21. März 2020, 14:00 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Mit seiner Kindle-Reihe bestimmt Amazon den E-Book-Reader-Markt und der Kindle Oasis ist das Premium-Gerät des amerikanischen Unternehmens – das sieht man auch am stolzen Preis von 230 Euro. TECHBOOK hat den Kindle Oasis der 3. Generation mehrere Wochen auf Herz und Nieren getestet.
Seit 2007 vermarktet Amazon unter der Kindle-Marke seine eigenen E-Book-Reader. Und das sehr erfolgreich. Das aktuelle Premium-Gerät, den Kindle Oasis der 3. Generationen gibt es in den Farben Gold und Anthrazit. Der Preis für das „günstigste“ Modell mit 8GB liegt bei 230 Euro; die Variante mit 32GB und kostenlosem 4G liegt preislich sogar bei 320 Euro. TECHBOOK hatte den Kindle Oasis für acht Wochen im intensiven Test.
Verarbeitung und Haptik
Schon die beiden Vorgänger der Oasis-Reihe waren hochwertig verarbeitet und auch beim Gerät der 3. Generation, das wir getestet haben, gab es absolut keine Mängel. Das Gehäuse ist aus Aluminium und fühlt sich, auch aufgrund der schön abgerundeten Kanten, angenehm an. Dank des seitlichen Griffs liegt der Reader wirklich gut in der Hand und schont auch bei stundenlangen Leseorgien die Handgelenke. Generell ist das Gerät mit 188 Gramm trotz des seitlichen Griffs sehr leicht. Die Anzeige dreht sich automatisch, man kann also bequem von einer Hand in die andere wechseln.
Am Gehäuse befinden sich drei haptische Knöpfe: Einer am, wenn die Halterung rechts ist, oberen Rand zum Ein- und Ausschalten des Geräts. Die anderen beiden sitzen auf der Vorderseite des Griffs und ermöglichen das unkomplizierte Umblättern mit dem Daumen. Wer lieber wie auf dem Smartphone-Display hin und her wischt, kann auch auf diese Weise vor- und zurückblättern. Durch die Tasten, die ein Alleinstellungsmerkmal in der Kindle-Reihe sind, fällt die einhändige Bedienung wesentlich leichter – auch als beim herkömmlichen Buch.
Display
Nicht nur das Gehäuse fällt ungewohnt quadratisch aus, auch das Display ist mit 7 Zoll etwas breiter, als es der geübte E-Book-Leser gewohnt sein dürfte. Die Auflösung ist mit 300 Pixeln pro Inch (1680 x 1264 Pixel) sehr scharf und liefert ein ebenso gutes Schriftbild wie schon der Vorgänger. Die 25 verbauten LEDs leuchten das Display außerdem gleichmäßig aus und die E-Ink-Technologie gestaltet die Kontraste angenehm und klar.
Wie funktioniert ein E-Ink-Display?
E-Ink-Displays sind auch als elektronisches Papier bekannt, dessen Vorteile in der flimmerfreien, blendarmen und bei Sonnenlicht besonders guten Ablesbarkeit liegen. Die Darstellung erinnert an bedrucktes Papier und ist besonders augenschonend.
In einer Kunststoffschicht befinden sich Tausende kleine, von einer Ölhülle umgebene Kügelchen, die sowohl positiv geladene weiße Partikel als auch negativ geladene schwarze Partikel enthalten. Durch Zufügen von Spannung wird bestimmt, ob die weiße oder schwarze Seite angezeigt wird, das Pixel also sichtbar ist oder nicht. Bis zu 16 unterschiedliche Graustufen lassen sich so durch unterschiedliche Intensität und Dauer der Spannung darstellen. Wird die Stromzufuhr beendet, bleibt die Anzeige bestehen. Sie verändert sich erst wieder, wenn erneut Spannung zugeführt wird. Das bedeutet, dass E-Book-Reader nur beim Umblättern Strom benötigen.
