18. Juni 2020, 11:10 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten
Kunden, die bei ihrem Mobilfunkanbieter einen neuen Vertrag abschließen, bekommen häufig ein Handy dazu. Aber lohnt sich dieser Deal wirklich? TECHBOOK rechnet nach und spricht mit Experten.
Um neue Kunden anzulocken, werben Mobilfunkanbieter oft mit tollen Vertragskonditionen. Nahezu jedes Smartphone können Verbraucher inzwischen gemeinsam mit einem Vertrag erhalten – und bekommen es so augenscheinlich günstiger als wenn es einzeln gekauft wird. Bei den vielen unterschiedlichen Angeboten ist es jedoch schwer, den Überblick im Preisdschungel zu behalten: Wann ist das Handy wirklich günstiger, wann zahlen Kunden drauf? Wer auf ein paar Dinge achtet, kann dies jedoch leicht herausfinden.
Smartphone zum Vertrag: Der Gerätepreis ist entscheidend
Der Telekommunikations-Experte Daniel Pöhler vom Magazin Finanztip hat sich diverse Handyverträge angesehen, bei denen Kunden ein Smartphone erhalten. Dabei kam heraus, dass ein Abschluss nicht immer zu empfehlen ist. „Für günstige Smartphones bis 400 Euro lohnt sich das so gut wie nie.“ Solche Geräte sollten Verbraucher daher lieber im Laden oder im Internet kaufen und zusätzlich einen Vertrag ohne Smartphone abschließen.
Bei deutlich teureren Smartphones sieht es anders aus. „Hierfür kann es Verträge mit Geräten geben, die sich richtig lohnen“, sagt Pöhler gegenüber TECHBOOK. Der Telekommunikationsexperte des Vergleichsportals Verivox, Christian Schiele, bestätigt die Aussage: „Zwar subventionieren die Provider die Geräte nicht mehr so stark wie früher, dennoch gibt es immer wieder gute Angebote – insbesondere bei neuen, vergleichsweise teuren Smartphones.“
Lange Zeit konnten Kunden bei Vertragsabschluss nicht genau erkennen, welche Extrakosten sie eigentlich für das Smartphone bezahlen. Mittlerweile gehen die meisten Mobilfunkanbieter aber transparenter vor und listen die monatliche Hardwarepauschale ebenso auf, wie die Gesamtkosten des Gerätes, die über die Mindestlaufzeit von 24 Monaten anfallen.
Weniger Zuzahlung bedeutet oft höhere monatliche Kosten
Vorsichtig sollten Neukunden bei vermeintlichen Schnäppchen sein. Viele Anbieter werben immer noch mit Smartphones für nur einen Euro zum Vertrag. Experte Christian Schiele warnt allerdings vor solchen Angeboten. Sogenannte „1-Euro-Handys“ gebe es de facto nämlich nicht. „Zwar kostet das Gerät dann nur einen Euro einmalig, doch damit steigen die monatlichen Fixkosten. Man zahlt das Gerät über 24 Monate ab, ähnlich wie bei einem Kredit“, weiß Schiele.
Lesen Sie auch: Telekom MagentaMobil, Vodafone Red und O2 Free im großen Tarif-Vergleich
Denn allgemein gilt: Fällt die einmalige Zuzahlung für ein aktuelles Smartphone sehr niedrig aus, holen sich die Mobilfunkanbieter die Kosten über eine höhere monatliche Hardwarepauschale wieder zurück. Die Tarifkosten sind pro Monat also teurer. Zahlen Kunden hingegen eine höhere Einmalsumme für ihr gewähltes Smartphone an, können sie bei den monatlichen Kosten meist sparen.
TECHBOOK macht den Praxis-Test
„Wer ein Gerät beim Händler sofort bezahlen könnte, sollte ausrechnen, ob er in Kombination mit einem günstigen Tarif über 24 Monate weniger zahlen würde als mit einer Kombination aus Handy und Vertrag“, erklärt Schiele. Dies gelte umso mehr, wenn Kunden das Gerät länger als zwei Jahre nutzen würden.
