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Mit neuartigem Iris-Scanner

ChatGPT-Erfinder Sam Altman will mit neuer Kryptowährung die Welt retten

Worldcoin Symbolbild Kryptowährung
Die Kryptowährung Worldcoin soll dabei helfen, Menschen von KI zu unterscheiden Foto: Getty Images
Marlene Polywka Techbook
Redakteurin

7. August 2023, 11:41 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Sam Altman ist vor allem für sein Unternehmen OpenAI bekannt, dass hinter dem wohl bekanntesten Chatbot ChatGPT steckt. Nun hat der Unternehmer ein neues visionäres Projekt gestartet: Worldcoin.

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OpenAI-Chef Sam Altman hat den Startschuss für das von ihm mitgegründete Kryptowährungsprojekt namens „Worldcoin“ gegeben. Dabei landen verschiedenste Ideen von Künstlicher Intelligenz (KI), Identität im digitalen Raum und Grundeinkommen in einem Topf. Das Paradoxe: Mit Worldcoin will er in gewissem Maße seiner eigenen großen Entwicklung, dem Chatbot ChatGPT, etwas entgegensetzen. TECHBOOK erklärt das Konzept und die Technik hinter Worldcoin. Außerdem haben wir die zugehörige App und den Iris-Scanner getestet.

Was ist Worldcoin?

Das Thema KI beschäftigt aktuell viele Branchen und es stellt sich die fundamentale Frage, welche Aufgaben künftig ChatGPT und Co. übernehmen könnten. Was also einerseits so wirkt, als ob gewisse menschliche Arbeitskraft dann nicht mehr gebraucht werden könnte, wertet andererseits die menschliche Identität in Abgrenzung zu KI auch auf. An diesem Punkt setzt Worldcoin an.

Das Kernangebot des Projekts besteht aus der digitalen Identität einer Person, der sogenannten World-ID. Dabei handelt es sich um ein „neues dezentrales Identitätsprotokoll“, heißt es auf der Website. Die ID können explizit nur echte Menschen erhalten und eben keine per KI generierten Chatbots; sie dient dementsprechend auch zur Unterscheidung im Digitalen. Datenschutz stehe dabei laut Worldcoin an oberster Stelle. Es gehe explizit nicht darum, ein digitales Ausweisdokument zu erschaffen, sondern vielmehr einen digitalen Beweis der menschlichen Persönlichkeit. An der ID hängt zudem die Kryptowährung WLD, die man über die entsprechende App verwalten kann.

Screenshot Worldcoin-App
Die App steht bereits umfassend zur Verfügung Foto: TECHBOOK via Worldcoin

Kunden, die sich in bestimmten Ländern bereits angemeldet haben, erhielten zum Start direkt den Kryptowährungs-Token WLD von Worldcoin. In der Beta-Phase des Projekts hatte es zwei Millionen Nutzer gegeben. Mit dem jetzt erfolgten Start weitet Worldcoin den Betrieb auf 35 Städte in 20 Ländern aus.

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Identifizierung mit neuartigem Orb und Scanner

Um die World-ID zu erhalten, muss sich der Kunde für einen persönlichen Iris-Scan mit dem Worldcoin-Orb anmelden. Dabei handelt es sich um einen silbernen Ball von der Größe einer Bowlingkugel. Sobald der Iris-Scan bestätigt, dass die betreffende Person ein echter Mensch ist, wird eine World-ID erstellt. Ohne diese ID kann man gar nicht vollumfänglich auf die Funktionen der App und somit auch nicht auf die Kryptowährung zugreifen.

Auch der Kryptowährungsaspekt der World-ID sei wichtig, weil Kryptowährungs-Blockchains diese so speichern könnten, dass die Privatsphäre bewahrt bleibe, sagte Worldcoin-Mitgründer Alex Blania, ein deutscher Wirtschaftsingenieur, der Nachrichtenagentur Reuters. Sie seien zudem nicht von einer einzelnen Stelle aus kontrollier- oder abschaltbar.

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Die Idee hinter Worldcoin

Hinter dem Worldcoin-Projekt steht die Gesellschaft Tools for Humanity mit Sitz in San Francisco und Berlin, ein von Blania und Altman gegründetes Unternehmen. Das Unternehmen „Tools for Humanity“ ist allerdings lediglich Betreiber des Worldcoin-Systems im Auftrag der gemeinnützigen Stiftung Worldcoin Foundation. Viele KI-Experten fordern inzwischen rasche und strenge Regeln für sogenannte „generative“ KI wie ChatGPT, weil die Risiken unter anderem durch Desinformationskampagnen künftig nicht einzuschätzen seien. Sie sehen unter anderem in der drohenden Flut künstlich erstellter Bilder, Videos und Texte eine Gefahr für die Demokratie.

