2. August 2024, 7:40 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Dyson OnTrac ist ein weiterer Schritt des bekannten Unternehmens in den Kopfhörer-Bereich. Stylisch sehen die Bügel-Kopfhörer in jedem Fall aus, aber was bieten sie klanglich? TECHBOOK hat sie getestet.
Mit den Zone hat Dyson bereits eine erste Expedition in den Kopfhörer-Dschungel gewagt. Doch die ersten Bügel des Herstellers kann man kaum als wirklichen Versuch, sich auf dem Markt zu etablieren, ernst nehmen. Die Zone haben eine abnehmbare Maske, in die Luft einfließt, die durch Reiniger an den Ohrmuscheln von außen angesaugt wird – samt Ventilatoren und Filter. Geht es um die Kopfhörer oder darum, immer wieder neue Filter für die Luftreiniger verkaufen zu können? Das Produkt hat viel Aufmerksamkeit auf Social Media erhalten, viele große YouTube-Kanäle berichteten über das absurde Design. Doch nun wissen alle Bescheid, dass Dyson ein Stück vom Kuchen abhaben will. Mit den OnTrac folgt deshalb ein recht gewöhnliches Kopfhörer-Modell, das sich durch ein paar Extras von der Massen abheben soll. Ob das Dyson gelingt, hat TECHBOOK im Test herausgefunden.
Übersicht
Datenblatt der Dyson OnTrac
Dyson OnTrac | |
---|---|
TECHBOOK-Score | 3,8 Punkte |
Preis | 499 Euro |
Treiber | 40 Millimeter |
Maße Kopfhörer | Höhe: 200 mm Breite: 180 mm Tiefe: 110 mm Gewicht: 450 g |
IP-Rating | – |
Akkulaufzeit | 55 Stunden |
Laden | USB-C |
So bewertet TECHBOOK
Wir sind für die Bewertung auf Klang, ANC-Leistung und Transparenz, Features sowie Haptik und Bedienung eingegangen – wobei die beiden ersten Kriterien mit jeweils 30 Prozent und die beiden letzten mit jeweils 20 Prozent Gewichtung in die Endwertung eingeflossen sind. Wir haben für jede Testkategorie zwischen 0 und 5 Punkte vergeben und unter Berücksichtigung der Gewichtung zum TECHBOOK-Score zusammengerechnet.
Haptik und Bedienung
Während Aussehen bekannterweise Geschmackssache ist, ist die Qualität der Verarbeitung und der Materialien der OnTrac jedweder Kritik erhaben. Fast alle nach außen exponierten Bauteile sind aus Metall. Nichts knarzt oder quietscht, der Bügel lässt sich beeindruckend weit auseinanderbiegen, ohne dass man das Gefühl haben muss, dass etwas kaputtgeht.
Aber: Die Dyson OnTrac sind schwer. Mit 450 wiegen sie nicht nur fast doppelt so viel wie Sonys WH-1000XM5 und Boses QuietComfort Ultra, sie haben sogar mehr als 50 Gramm mehr Masse als die wuchtigen AirPods Max. Große Batterien, die Metall-Konstruktion und die schiere Größe der runden Ohrmuscheln treiben das Gewicht nach oben. Dyson versucht, das mit sehr weichen Polstern und seitlich an den Bügeln untergebrachte Batterien zu verschleiern. Beim stillen Sitzen funktioniert das auch erstaunlich gut. Selbst für mich als Brillenträger sind die OnTrac komfortabel zu tragen. Sobald ich jedoch den Kopf nach vorn nicke oder sogar mit den Bügeln ausgestattet herumlaufe, wird die Illusion gesprengt. Sie rutschen mir auf dem Kopf herum und springen zudem mit jedem Schritt hoch und runter – weil sie so schwer sind.
Anstelle von Knöpfen und Touch-Flächen setzt Dyson auf ein etwas aus der Mode gekommenes Bedien-Element: ein Joystick an der rechten Ohrmuschel. Dieser bietet den Vorteil, dass damit eine Menge von verschiedenen Funktionen ausführbar sind: Play/Pause, Vor- und Zurückspulen, Lautstärkeregelung, Anrufe-Annahme oder -Ablehnung, Aufrufen des Sprachassistenten. Blind gestaltet sich die Steuerung jedoch manchmal etwas fummelig. Nicht selten habe ich die Wiedergabe pausiert, obwohl ich eigentlich die Lautstärke reduzieren wollte. Zudem wackelt die Ohrmuschel stets beim Bedienen des Joysticks.