TECHBOOK hat daher nachgerechnet und sich unterschiedliche Vertragsoptionen mit Smartphones ausgeschaut. Als Vergleichskriterium wählten wir einen Vertrag mit 6 Gigabyte (GB) Datenvolumen und einer Allnet-Flatrate (unbegrenzte Telefonate und SMS in alle Netze). Der Vergleich der Tarife erfolgte, am 18. Juni 2020.
Zur besseren Vergleichbarkeit wählten wir Anbieter aus, die einen Tarif mit den genannten Eckdaten im Angebot haben – die Deutsche Telekom, Telefónica/O2 sowie die eher günstige Drillisch-Marke PremiumSIM. Nicht in der Rechnung inkludiert sind Anschlussgebühren.
Über folgende Gleichung ermitteln wir die Kosten für das Smartphone und den Tarif, die über die gesamte Mindestlaufzeit von 24 Monaten anfallen.
Monatlicher Tarif-Preis x 24 + Handy-Preis = Preis für Smartphone und Vertrag für zwei Jahre
Damit die schlussendlich gezahlten Gerätekosten aber mit den Kosten vergleichbar sind, die Nutzer für das jeweilige Smartphone im Geschäft bezahlen würden, ziehen wir die Gesamtkosten ab, die die Anbieter für den Tarif ohne Hardware berechnen würden.
Diese Smartphones treten im Vergleich an
Für den Vergleich haben wir insgesamt vier Smartphones mit unterschiedlichen Preisen ausgewählt: Ein iPhone 11 Pro mit 64 GB, ein Samsung Galaxy S20+ mit 128 GB sowie die Modelle iPhone SE (2020) und Samsung Galaxy A51.
Das iPhone 11 Pro ist mit Preisen ab etwa 1100 Euro das teuerste Smartphone in unserem Vergleich. Apple bietet es für 1149 Euro in seinem Shop an. Mit rund 459 Euro (bei Apple direkt 479 Euro) ist das aktuelle iPhone SE deutlich günstiger.
Das Samsung Galaxy S20+ gibt es online über die etablierten Shops hingegen zu Preisen ab 739 Euro. Samsung selbst verkauft es für 949 Euro. Für das Galaxy A51 müssen Käufer hingegen rund 269 Euro in den Online-Shops bzw. 369 Euro im Samsung-Shop zahlen.
Doch rechnen wir einmal nach, wie teurer die Modelle bei den ausgesuchten Anbietern nach zwei Jahren wirklich sind:
Telekom
Bei der Telekom wählten wir den Tarif MagentaMobil S mit 6 GB Datenvolumen. Ohne Smartphone bietet die Telekom den Tarif bereits für 39,95 Euro an. Mit Smartphone-Option beginnen die Preise bei 49,95 Euro im Monat. Mindestens 10 Euro kommen hier also jeden Monat als Hardwarepauschale dazu. Bei unseren Beispielen beträgt sie sogar 20 Euro, wodurch sich ein Tarifpreis von monatlich 59,95 Euro ergibt.
Ziehen wir die Kosten für den Tarif ohne Smartphone von den Gesamtkosten mit Handy ab, ergeben sich bei der Telekom immer noch Smartphone-Preise, die über denen der Online-Händler liegen.
- iPhone 11 Pro: 1100 Euro (UVP 1149 Euro) vs. 1129,95 Euro im Vertrag
- Samsung Galaxy S20+: 739 Euro (UVP 949 Euro) vs. 979,95 Euro im Vertrag
- iPhone SE: 459 Euro (UVP 479 Euro) vs. 481 Euro im Vertrag
- Samsung Galaxy A51: 269 Euro (UVP 369 Euro) vs. 481 Euro im Vertrag
Am ehesten kommen die beiden iPhone-Modelle an die Preise des freien Handels heran. Hier zahlen Kunden unterm Strich also nur unwesentlich mehr. Anders sieht es bei den Android-Smartphones aus, deren Preise nach der Vorstellung erfahrungsgemäß sehr viel schneller sinken als die der preisstabilen iPhones. Die Telekom orientiert sich bei beiden nah an der unverbindlichen Preisempfehlung. So ergibt sich beim Galaxy S20+ eine Preisdifferenz von etwa 240 Euro gegenüber dem aktuellen Marktpreis, sodass Kunden bei einem Direktkauf besser wegkommen. Das gleiche gilt für das Mittelklasse-Smartphone Galaxy A51, dessen Finanzierung sich bei der Telekom aufgrund der deutlichen Mehrkosten – auch gegenüber der UVP – nicht lohnt.