Aus Sicht von Altman kann Worldcoin eine wichtige Rolle dabei spielen, wie die Wirtschaft künftig durch generative KI umgewandelt werden könnte. „Die Menschen werden von der KI überfordert sein, was massive wirtschaftliche Auswirkungen haben wird“, sagte er gegenüber Reuters. Altman verwies auf die Idee eines universellen Grundeinkommens (Universal Basic Income, kurz UBI). Im Rahmen eines derartigen Sozialleistungsprogramms, das typischerweise von Regierungen betrieben würde, hätte jeder Einzelne Anspruch auf bedingungslose Geldtransfers. Da KI „mehr und mehr der Arbeit übernehmen wird, die heute von Menschen erledigt wird“, könnte ein UBI etwa auch dazu beitragen, die Einkommensungleichheit zu bekämpfen. Und der World-ID könne hierbei eine überwachende Aufgabe zukommen, um Cyberbetrug auszuschließen.

„Wir glauben, dass Worldcoin im Erfolgsfall die wirtschaftlichen Möglichkeiten drastisch erhöhen, eine zuverlässige Lösung zur Unterscheidung von Menschen und KI im Internet unter Wahrung der Privatsphäre skalieren, globale demokratische Prozesse ermöglichen und schließlich einen möglichen Weg zu einem KI-gestützten UBI aufzeigen könnte.“

worldcoin.com

Eine – fast schon utopische – Welt mit einem universellen Grundeinkommen liegt Altman zufolge noch in sehr weiter Ferne. Wie in einer solchen Zukunft entsprechende Geldleistungen verteilt werden könnten, müsse sich allerdings noch zeigen, so Altman. Worldcoin lege aber den Grundstein dafür, dass solche Programme überhaupt Realität werden könnten. „Wir sind der Ansicht, dass wir anfangen müssen, mit Dingen zu experimentieren, damit wir herausfinden können, was zu tun ist.“

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World-App und Iris-Scanner im Test

TECHBOOK hat sowohl die World-App als auch den Iris-Scanner ausprobiert. Dabei wird einem der Orb nicht nach Hause geschickt, sondern steht an öffentlichen Plätzen allen Interessierten zur Verfügung. Vivienne Goizet war für uns beim Iris-Scanner im Einkaufszentrum Alexa, am Berliner Alexanderplatz, trotz diverser Datenschutzbedenken.

Iris-Scanner in der Öffentlichkeit

Die World-App ist so, wie man es sich von einer Silicon-Valley-App vorstellt: schlank, modern, übersichtlich. In elegantem schwarz-weiß gehalten sind die Funktionen hat sie im Wesentlichen nur drei Funktionen: Worldcoin ergattern, Worldcoin Wallet verwalten und identifizieren.

Mittels des sogenannten „Proof of Personhood“ durch die „World ID“ kann man sich ausweisen. Wo diese Form des Ausweises genutzt werden kann? Keine Ahnung. Wo man mit Worldcoin bezahlen kann? Auch unklar. Ich erhalte also kostenlos Kryptowährung, weil ich meine Iris habe scannen lassen an einem Orb. Kryptowährung mit der man nichts anfangen kann.

In Berlin im Alexa-Shoppingcenter befindet sich der schicke Iris-Scanner. Das Scannen geht einfach und schnell. Kostet nichts und tut nicht weh. Aber Erfinder Sam Altmann und seine Firma „Tools for Humanity“ haben jetzt einen Iris-Scan von mir und können damit im Prinzip machen, was sie wollen. Die Firma hat übrigens auch einen Sitz in Deutschland. In Kenia ist Worldcoin bereits verboten. Und wenn wir irgendwann beim Personalausweis von Fingerabdruck auf Iris-Scan umsteigen, dann habe ich verloren. Denn mein Scan ist von einer unregulierten Privatfirma registriert und kann für allerlei Schabernack inklusive Fälschung und Identitätsklau verwendet werden.

Warum ich es trotzdem gemacht habe? Wie viele Menschen unterlag ich dem Impuls: Das ist neu, das ist geil, Datenschutz scheißegal. Aber vielleicht werde ich mit diesem bedingungslosen Grundeinkommen, so die Idee hinter Worldcoin, reich und überlebe die nächste Bankenkrise, falls die Banken wirklich mal zusammenbrechen und nicht mehr von den zugehörigen Staaten gerettet werden. Wenn ChatGPT uns unsere Arbeit komplett abgenommen hat und wir alle auf das bedingungslose Grundeinkommen angewiesen sind, wie ChatGPT-Gründer und Worldcoin-Erfinder Sam Altmann sich das vorstellt, dann bin ich vorbereitet.

Während ich diese Zeilen schreibe, stürzt der Rechner ab. Hat die App mich gehackt? Wahrscheinlich nicht. Aber die Angst schwingt mit.

