14. Dezember 2024, 15:52 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Heutzutage haben viele ihr Smartphone permanent bei sich. Mit sogenannter „Stalkerware“ ist es deshalb möglich, Personen umfassend zu überwachen – ein beunruhigender Gedanke. Aber es gibt Möglichkeiten, um das zu erkennen.
Mithilfe bestimmter Apps kann man umfassend auf Smartphones zugreifen, die nicht das eigene sind. Aus dem Smartphone einer Person kann man nämlich vieles über den Besitzer ableiten. Standort und Mailverläufe sind zwei Beispiele. Das Missbrauchspotenzial durch Kriminelle oder auch einen eifersüchtigen Partner ist dementsprechend vorhanden. TECHBOOK erklärt, wie Sie erkennen können, ob auf Ihrem Smartphone Spionage-Apps installiert wurden.
Was ist Stalkerware?
Der Schlüsselbegriff in dieser Thematik lautet „Stalkerware“. Das bezeichnet Software, die ohne das Wissen des Nutzers auf seinen Geräten installiert wird. Das ermöglicht wiederum Dritten, umfassend Zugriff auf das entsprechende Gerät und die damit verknüpften Daten zu erhalten. Da Smartphones besonders eingewoben in das persönliche Datennetz sind, sind sie beliebte Ziele für solche Spionage-Apps.
Zahlen aus dem Jahr 2023 zeigen, dass weltweit mehr als 30.000 Personen Opfer von Stalkerware geworden sind. Besonders verbreitet waren entsprechende Anwendungen in Russland, Brasilien und Indien. Dabei gibt der Name schon Aufschluss darüber, wer Stalkerware gerne nutzt: Stalker. Mittels entsprechender Anwendungen können sie auf die Nachrichten ihrer Opfer zugreifen, ihren Standort tracken, sogar auf Kamera und Mikrofon zugreifen und die Besitzer der Geräte somit umfangreich überwachen. Denn viele tragen etwa ihr Smartphone permanent und überall bei sich.
Spionage-Apps sind illegal
Die meisten Anwendungen, die einen solchen Zugriff auf fremde Smartphones ermöglichen, sind nicht legal. Dementsprechend kann man sie auch nicht in einem normalen App-Store finden. Stattdessen muss man sie direkt über den Anbieter beziehen, der in der Regel versucht, sich rechtlich abzusichern. In den Nutzungsbedingungen solcher Anwendungen steht dann etwa, dass die betroffenen Personen einverstanden mit der Installation auf ihren Geräten sind.
Laut Prof. Christian Solmecke, Rechtsanwalt und Experte für IT-, Medien- und Internetrecht, reicht das allerdings nicht aus. „Das Bereitstellen von Software, deren einziger oder überwiegender Zweck in der Ausspähung anderer liegt, kann als Beihilfe zu einigen Straftaten gewertet werden. Anbieter, die personenbezogene Daten speichern oder deren Verarbeitung ermöglichen, ohne rechtmäßige Zwecke nachweisen zu können, verletzen zudem im Zweifel die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Auch eine weitere zivilrechtliche Haftung ist – je nach Einzelfall – denkbar“, so der Experte auf eine entsprechende Frage von TECHBOOK.
Das Verbraucherschutzportal „mobilsicher.de“ weist zudem auf die Möglichkeiten der elterlichen Fürsorge oder auch der Manipulation etwa in Partnerschaften hin. Allerdings ist die Privatsphäre nach den Richtlinien der EU-Grundrechtscharta auch hierzulande geschützt. Darunter fällt auch das Telekommunikations- beziehungsweise Fernmeldegeheimnis. Dieses ist in Deutschland sogar in der Verfassung verankert und sichert das Recht auf private Kommunikation, auch im Digitalen. Dieses Recht fällt mit der Eheschließung nicht weg.
Anwender müssen mit Strafe rechnen
Wie bereits dargelegt sind Software-Lösungen, die heimlich Nutzerdaten wie Standort oder Nachrichten abfragen, illegal. Wer sie dennoch nutzt, macht sich somit strafbar. Je nach Umstand werden durch die Nutzung gleich mehrere Straftatbestände begangen, erklärt Prof. Solmecke.
- Ausspähen von Daten (§ 202a Strafgesetzbuch, StGB – bis zu 3 Jahre Freiheits- oder Geldstrafe)
- Abfangen von Daten (§ 202b StGB – bis zu 2 Jahre Freiheits- oder Geldstrafe),
- Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB – bis zu 3 Jahre Freiheits- oder Geldstrafe)
- Stalking (§ 238 StGB – bis zu 3 Jahre Freiheits- oder Geldstrafe).