Telefónica/O2
Bei Telefónica/O2 gibt es ebenfalls eine Allnet-Flat mit 6 GB Datenvolumen. Hier heißt der Tarif O2 Free S Boost und kostet ohne Handy 24,99 Euro im Monat. Anders als bei der Telekom fällt die Hardwarepauschale je nach Gerät sehr unterschiedlich aus und beträgt bei den Vergleichsgeräten zwischen 4 und 39 Euro. Dafür ist die einmalige Zuzahlung deutlich günstiger, sodass O2-Kunden zum Start des Tarifes bei höherpreisigen Smartphones etwas geringere Einmalkosten haben.
Unterm Strich zahlen Kunden bei O2 für ihr Gerät kaum mehr als beim Smartphone-Kauf im Handel. Im Gegenteil, beim iPhone 11 Pro, beim iPhone SE und beim Galaxy A51 sparen sie sogar.
- iPhone 11 Pro: 1100 Euro (UVP 1149 Euro) vs. 985 Euro im Vertrag
- Samsung Galaxy S20+: 739 Euro (UVP 949 Euro) vs. 745 Euro im Vertrag
- iPhone SE: 459 Euro (UVP 479 Euro) vs. 253 Euro im Vertrag
- Samsung Galaxy A51: 269 Euro (UVP 369 Euro) vs. 121 Euro im Vertrag
Die Finanzierung eines Smartphones über einen einen O2-Vertrag ist zumindest anhand der TECHBOOK-Beispiele somit durchaus zu empfehlen.
PremiumSIM
PremiumSIM ist eine Marke von Drillisch und wird im O2-Netz realisiert. Bereits seit einiger Zeit bietet das Mobilfunkunternehmen auch Smartphones zu seinen Tarifen an. Der LTE L für 14,99 Euro im Monat ist das Angebot, das mit den Tarifen der anderen Anbieter übereinstimmt, also ebenfalls eine Allnet-Flat und 6 GB Datenvolumen beinhaltet. Allerdings wirbt PremiumSIM regelmäßig mit Aktionen bei denen es extra Datenvolumen gibt, oder der Preis reduziert wird. Wir gehen in unserem Vergleich aber vom regulären Preis für den LTE L aus.
Das Ergebnis von PremiumSIM hat uns etwas überrascht. Denn bei den reinen Tarifen ist der Anbieter günstiger als der Netzbetreiber O2 selbst – obwohl beide auf das gleiche Netz zugreifen. Die Kosten für ein Smartphone liegen bei PremiumSIM zwar leicht über den von O2 – mit Ausnahme des iPhone 11 Pro. Das Galaxy A51 und das iPhone SE gibt es beim Anbieter aber dennoch günstiger als im Geschäft. Für das Galaxy S20+ verlangt PremiumSIM hingegen etwas mehr als den aktuellen Preis im freien Handel, wobei der Aufpreis von rund 25 Euro aber zu verkraften ist.
- iPhone 11 Pro: 1100 Euro (UVP 1149 Euro) vs. 979,99 Euro im Vertrag
- Samsung Galaxy S20+: 739 Euro (UVP 949 Euro) vs. 763,99 Euro im Vertrag
- iPhone SE: 459 Euro (UVP 479 Euro) vs. 384 Euro im Vertrag
- Samsung Galaxy A51: 269 Euro (UVP 369 Euro) vs. 216 Euro im Vertrag
Auch bei PremiumSIM lohnt es sich also, Tarife mit Smartphone abzuschließen. Eine Vorabkalkulation der am Ende entstehenden Kosten sollten Nutzer aber auf jeden Fall durchführen.
