26. Dezember 2017, 15:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Taugt die Handy-Kamera nichts, klemmt man eine neue ans Smartphone. Für Rennspiele wird das Gamepad angedockt. Mit den Moto Mods für Motorola-Smartphones der Z-Reihe hat die Lenovo-Tochter ein Ökosystem an Erweiterungen im Angebot. Wird sich das durchsetzen?
Von Ersatzakku bis smarter Lautsprecher: Motorolas Mods sind Einzelmodule für Smartphones. Sie werden einfach an ein Gerät aus Motorolas Moto-Z-Reihe angedockt. Ein Test soll zeigen, ob das alltagstauglich ist.
Ein Smartphone, das genau das kann, was man braucht, zusammengesetzt aus Modulen. Mit diesem Konzept sorgten Googles Project Ara oder Phonebloks 2013 für Aufsehen. LG stellte 2016 sein Topmodell G5 vor, das per Steckschacht um Ersatzakku, Kameramodul oder einen Audioprozessor erweitert werden. Was allen drei modularen Smartphonekonzepten gemein ist: Durchgesetzt hat sich keines. Entweder schafften sie es wie Ara und Phonebloks nie auf den Markt oder verkauften sich nicht richtig wie das LG G5.
Motorals Mods gehen einen neuen Weg
Motorolas Mods gehen einen anderen Weg zum modularen Smartphone. Sie sind keine Baukästen, sondern Einzelmodule für bestimmte Zwecke, die an ein Smartphone angedockt werden. Musste LGs glückloses G5 zum Tausch der einzelnen Module noch recht aufwendig zerlegt werden, ist der Tausch eines Moto Mods kinderleicht. Es wird magnetisch ans Smartphone angedockt und lässt sich nur mit viel Mühe und Absicht abschütteln – so stark ist die Verbindung.
Statt Generalist will jedes Mod ein Spezialist in seinem Bereich sein. Etwa die Moto 360 Camera für rund 280 Euro. Einmal angesteckt, fordert sie sofort zum Livestreamen von 360-Grad-Videos auf, schießt Kugelpanoramen oder Ultraweitwinkel-Bilder. Dabei ist dank einer Aussparung im Mod jederzeit die normale Smartphone-Kamera nutzbar.
Moto Mods fügen sich nahtlos in die Smartphonenutzung ein. Man muss sie nur andocken, häufig nicht mal eine App installieren – und kann sofort loslegen. Die Moto 360 Camera etwa lässt sich über die normale Kamera-App bedienen. Die Kommunikation zwischen Mod und Smartphone wird über federgelagerte Kontakte (Pogo Pins) am unteren Ende des Geräts erledigt. Stecker müssen nicht verbunden werden.
Auch besserer Sound lässt sich per Mod nachrüsten. Nutzer haben etwa die Wahl zwischen einem einfachen Zusatzlautsprecher mit eigener Stromversorgung (rund 100 Euro) oder einem smarten Lautsprecher mit integriertem Sprachassistenten Alexa für rund 120 Euro. Einmal verbunden verhelfen sie dem Smartphone zu satteren Bässen und mehr Lautstärke. Wunder sollte man allerdings keine erwarten, den versprochenen Stereoklang kann man höchstens erahnen.
Lohnt sich das Moto Gamepad?
Einen wirklichen Mehrwert liefert das Moto Gamepad für rund 90 Euro. Es erweitert das Smartphone um Steuerhebel, Schaltknöpfe und einen Kopfhöreranschluss. Wer viel mit dem Smartphone spielt, erhält hier mehr Kontrolle über Rennspiele, Flugsimulationen oder Shooter – eine schöne Abwechslung zum unpräzisen Wischen auf dem Display. An wirkliche Gamepads kommt das Mod allerdings nicht heran. Abgesehen von den präzisen Analogsticks sind die Knöpfe etwas scharfkantig und haben zu großen Hub. Die Schultertasten lassen sich kaum von einander unterscheiden und erlauben keinen präzisen Einsatz.
Praktisch ist das Gamepad trotzdem – zum Beispiel auch beim Filmen von Videos. Das Smartphone lässt sich so stabil mit zwei Händen halten, die Schalter erlauben die wackelfreie Bedienung der Kamera.
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TECHBOOKs Fazit
So wirklich modular, wie sich einige Smartphone-Pioniere das mit ihren Baukastensystemen vorgestellt hat, sind die Moto Mods nicht. Statt für seinen jeweiligen Bedarf ein Telefon zusammenzubasteln – etwa mit einer besonders guten Kamera oder einem größeren Akku – ergänzen sie ein bereits voll ausgestattetes Telefon der Moto-Z-Reihe um jeweils eine oder zwei Spezialfähigkeiten.
Der Ressourcenschonungs- und Nachhaltigkeitsgedanke von Konzepten wie Phonebloks oder Project Ara hat hier nicht so großes Gewicht. Auch passen die Mods mit Preisen zwischen 25 und 350 Euro nur an wenige verfügbare Smartphone-Modelle, die selbst je nach Ausstattung zwischen rund 400 und 750 Euro kosten.
Dennoch sind die Mods ein spannendes Konzept. Sie nutzen die vorhandene Rechenleistung und Internetverbindung des Smartphones für weitere Funktionen oder fügen – wie etwa im Falle der Zusatzkameras – neue Leistungen hinzu. Mancher Doppelkauf lässt sich so vermeiden. Da Motorola die Plattform der Mods auch für Dritthersteller geöffnet hat, könnten weitere interessante Zusatzgeräte folgen – für 2018 ist etwa eine Sofortbildkamera zum Anstecken angekündigt. Alles in allem ist es vielleicht nicht die komplette Modularität, die sich manch einer erhofft. Es ist aber ein Konzept, das nahe genug an der Nutzungsrealität des Alltags liegt, um am Markt bestehen zu können.