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Worldcoin und der Datenschutz

Unabhängig von meinem ganz persönlichen Eindruck steht auf worldcoin.org/privacy in großen Lettern „Completely privat. Forever“, zu Deutsch: „Vollständig privat, für immer“. Dahinter der Claim: „Wir wollen nicht wissen, wer du bist, nur, dass du einzigartig bist“.

Sie schreiben, dass Bilder von meiner Iris und mir nach der Registrierung sofort wieder gelöscht werden. Es sei denn, ich stimme der Datenverwahrung zu, was ich nicht getan habe, auch nicht aus Versehen. Oftmals drückt man ja immer nur auf zustimmen, ohne zu wissen, zu was man da eigentlich Ja gesagt hat. Also hier: Ich habe nicht aus Versehen der Datenverwahrung zugestimmt.

Mein Iris-Scan sei auch nicht mit der Wordcoin-Währung oder irgendwelchen Transaktionen verknüpft. Biometrische Daten werden nur vom Orb erfasst und verlassen das runde silberne Gerät nicht.

Worldcoin Grafik Orb
Ein wichtiges Element für die World-ID ist der Orb, mit dem man sich identifizieren kann Foto: TECHBOOK via Worldcoin

Für die Registrierung in der App sind keinerlei persönliche Daten notwendig. Kein Name, keine E-Mail und auch nicht der Personalausweis. Die App dient laut Hersteller als „Wallet“, also Portemonnaie für die Worldcoin-Währung. Das Geld, das hierin liegt, ist nicht von Banken oder Staaten erfasst und wird auch nicht an diese gemeldet. Da heißt, es kann unter anderem auch nicht von Staaten eingefroren werden.

Sie müssen auch keine persönlichen Daten eingeben, um die App zu erhalten oder zu nutzen. Aber selbst wenn Sie dies tun, können Sie sicher sein, dass wir im Gegensatz zu anderen Anbietern Ihre persönlichen Daten niemals verkaufen oder versuchen, daraus Profit zu schlagen.

Worldcoin, Tools for Humanity

Ein schönes Versprechen, dass „Tools for Humanity“ da gibt. Rein theoretisch kann ich die World-ID nun dazu nutzen, diesen Artikel zu unterzeichnen und so zu bestätigen, dass er nicht von einer KI geschrieben wurde.

Die Worldcoin, die ich für meine Registrierung geschenkt bekommen habe, sind angeblich schon 60 US-Dollar wert. Einem geschenkten Gaul, der sich die Zähne geputzt hat, aber trotzdem irgendwie ein bisschen aus dem Maul stinkt.

Zum Schluss proklamiert das Datenschutz-Statement auf worldcoin.org zur World ID Privacy noch, dass nicht mal Entwickler oder die Gründer sehen können, wofür ich meine World-ID so verwende. Es ist lediglich erkennbar, dass ich versuche sie zu nutzen, wenn ich sie benutze. Also doch wieder nur unbegründete Technik-Angst? Ist das die Technologie der Zukunft und ich bin schon dabei? Wir werden sehen.

Fazit zu Worldcoin

Schon vor dem offiziellen. Start des Projekts spaltete Worldcoin die Techszene. Während viele die Idee als revolutionär feiern, gibt es auch kritische Gegenstimmen. So warnt etwa das deutsche Bundesinnenministerium vor Sicherheitsrisiken, zumal Retina oder Iris für eine lebenslange Identifizierung nicht unbedingt geeignet seien, sagte eine Sprecherin gegenüber dem Spiegel. Vor allem die Weitergabe eines biometrischen Faktors im Falle eines Datenlecks sieht man bei der Behörde kritisch. Worldcoin betont hingegen, dass man sich an europäische und somit auch deutsche Datenschutzrichtlinien gehalten habe. Die Idee hinter Worldcoin könnte auf lange Sicht trotzdem interessant sein. Wichtig wäre dann allerdings, die erforderliche Technik flächendeckend zugänglich zu machen. Auch unsere Redaktion ist in großen Teilen bis dato allerdings eher kritisch.

Profilbild

„Spielgeld für persönliche Daten“

„Die Worldcoin-App 'World ID' mutet modern und schick an. Das kostenlose Spielgeld, was man darüber erhält, ist zwar nett, aber anfangen kann man damit eigentlich nix. Es ist ein bisschen wie Monopoly-Geld, nur dass man vor Spielbeginn die eigene Iris scannen lassen muss und so seine Daten einem datenschutzrechtlich fragwürdigen Silicon-Valley-Milliardär schenkt.“Vivienne Goizet
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Quellen

  • Worldcoin (aufgerufen am 28. Juli 2023)
  • Spiegel („Bundesinnenministerium zweifelt an Worldcoin-Sicherheit“, aufgerufen am 7. August 2023)
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