Unsere Ergebnisse decken sich mit den Erkenntnissen der Experten nur zum Teil. Sehen sie die Vorteile einer Finanzierung über den Handyvertrag vor allem für Smartphones im preisintensiveren Segment, zeigen unsere Berechnungen, dass sich auch die Wahl eines günstigeren Mittelklasse-Smartphones lohnen kann. Dennoch ist ein Vorteil der Subvention per Handyvertrag nicht zu leugnen: Kunden können ein Smartphone wählen, das sie sich ansonsten nicht auf Anhieb leisten können. Die Finanzierung erfolgt dann in kleinen, monatlichen Schritten. Auch hier sollten sie aber prüfen, ob sie sich die höheren Tarifkosten auch tatsächlich über zwei Jahre leisten können.
Worauf Sie beim Abschluss eines Mobilfunkvertrages achten sollten
Verbraucher sollten sich zuerst genau überlegen, welche Bedürfnisse sie mit dem Mobilfunkvertrag stillen wollen. Bereits die Netzwahl sei entscheidend dafür, wie viel der Handytarif kostet, weiß der Experte. „In größeren Städten reicht oft das O2-Netz, auf dem Land sollte es schon Vodafone oder Telekom sein“, rät Daniel Pöhler. Kunden sollten darauf achten, dass der jeweilige Vertrag zum eigenen Nutzungsverhalten passe. „Viele haben überdimensionale Verträge. Wer nur ab und zu telefoniert, braucht keine Flatrate in alle Netze. Wer wenig surft, keine 6 GB Datenvolumen“, sagt Pöhler zu TECHBOOK.
Verbraucher, die sich unsicher sind, welcher Tarif für sie infrage kommt, können durch Apps oder Schätzungen analysieren, was sie brauchen. „Diese Angaben gibt man am besten in mehrere Vergleichsrechner ein und schaut sich die Tarife, die die Rechner ausspucken, genauer an“, so Daniel Pöhler. Sollte eine Schätzung unmöglich erscheinen, sollten Kunden zunächst einen Tarif mit weniger Datenvolumen wählen. Stellt sich anschließend heraus, dass der Bedarf deutlich höher liegt, würden Anbieter dem Kunden in einem solchen Fall unkompliziert einen Tarif mit mehr Datenvolumen zur Verfügung stellen. Andersherum sei dies schwieriger. „In eine kleinere Tarifvariante zu wechseln, ist hingegen nur selten möglich“, sagt Pöhler.
Prepaid und Laufzeit Die besten LTE-Tarife bis 15 Euro in allen Netzen
Kostenfallen aufgedeckt Vorsicht vor diesen Fallstricken im Handyvertrag
Aktion für Bestandskunden Kostenlos mehr Datenvolumen für O2-Kunden! Aber lohnt sich das Upgrade?
Bundle-Tarife rechtzeitig kündigen!
Ganz wichtig sei es für Kunden, die einen Mischvertrag aus Tarif und Gerät gewählt haben, rechtzeitig innerhalb der geregelten Frist zu kündigen. Bei Verträgen mit 24 Monaten Laufzeit endet die Kündigungsfrist zumeist drei Monate vor dem Vertragsende. Dann verlängert sich die Laufzeit um ein weiteres Jahr. Vor allem bei Bundle-Angeboten sollten Kunden die Frist jedoch nicht verstreichen lassen.
„Denn sonst ist das Smartphone schon abbezahlt und der Kunde zahlt weiterhin die höhere Grundgebühr“, sagt Finanzkenner Daniel Pöhler. Ein allgemeiner Irrtum ist es, dass sich die monatlichen Tarifkosten nach Abzahlung des Smartphones automatisch verringern. Kündigen Sie solche Verträge also immer rechtzeitig, um nicht unnötig draufzuzahlen.