Streaming-Dienst wie Spotify. Für ihre Songs auf Spotify bekommen Musiker nur geringe Beträge. Wenn jedoch ein Song als NFT nur einziges mal als Original im Internet zu haben ist, steigt der Wert immens. Es mag Kopien von dem Song geben, aber nur eine Person kann tatsächlich das Original besitzen. Außerdem kann die Urheberin oder der Urheber eines NFTs darin etwa festlegen, dass bei jedem Weiterverkauf des Tokens ein gewisser Betrag an sie oder ihn abgeht.
Auch können Kreative dank NFTs Dinge anbieten, für die es vorher keine Verkaufsplattform gab. Zum Beispiel GIFs oder Sticker zum Verschicken über Messenger. NFTs können im Prinzip alles sein, was sich digital abspeichern lässt. Im Moment liegt der Fokus aber auf digitaler Kunst.
NFTs von Spekulation angetrieben
Auch für gewiefte Sammler sind NFTs eine Möglichkeit, Geld zu machen. Wie auf dem Kunstmarkt kann man ein NFT kaufen und darauf spekulieren, dass der Wert steigt. Jemand hat beispielsweise einen „Gucci Ghost“ für 3600 US-Dollar auf der Seite „Nifty Gateway“ erstanden und verlangt nun 16.300 US-Dollar dafür. Der ursprüngliche Preis zur Erstellung des Bilds betrug 200 US-Dollar.
Welche Arten von NFTs gibt es?
NFTs kommen, digitaler Kunst und Sport-Sammelobjekten, aber auch Videospielen zum Einsatz. Eine der ersten Anwendungen, die sich das NFT-Prinzip zu Nutze gemacht hat, ist das digitale Sammelspiel „CryptoKitties“ aus dem Jahr 2017. Spielende konnten Sammel-Katzen kaufen, tauschen und züchten. Jede neue Katze war ein NFT, damit war die Echtheit und Einzigartigkeit gewährleistet.
Die Originalkopie der „Nyan Cat“, ein populäres Meme aus dem Jahr 2011, teils Katze, teils Pop-tart (ein amerikanisches Süßgebäck) wurde erst im Februar für 300 Ether (ca. 600.000 US-Dollar) in einer Online-Auktion verkauft. Die US-Band Kings of Leon hat digital-only Album veröffentlicht und damit 2 Millionen US-Dollar eingenommen. Twitter-Gründer Jack Doseys erster Tweet wurde im März für 2,5 Millionen US-Dollar verkauft. Sogar die New York Times bietet Artikel als NFT an, für läppische 560.000 US-Dollar.
Das Auktionshaus Christie’s hat ebenfalls im März sein erstes rein digitales Kunstwerk in Form eines NFT für 69 Millionen US-Dollar versteigert – eine Bildercollage mit dem Namen „The First 5000 Days“, die 13 Jahre lang in Arbeit war.
Wie NFTs als Sammelkarten funktionieren, zeigt etwa die US-amerikanische NBA mit Top Shot. Nutzende können damit kurze Videos mit Basketball-Highlights sammeln. Seit Oktober 2020 hat NBA Top Shot damit mehr als 333 Millionen US-Dollar eingenommen.
Dass ein NFT einzigartig ist, heißt natürlich nicht, dass es jedes Objekt nur einmal gibt. Sammelkarten können etwa wie im echten Leben auch mehrfach existieren. Dank der Blockchain wird aber verfolgt, wann jede einzelne Karte ihre Besitzerin oder Besitzer gewechselt hat.
Einfach erklärt Was ist Ethereum? Die Kryptowährung im Überblick
Ratgeber 5 Marktplätze, auf denen Sie NFTs kaufen und verkaufen können
Von Airdrop bis Zero Knowledge Kryptobegriffe, die man kennen sollte
Probleme mit dem NFT-Markt
Wer garantiert, dass ein Werk einzigartig bleibt?
Ein NFT von einem Künstler oder einer Künstlerin zu kaufen, bedeutet übrigens nicht, dass diese ihr Urheberrecht daran verlieren. Das ist eines der potenziellen Probleme mit NFTs. Denn was ist, wenn jemand entscheidet, das gleiche Kunstwerk, das man bereits gekauft hat, einfach ein zweites Mal zu verkaufen? Eine Lösung dafür bietet der junge NFT-Markt bislang nicht. Deshalb ist es wichtig, darauf zu achten, dass die verkaufende Person vertrauenswürdig ist. Erste Anlaufstelle sollten daher bekannte Verkaufsplattform wie Nifty Gateway, OpenSea und Rarible sein.
Enorm hoher Energiebedarf
Wie auch andere Kryptowährungen benötigen NFTs immer größere Mengen an Energie, weil Blockchains extrem hungrig nach Rechenleistung sind. Einige Kreative haben deswegen schon angekündigt, in Zukunft keine NFTs mehr erstellen zu wollen, um den Energiebedarf nicht noch weiter in die Höhe zu treiben.
NFTs sind nicht vor Löschung geschützt
Anstatt etwa ein Gemälde zu kaufen, das man sich dann ins Wohnzimmer hängen kann, erwirbt man beim Kauf eines NFTs nur eine Art Eigentumsurkunde – nicht das NFT selbst. Die Urkunde in der Blockchain enthält zwar alle Informationen über Urheberschaft, Transaktionen und Besitz eines NFTs und ist als solche nicht löschbar. Das NFT jedoch muss irgendwo auf einem Server hinterlegt sein.
Mit dem Kauf eines NFT bekommt man praktisch nur den Zugangscode zum NFT. Wenn die Webseite gelöscht oder der Server umgezogen wird, auf dem das NFT hinterlegt ist, führt dieser Code ins Nichts. In diesem Fall ist der Besitz eines NFTs nichts anderes als ein toter Link im Internet.
Die Frage nach dem Wert
Auch ist fraglich, ob der Besitz eines einzigartigen NFTs allein dieses auch wertvoll macht. Zwar hält ein Käufer oder eine Käuferin das originale, echte NFT inne. Da es sich jedoch um digitale Kunst handelt, kann diese Person nicht andere davon abhalten, das Bild zu kopieren und online zu teilen.
Sind NFTs also eine sich entwickelnde, digitale Blase? Befürwortende halten NFTs für die nächste digitale Revolution. Aber es gibt noch viele ungeklärte Fragen. Wenn ich ein NFT kaufe, wer garantiert mir, dass es das Geld auch Wert ist? Der Wert eines Objekts ist nur solange gegeben, wie es Personen gibt, die dafür Geld ausgeben. Wie andere Kryptowährung haben NFTs keinen Gegenwert in der realen Welt. Würden etwa alle von einen Tag auf den anderen entscheiden, alle ihre NFTs zu Geld zu machen, wer würde sie dann kaufen?