16. Dezember 2017, 13:29 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Klinke? Lightning? USB-C? Bluetooth? Wer heute einen Kopfhörer für sein Smartphone kauft, muss sich neben Hersteller, Design und Klang auch noch mit der Frage beschäftigen, ob und welchen Anschluss das gute Stück denn haben darf. Modern ist hier nicht immer erste Wahl.
Wer früher einen Kopfhörer etwa für den MP3-Player kaufte, musste über den Anschluss nicht lang nachdenken. Eigentlich gab es da nur die 3,5-Millimeter-Miniklinke. Heute wird Musik unterwegs meist auf Smartphones gehört. Hier ist die Klinke auf dem Rückzug.
Immer mehr – vor allem hochwertige – Smartphones kommen ohne die runde Buchse aus. Wer an Apples iPhones seit dem iPhone 7 einen Kopfhörer anschließen will, braucht ein Modell Lightning-Anschluss oder muss einen Adapter nutzen. Auch Googles neue Pixel-2-Smartphones oder Motorolas Z2 Force haben nur noch einen ovalen USB-C-Anschluss.
Steigt man auf solch ein Smartphone um, wirft das einige Fragen auf. Kann ich meinen alten Kopfhörer weiternutzen? Soll ich ein Modell mit digitalem Anschluss kaufen? Oder gleich auf drahtlose Verbindung setzen? Rund 8,4 Millionen Kopfhörer wurden in den ersten drei Quartalen 2017 laut Home Electronics Markt Index Deutschland (HEMEX) verkauft, die Auswahl ist riesig. Aber muss es denn ein neuer sein?
Alte Kopfhörer funktionieren nur noch mit Adapter
Die gute Nachricht ist: Einen neuen Kopfhörer muss man sich nicht kaufen, sagt Jan Plogsties, Audiospezialist beim Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen. Denn mit einem Adapter kann man den alten weiternutzen. Das sieht vielleicht nicht besonders elegant aus, macht aber zumindest bei der Tonqualität kaum einen Unterschied. „Die Unterschiede bei der Dynamik liegen im Bereich weniger dB“, sagt Plogsties. Soll heißen: Objektiv ist da nichts festzustellen.
Hersteller wie Apple, Google oder Motorola legen ihren klinkenlosen Smartphones gleich passende Adapter bei. In ihnen steckt, was früher im Telefon steckte: ein kleiner Verstärker, ein Wandler, der die digitalen Signale in elektrische Impulse für den Kopfhörer umwandelt und ein Anschluss für den Klinkenstecker. Qualitätsmäßig gibt es auch hier mittlerweile keine Unterschiede mehr, sagt Hartmut Gieselmann von der Fachzeitschrift „c’t“.
Ob nun Lightning-Buchse oder USB-C: Gieselmann und Plogsties raten beide zum Klinkenstecker am Kopfhörer und dem Einsatz eines Adapters. „Sonst schränkt man sich nur in die andere Richtung ein“, sagt Plogsties. Denn einen Kopfhörer mit Lightning-Stecker kann man nur mit Apple-Geräten nutzen, und auch USB-C ist außerhalb von Smartphone und Computer kaum verbreitet. „Kopfhörer ohne Klinkenstecker würde ich im Zweifel nicht kaufen“, sagt Gieselmann.
Soll es aber doch ein Kopfhörer mit digitalem Stecker sein, rät er zu Modellen, die Apples MFI-Logo (Made for iPhone) tragen. „Das ist eine Garantie, dass es auch funktioniert.“ Bei USB-C-Modellen für Android-Smartphones gibt es solch ein Siegel nicht. Auch diese Modelle haben die bislang im Smartphone steckende Technik eingebaut, was meist auch einen etwas höheren Preis bedeutet.
Technik einfach erklärt Was ist ein Klinkenstecker und warum verschwindet er?
Einstellungen anpassen So verbessern Sie den Smartphone-Klang
Angeschaut und ausprobiert Super-Kamera im bekannten Gehäuse: Das iPhone 7 im Praxistest
Drahtlose Übertragung: Praktisch, aber teuer
Warum also dann nicht gleich auf den Stecker verzichten – egal ob analog oder digital? Kabelsalat und Steckerprobleme gehören so der Vergangenheit an. Allerdings, schränkt Plogsties ein, ist das aktuell verbreitete drahtlose Übertragungsverfahren nicht sehr effizient, außerdem muss ein zusätzliches Gerät mit Strom versorgt werden. Und viele Modelle klingen einfach nicht gut.
Wer guten Klang und stabile Übertragung will, zahlt mehr. Die drahtlosen Modelle sind in der Regel deutlich teurer als die Kabelvarianten. Rund die Hälfte des Kaufpreises geht für die kabellose Übertragung drauf, schätzt Gieselmann. Beide Experten raten zu Modellen, die Musik über das aptX-Verfahren ans Smartphone funken.
Aber was haben die Hersteller eigentlich davon, den analogen Kopfhöreranschluss Schritt für Schritt zu verdrängen? „Die Hersteller schaffen Platz im Smartphone“, erklärt Plogsties. Der kann etwa für etwas mehr Akku oder andere Technik genutzt werden. Bei wasserfesten Modellen entfällt die komplizierte Abdichtung der Klinkenbuchse. Doch es gibt noch eine Motivation: Geld. „Die Hersteller erschließen sich so auch ein neues Lizenz- und Einnahmeprogramm.“ Apple etwa verdient an jedem mit dem MFI-Siegel versehenen Gerät mit, kann so aber auch die Qualität sicherstellen.
Die digitalen Schnittstellen haben aber auch Vorteile. Künftig könnte etwa das Telefon den Kopfhörer erkennen und den Ton daran anpassen. Lightning- und USB-Buchsen können zudem Strom durchleiten. Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung können so ohne Zusatzakku betrieben werden. Plogsties ist aber trotzdem noch nicht überzeugt. Aktuell sieht er den Verzicht auf den Analoganschluss eher als Kostentreiber.