9. April 2024, 16:01 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
In den USA gibt es eine Redewendung, dass die Postleitzahl eines Menschen einen größeren Einfluss auf seine Gesundheit hat als sein genetischer Code. Eine Studie hat nun anhand von Street-View-Material herausgefunden, dass das Wohnviertel tatsächlich ein guter Prädiktor für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung ist.
Forscher der Universitätsklinik Harrington Heart & Vascular Institute und der Case Western Reserve University in Cleveland haben Google Street View und Künstliche Intelligenz (KI) genutzt, um die Auswirkung der bebauten Umgebung auf das Risiko für Herzkrankheiten zu untersuchen. Die Modelle haben eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt, etwa den Anteil von Grünflächen, sowie den Zustand von Straßen und umliegenden Gebäuden.
Herz-Kreislauf-Krankheiten oft durch äußere Faktoren bedingt
Die Studie ist im European Heart Journal erschienen. Sie zeigt, dass die Modelle mit einer Übereinstimmung von 63 Prozent die Unterschiede für das Risiko einer Herz-Kreislauferkrankung (HKE) in verschiedenen Städten vorhersagen können.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen machen einen Großteil der weltweiten Todesfälle aus. Zu den beeinflussbaren Ursachen zählen in erster Linie Bluthochdruck und eine falsche Ernährung. Bei einer frühen Erkennung sind sie in der Regel gut behandelbar. Die Untersuchung von Faktoren, die das Risiko für eine Erkrankung beeinflussen können, ist deshalb sehr wichtig. Wie die Street-View-Studie gezeigt hat, ist eine Vorhersage basierend auf der bebauten Umgebung mit einer überraschend hohen Übereinstimmung möglich.
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KI wertete Street-View-Bilder aus, um Herzkrankheit-Risiko vorherzusagen
Prof. Rajagopalan, einer der Hauptautoren der Studie, gab in einer Pressemitteilung der European Society of Cardiology an, dass die Forscher schon „immer daran interessiert waren, wie die Umgebung, sowohl bebaut als auch natürlich, kardiovaskuläre Krankheiten beeinflussen kann.“ Um den Einfluss der Umgebung auf die Verbreitung der Krankheiten zu untersuchen, haben die Forscher Bildmaterial von Google Street View verwendet und von KI analysieren lassen.
Angeordnet in einem Raster wurden alle 100 Meter jeweils ein Bild für jede Himmelsrichtung aufgenommen, um ein Panorama zu erhalten. Ein Convolutional Neural Network (CNN) hat diese Bilder dann analysiert und Faktoren identifiziert, die positiv oder negativ mit der Verbreitung von Herz-Kreislauf-Krankheiten assoziiert sind. Bei CNN handelt es sich um eine Art KI, die Muster in Bilder erkennen kann und darauf basierend Vorhersagen machen kann. So sind etwa ein Baum und ein Gebäude in gutem Zustand negative Faktoren, die ein geringes Risiko für eine Erkrankung bedeuten. Straßen mit Schlaglöchern und heruntergekommene Gebäude hingegen deuten auf ein erhöhtes Risiko hin.
Studie soll zu „gesünderen Lebensräumen“ beitragen
Ihre Ergebnisse haben die Forscher mit sogenannten „Census Tracts“ (Volkszählungsgebiete) abgeglichen. Diese Areale sind mit durchschnittlich 4000 Einwohnern kleiner als US-Postleitzahlen. Sie geben so ein genaueres Bild über die Verteilung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ab. Ingesamt wurden mehr als eine halbe Million Street-View-Bilder von sieben US-Städten ausgewertet. Die Städte sind über die kontinentalen USA verstreut: Detroit, Michigan; Kansas City, Missouri; Cleveland, Ohio; Brownsville, Texas; Fremont, California; Bellevue, Washington State und Denver, Colorado.
Basierend auf den Street-View-Daten konnte die KI 63 Prozent Übereinstimmung mit der tatsächlichen Verteilung von Herzkrankheiten in den sieben untersuchten Städten erreichen. Die Forscher folgern daraus, dass diese Methode dabei helfen kann, Risikofaktoren in verschiedenen Wohngegenden schnell und einfach zu erkennen. Sie hoffen nun, dass diese Daten einen Beitrag „zum Bauen oder Anpassen von Städten leisten, um sie zu gesünderen Lebensräumen zu machen.“