- Bei Schädigungs- oder Bereicherungsabsicht ist auch eine Strafbarkeit wegen Verletzung des Datenschutzrechts (§ 42 Bundesdatenschutzgesetz, BDSG – bis zu 2 Jahre Freiheits- oder Geldstrafe) denkbar.
Zudem werde sowohl das Datenschutzrecht als auch das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen von Spionage-Apps –mitunter massiv – verletzt. Daraus ergeben sich für die Opfer verschiedene zivilrechtliche Ansprüche „wie Unterlassungs-, Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche (aus 1004, 823 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB bzw. Art. 82 DSGVO für immateriellen Schadensersatz)“, so Solmecke. Die Täter müssen zudem mit einem hohen Bußgeld rechnen.
iOS weniger anfällig als Android für Spionage-Apps
Wie bereits erwähnt, sind Smartphones ein besonders beliebtes Ziel. Das ist auch den Herstellern bewusst, weshalb etwa Apple aktiv gegen Spionage-Apps vorgeht. Gerade bei neueren Geräten, die regelmäßig mit Updates versorgt werden, ist es deshalb schwierig für Stalkerware. Ältere Hardware ist hingegen anfälliger. Bei Apple führen aber Maßnahmen wie die Apple-ID zu zusätzlicher Sicherheit.
Anfälliger als iOS- sind Android-Geräte. Das liegt unter anderem daran, dass das System generell ein offeneres ist als das von Apple. Mehr dazu können Sie in unserem Vergleich der Betriebssysteme lesen.
5 Tipps, die vor Stalkerware schützen
Die Experten von „Mobilsicher.de“ geben eine ganze Reihe von Tipps, die direkt vor Spionage-Apps schützen können:
- Das Telefon immer – auch daheim – mit einer starken Bildschirmsperre sichern.
- Passwörter teilen ist kein Liebesbeweis – und schon gar nicht das für die Bildschirmsperre. Geheime Passwörter des Partners oder der Partnerin zu akzeptieren, ist ein Zeichen von Respekt.
- Vorsicht bei Smartphones, die man überreicht oder geschenkt bekommt. Vielleicht ist schon eine Spionage-App installiert worden. Es gibt sogar Anbieter, die komplett mit Stalkerware vorkonfigurierte Geräte zum Kauf anbieten.
- Im Verdachtsfall bei Android-Geräten prüfen, ob Play Protect aktiv ist: Dazu im Play-Store das Menü öffnen über das Account-Icon oben rechts und „Play Protect“ auswählen. Ist er deaktiviert, den Virenscanner aktivieren und einen Scan starten.
- Vorsicht Hintertür: Sowohl übers Google-Konto als auch über Apples iCloud lassen sich zahlreiche Informationen abgreifen. Deshalb auch hier die Zugangstdaten schützen und niemals weitergeben.
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Was Betroffene von Spionage-Apps tun können
Aber was, wenn es für Schutz schon zu spät ist? Wer erkennen will, ob sein Smartphone vielleicht heimlich überwacht wird, kann auf mehrere Dinge achten. Ist etwa der Akku plötzlich ständig leer, kann das ein Hinweis auf Apps sein, die im Hintergrund arbeiten. Auch ein plötzlich gestiegener Datenverbrauch ist in diesem Kontext erwähnenswert. Diesen kann man in den Smartphone-Einstellungen nachvollziehen.
Haben Sie zudem den Verdacht, dass Ihr Smartphone heimlich überwacht wird, dann schauen Sie in die Übersicht aller installierten Apps. Es kann sein, dass sich Spionage-Apps als vertrauenswürdige Anwendungen mit anderen Namen tarnen. Achten Sie also generell auf alle Apps, die Sie nicht selbst installiert haben oder bei denen Sie nicht gewissen, was dahintersteckt.
Prof. Solmecke weist zudem darauf hin, dass sich auch die rechtliche Handhabe in den vergangenen Jahren verbessert hat. Weiterhin bleibe aber das Beweisproblem bei Vorfällen wie digitalem Stalking bestehen. Nach einem Vorfall sei es daher wichtig, entsprechend zu reagieren. Beweise in Form von Screenshots von Logfiles oder auffälligen Apps sollten gesichert werden. Der Experte empfiehlt, anschließend Anzeige zu erstatten. Es könne zudem hilfreich sein, technische und juristische Unterstützung zu suchen.
Sollten Ermittlungen erfolgen, können Betroffene von Spionage-Apps zudem Akteneinsicht fordern, um den Täter zu identifizieren und zu verklagen. Auch eine Klage beziehungsweise Datenschutzbeschwerde gegen die Anbieter von Stalkerware könne helfen, so der Experte.
Mit Material der dpa.