Dank eines eingebauten Sensors passt sich das Display des Kindle Oasis außerdem der Umgebungshelligkeit an. Mit dem neueingeführten Nachtlicht reguliert sich die Helligkeit außerdem schrittweise nach unten, was beim Lesen zuerst nicht auffällt, die Augen aber unterm Strich doch spürbar entlastet. Außerdem wurde mit der Funktion auch endlich ein Blaulichtfilter eingeführt, der bei Smartphones inzwischen zur Grundausstattung gehört und an den viele gewöhnt sind. Gewährt man Amazon Zugriff auf seine Standortdaten, kann der Kindle Oasis außerdem auf Sonnenauf- und -untergänge reagieren. Wer das nicht möchte, kann die Helligkeitsregulierung auch manuell auf eine bestimmte Uhrzeit festlegen.
Auch Grundhelligkeit und Farbtemperatur lassen sich manuell regeln, indem man auf den oberen Rand des Bildschirms tippt, die Einstellungen öffnet und ein wenig mit den Reglern herumexperimentiert. Leider kann man dazu nicht die haptischen Tasten verwenden, die Regulierung funktioniert aber auch über das Display sehr gut. Generell reagiert der Touchscreen sehr schnell, vor allem für einen E-Book-Reader. Beim Umblättern trat allerdings einige Male der sogenannte Ghosting-Effekt auf, bei dem kurzzeitig eine schwache Kopie der vorherigen Seite noch zu sehen ist, wenn man bereits umgeblättert hat. Wenn man in den Einstellungen auf eine vollständige Seitenaktualisierung setzt, lässt sich das zwar beheben, dafür flackert das Display kurz. Beides beeinträchtigt das Leseerleben allerdings nicht, sodass das Display in seiner Gesamtheit trotzdem vollständig überzeugt.
Akkulaufzeit und Bedienung
Der Kindle Oasis wird per Micro-USB-Anschluss aufgeladen, die Akkukapazität liegt wohl bei ca. 1130-1140 mAh – Amazon macht dazu keine genauen Angaben. Je nach eingestellter Helligkeit hielt unser Testgerät im Maximaleinsatz zwischen drei und dreieinhalb Stunden. Im Standby hielt der Oasis ganze vier Tage durch. Damit kann die Akkuleistung zwar in keine Bestenliste einziehen, ist aber angesichts der Displayleistung auf jeden Fall ausreichend und verkraftbar.
Pluspunkte sammelt der E-Book-Reader dafür bei der Bedienung, die wirklich sehr intuitiv ist. Mit einem Tipp auf den oberen Displayrand öffnet man das Menü, zieht man den unteren Rand nach oben, kann man größere Seitensprünge machen. Die Schriftgröße kann jederzeit über ein Auseinander- oder Zusammenziehen der Finger auf dem Display geändert werden. Besonders positiv fiel im Test die Wörterbuchfunktion auf, die man zusammen mit den Notizen durch ein langes Tippen auf ein Wort öffnen kann.
Wasserfest und per Bluetooth koppelbar
Ein weiterer Pluspunkt ist auf jeden Fall, dass der Kindle Oasis nach IP68 wasserfest und staubdicht ist. Ein kurzes Bad in Süßwasser übersteht das Gerät also.
Über das Menü kann man außerdem Bluetooth aktivieren und mit Kopfhörern oder Lautsprechern koppeln. Das ist besonders für Audible-Nutzer interessant und im mehrfachen Test hat die Kopplung immer einwandfrei funktioniert. Die Audio-Kopplung ist leider auf die Amazon-Systeme beschränkt; andere Dateiformate können nicht übertragen oder abgespielt werden. Das hat wiederum den Vorteil, dass innerhalb dieses Systems und somit auch auf dem Kindle alles reibungslos funktioniert. Der experimentelle MP3-Player, den Amazon seit einiger Zeit auf Kindle-Geräten testet, hat bei uns nicht funktioniert.
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Praktische Funktionen
Schon im ersten Kindle Oasis gab es eine Reihe nützlicher Funktionen, die Amazon in den folgenden Generationen übernommen und teilweise ausgebaut hat. Im mehrwöchigen TECHBOOK-Test haben sich einige Favoriten herauskristallisiert.
