30. Juni 2020, 23:45 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Im Rahmen des Konjunkturpakets hat die Bundesregierung die Senkung der Mehrwertsteuer ab Juli 2020 beschlossen. Doch was bedeutet das für die Preise der Internet- und Mobilfunktarife der Deutschen Telekom, von Vodafone, O2, 1&1 und Co.? TECHBOOK hat bei den Providern nachgefragt.
Um die Wirtschaft nach den Folgen des Coronavirus wieder etwas anzukurbeln, hat die Bundesregierung beschlossen, die Mehrwertsteuer, kurz MwSt, temporär vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 zu senken – von 19 auf 16 Prozent und für den verminderten Satz von sieben auf fünf Prozent. Im kommenden Jahr steigt sie dann wieder auf das vorherige Niveau. Diese vorübergehende Maßnahme bedeutet für die Unternehmen eine große Umstellung. Viele müssen ihre IT-Systeme entsprechend aktualisieren und Preise anpassen. Das kostet Zeit und ist auch mit zum Teil hohen Kosten verbunden.
Die großen Unternehmen gehen daher ganz unterschiedlich mit dieser Senkung um. Denn sie sind nicht gezwungen, die Bruttopreise für ihre Produkte zu senken. Manche, allen voran die großen Lebensmittelketten, haben bereits angekündigt, die Ersparnis vollständig an ihre Kunden weiterzugeben. Andere wiederum sehen davon ab, da ihnen der Aufwand zu groß erscheint, oder sie international agieren und andere Länder preislich nicht benachteiligen möchten. Doch wie sieht es mit den großen Internet- und Mobilfunkanbietern aus? Geben auch sie die Ersparnis der Mehrwertsteuer an ihre Kunden weiter?
So reagieren die Anbieter auf die Senkung der Mehrwertsteuer
Nach TECHBOOK-Anfrage bekamen wir überraschend positive Resonanz von den Providern.
Deutsche Telekom
So bestätigte die Deutsche Telekom als erstes Telekommunikations-Unternehmen, die Mehrwertsteuersenkung an ihre Kunden weitergeben zu wollen. Die Anpassung in den monatlichen Tarifkosten soll automatisch und pünktlich ab 1. Juli erfolgen, so der Netzbetreiber. Sie gilt für alle bestehenden Anschlüsse, die die Telekom vermarktet – also sowohl für die (V)DSL- und TV-Pakete als auch die Mobilfunkangebote des Bonner Providers.
Mobilfunk-Discounter im Telekom-Netz
Die Preisanpassung gilt auch für die Mobilfunk-Discounter, die im Telekom-Netz tätig sind. So hat Congstar ebenfalls bestätigt, die Kostenersparnis durch die Mehrwertsteuer an seine Kunden weiterzugeben. Ab dem 1. Juli wird der Anbieter die Bruttopreise für Tarife (Prepaid und Laufzeit), Optionen und Endgeräte senken. Die Anpassung gilt ebenfalls bis Ende des Jahres.
Congstar steht auch hinter den Marken Penny Mobil und ja!mobil. Die Umsetzung gilt also auch für die Prepaid-Discounter. Der Preis für das Starterpaket beträgt demnach – statt 9,95 Euro – nur noch 9,70 Euro. Auch die Options-Preise werden automatisch angepasst. Der noch relativ neue Smartphone-Tarif fraenk beteiligt sich ebenfalls. Statt 10 Euro pro Monat wird für die Allnet-Flat mit 4 GB Datenvolumen nur noch 9,75 Euro pro Monat über PayPal abgebucht. 2 GB Extra-Daten kosten für die Dauer der Mehrwertsteuersenkung 4,88 Euro statt 5 Euro pro Buchung.
Vodafone
Auch Vodafone hat sich nach internen Beratungen dazu entschieden, die Ersparnis durch die Senkung der MwSt an seine Kunden weiterzugeben. Der CEO von Vodafone Deutschland, Hannes Ametsreiter, sagt dazu: „Wir werden die geplante Mehrwertsteuerabsenkung an unsere Kunden weitergeben. Daran arbeiten viele Kollegen im Konzern derzeit hart. Wir sind guten Mutes, bis zum 1. Juli unsere Systeme entsprechend umgestellt zu haben, damit die Menschen von dieser Maßnahme zeitnah profitieren.“
Vodafone bietet mittlerweile eine Vielzahl an unterschiedlichen Tarifen sowohl aus dem Mobilfunk- als auch TV-, (V)DSL- und Kabel-Bereich an. Hier dürfen sich also nicht nur Handynutzer mit Vodafone-Vertrag freuen, sondern auch diejenigen Kunden mit einem Kabelvertrag der ehemaligen Anbieter Kabel Deutschland und Unitymedia, die Vodafone mittlerweile übernommen hat.
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Telefónica/O2
Auch O2 wurde von uns im Rahmen der Berichterstattung angefragt. Der dritte deutsche Netzbetreiber reagierte zunächst zögerlich auf unsere Anfrage, da die Umstellung nicht nur einen hohen Aufwand, sondern auch hohe Kosten verursache. „In der Telekommunikationsindustrie mit zumeist festen Vertragslaufzeiten und gleichzeitig niedrigen monatlichen Kundenumsätzen wird sich absehbar aus Verbrauchersicht kein signifikanter Effekt einstellen können“, so der Netzbetreiber in einer ersten Stellungnahme gegenüber TECHBOOK. Bei laufenden Verträgen würden sich die monatlichen Einsparungen lediglich im Cent-Bereich bewegen, weshalb sich hier kein konjunkturell wirksamer Kaufimpuls ergeben würde.