Wie auch schon beim Test von Amazon Prime Video hat sich auch beim Kindle Oasis die X-Ray-Funktion bewährt. Öffnet man die Funktion über den Bereich „Buchinformationen“, der automatisch angezeigt wird, wenn man das Titelblatt eines E-Books öffnet, kann man sich beispielsweise alle Bilder mit Beschreibungen anzeigen lassen. Aktiviert man die Funktion auf einer Seite mitten im Buch, indem man die Menüleiste oben öffnet und unter „Einstellungen“ X-Ray anwählt, zeigt einem das Tool nützliche Hintergrundinfos zu den Charakteren an, die auf der aktuellen Seite erwähnt werden. Außerdem wird angezeigt, wie häufig die Figur insgesamt im Buch erwähnt wird; mit einem Tippen auf die Zahl können Sie die entsprechenden Zitatstellen mit der dazugehörigen Position im E-Book ansehen. Übrigens kann der interessierte Nutzer auch jederzeit Feedback zu dieser speziellen Funktion geben, indem man, wenn das Tool geöffnet ist, auf die Menüpunkte am oberen Bildschirmrand tippt.
Als unerwartet praktisch und angenehm hat sich auch die Möglichkeit erwiesen, den Touchscreen zu deaktivieren. Das funktioniert über das Öffnen der Menüleiste im Buch mit einem Tippen auf den oberen Bildschirmrand und dem Anwählen des Reiters „Touchscreen deaktivieren“ im Menü oben rechts. Blättern kann man dann nur noch über die Tasten am Griff. Damit fallen zwar weitere praktische Funktionen des E-Book-Readers wie die Notizen, das Wörterbuch oder auch der Vokabeltrainer weg. Dafür ist das Leseerlebnis noch dichter an dem eines gedruckten Buchs, es gibt weniger ablenkende Möglichkeiten. Die Funktion können Sie außerdem jederzeit wieder deaktivieren, indem Sie über den Knopf am Gehäuserand den Kindle kurz aus- und wieder einschalten.
Besonders positiv aufgefallen sind auch die vielen unterschiedlichen Bildschirmschoner des Amazon Kindle Oasis, was deswegen an dieser Stelle auch noch kurz Erwähnung finden soll. Wie schon bei den beiden Vorgängern wird im Standby-Modus ein dezentes und zurückhaltendes Bild angezeigt. Das frisst auch kaum Akku, da die Display-Beleuchtung dabei deutlich heruntergefahren wird.
Amazon Kindle Oasis 3. Gen
Intuitive Bedienung, Haltegriff mit haptischen Tasten, tolles Display, Nachtlichtfunktion, praktische Features, wasserdicht
Bildschirmflackern/Ghosting, Preis, enge Bindung an Amazon, Akkulaufzeit, kein USB-C
Unser Fazit
„Im Test hat sich gezeigt, dass der Amazon Kindle Oasis der 3. Generation super funktioniert. Das Premium-Modell der E-Book-Reader hat vor allem mit der neueingeführten Nachtlichtfunktion ein praktisches Feature mit an Bord. Insgesamt ist der Funktionsumfang sehr groß, die Verarbeitung hochwertig und das Leseerlebnis einwandfrei. Ein echtes Highlight bieten auch die Tasten am Griff – zwar keine Neuheit, aber immer wieder angenehm für die Bedienung. Abstriche gibt es nur wenige wegen der etwas schwächeren Akkuleistung und dem leichten Flackern beim Umblättern. Was natürlich ins Gewicht fällt, ist der Preis von mindestens 230 Euro. Damit richtet sich der Oasis eher an eine erfahrene Lesergruppe, die schon länger ihre Bücher digital lesen. Als Einstiegsgerät ist der Oasis eher nicht geeignet. Wer aber nach einem hochwertigen E-Book-Reader sucht und auch bereit ist, sich komplett auf das Amazon-System einzulassen, für den dürfte der Kindle Oasis perfekt geeignet sein.“– Marlene Polywka, Autorin