Dennoch sei man nun zu dem Entschluss gekommen, die Ersparnis durch die Mehrwertsteuersenkung – so gering sie unterm Strich auch ist – an die Kunden weiterzugeben. Ein Sprecher bestätigte uns dies in einem weiteren Telefonat: „Selbstverständlich geben wir die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer an unsere Kunden weiter. Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck daran, dies auf praktikable Weise umzusetzen.“
Wie das Konzept am Ende allerdings aussieht, steht derzeit noch nicht fest, da der Provider nicht bei jedem Produkt das gleiche Vorgehen umsetzen kann. So wäre es denkbar, beispielsweise bei Laufzeitverträgen eine Preisanpassung vorzunehmen, bei Prepaid-Produkten aber auf ein Gutschrift-Konzept zu setzen.
Die Telefónica steht nämlich nicht nur hinter den Verträgen von O2, sondern auch hinter anderen, kleineren Mobilfunkanbietern. Dazu gehören beispielsweise die Prepaid-Marken Blau und Ortel Mobile. Hier wird es die Anpassungen somit auch geben.
Genau Details zu den weiteren Schritten diskutiert das Unternehmen derzeit intern. Man wolle nähere Informationen dazu nachreichen, sobald diese feststehen.
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1&1
Die United Internet AG, hierzulande besser bekannt unter der Marke 1&1, wird seine Preise ebenfalls anpassen. Es kann allerdings sein, dass sich der Vorgang etwas verzögert, da hierfür eine „umfangreiche Anpassung der IT-Systeme“ notwendig ist. Die Mitarbeiter arbeiten laut Unternehmen jedoch bereits mit Hochdruck an der Umstellung, sodass man zuversichtlich ist, die zum 1. Juli beschlossene Senkung der Mehrwertsteuer zeitnah an die Kunden weitergeben zu können. Zum Repertoire des Providers gehören vor allem Handytarife, die im Netz von O2 und Vodafone realisiert werden, sowie DSL-Anschlüsse.
Drillisch
Der Mobilfunkanbieter Drillisch gehört zu United Internet. Wenig verwunderlich greifen hier somit die gleichen Beschlüsse wie für 1&1. Drillisch vereint unter seinem Dach verschiedene Tarifmarken der Mobilfunksparte. Zu den bekanntesten gehören die Angebote von PremiumSIM, winSIM, handytarife.de, simply, sim.de und yourfone. Festnetz- und Internet-Tarife gibt es hier jedoch nicht.
Zu der geplanten Änderung äußert sich Drillisch wie folgt: „Die 1&1 Drillisch AG arbeitet mit Hochdruck daran, die zum 1. Juli beschlossene Senkung der Mehrwertsteuer umzusetzen, um sie an die Kunden weiterzugeben. Die konkrete Umsetzung erfordert allerdings eine umfangreiche Anpassung der IT-Systeme, an der bereits gearbeitet wird.“ Auch hier kann es unter Umständen also zu kleineren Verzögerungen in der neuen Abrechnung kommen.
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Wie viel Ersparnis macht die Mehrwertsteuersenkung aus?
Alle Provider betonen einen Fakt gleichermaßen: Die Steueranpassung innerhalb der IT-Systeme ist aufgrund der verschiedenen Tarif- und Vertrags-Konzepte kompliziert, dauert einige Zeit und verursacht zum Teil hohe Kosten. Und das am Ende für eine recht kleine Ersparnis für den individuellen Kunden. Dennoch möchten alle von TECHBOOK angefragten Unternehmen die Senkung der Mehrwertsteuer weitergeben – ein positiver und sehr kundenfreundlicher Schritt!
In Deutschland fallen auf DSL-, Kabel- oder Handytarife 19 Prozent Mehrwertsteuer an. Durch die Reduzierung sinkt der Satz bis Jahresende auf 16 Prozent. Geben die Anbieter die Ersparnis vollständig an ihre Kunden weiter, würde das für sie eine Senkung der monatlichen Kosten von 2,52 Prozent bedeuten. Unterm Strich also nicht besonders viel. Ein paar Beispiele:
Zahlen Kunden für ihren Tarif monatlich 9,99 Euro, sparen sie nach dem reduzierten Mehrwertsteuersatz 25 Cent im Monat. Über den Zeitraum von sechs Monaten, in denen die Senkung greift, ergäbe sich somit eine Gesamtersparnis von 1,50 Euro.
Bei einem fiktiven Monatspreis von 30 Euro würden Kunden monatlich gerade einmal 76 Cent sparen. Die Gesamtersparnis läge hier bei 4,56 Euro.
Bei einem 70 Euro teuren Tarif würde sich der Kostenvorteil gegenüber der regulären Mehrwertsteuer auf monatlich 1,76 Euro belaufen, also insgesamt 10,56 Euro bis zum Jahresende.