An der linken Ohrmuschel ist ein einfacher Button zu finden, mit dem sich die OnTrac einschalten und mit Geräten verbinden lassen. Mit Doppeltippen auf die Ohrmuscheln lässt sich zwischen ANC und Transparenz umschalten. Das funktioniert in der Praxis lediglich in circa der Hälfte der Fälle, wobei ein kleiner Abstand zwischen den Tippern eher zum Erfolg führt. Warum Dyson nicht einfach wie fast jeder andere Hersteller per Knopfdruck die Sound-Kontrolle umstellt, weiß nur Dyson selbst.
Wertung: 4 von 5 Punkten
Klang
Mit einem Preis von 499 Euro spielen die Dyson OnTrac in der Kopfhörer-Oberliga mit, man darf also Premium-Sound erwarten. Diesen liefern sie auch in einigen Belangen – es gibt aber noch Luft nach oben. Die 40-mm-Treiber produzieren kristallklaren Klang selbst bei Anhebung der Bass-Frequenz, ein Zeichen für qualitativ hochwertige Lautsprecher. Dyson gibt eine Frequenzreichweite von 6 Hertz bis 21 Kilohertz an – Werte, die weit über das für Menschen hörbare Spektrum hinausgehen. Dennoch kann ein starker Subbass zum Hörerlebnis beitragen und sei es allein durch die Luftbewegung, die die Treiber erzeugen.
Der integrierte Equalizer kommt mit nur drei Presets, wobei ab Werk Bass und Höhen für einen energetischen Klang hervorgehoben sind. Immerhin bietet Dyson die Wahl, ein neutrales Profil zu wählen, um den Sound mit einem breiten Genre-Spektrum kompatibel zu machen.
Insgesamt ist der Sound durchaus angenehm, was meines Erachtens vor allem auf die hochwertigen Treiber zurückzuführen ist. Die Kopfhörer haben kristallklaren Klang und eine gute Separierung. Allerdings könnte die Klangbühne breiter sein, hier kann Dyson sicher noch am Tuning arbeiten.
Wertung: 4 von 5 Punkten
Active Noise Cancelling und Transparenzmodus
Dyson beansprucht für sein neues Kopfhörer-Modell „branchenführende Aktive [sic] Geräuschunterdrückung“. Insgesamt acht Mikrofone nehmen Umgebungsgeräusche auf, die der Dyson-Algorithmus in Gegenwellen umwandelt. Angeblich wird das ANC 384.000-mal pro Sekunde angepasst und soll den Schallpegel um bis zu 40 Dezibel senken können. Das sind beeindruckende Zahlen – in der Theorie.
In der Praxis ist die aktive Geräuschunterdrückung zwar effektiv, kann aber mit den High-End-Modellen der Konkurrenz von Bose und Sony nicht mithalten – obwohl die OnTrac fast doppelt so teuer sind. Tiefe, dröhnende Geräusche filtern die Kopfhörer zwar aus, bei grelleren Geräuschen wie Office-Gesprächen lassen sie jedoch recht viel durch. Auch beim Tragen im Freien ist Straßenlärm noch hörbar, das macht die Konkurrenz besser. Absolute Ruhe, so wie man sie von einigen ANC-Kopfhörern gewohnt ist, gibt es mit dem Dyson-Modell nicht.
Wer ANC sagt, muss auch Transparenz sagen. Der Modus ist bei den OnTrac zwar brauchbar, aber bei weitem nicht so gut wie bei den Sonos Ace, die wir kürzlich getestet haben – geschweige denn den AirPods Max. Die Verwendung geht mit einem hörbaren Rauschen einher, die eigene Stimme klingt so, als hätte man einen Motorradhelm auf dem Kopf.
Wertung: 3,5 von 5 Punkten
Features
Eines der Haupt-Features, mit denen Dyson die OnTrac bewirbt, sind die wechselbaren Ohrmuschel-Kappen und Ohrpolster. Dadurch lassen sich die Kopfhörer in mehr als 2000 Farb-Kombinationen individualisieren. Beide Teile lassen sich per Drehbewegung lösen und gegen andere austauschen. Ein Paar Kappen oder Ohrpolster ist für jeweils 49 Euro erhältlich.
Hevorzuheben bei den OnTrac ist vor allem die 55 Stunden lange Akkulaufzeit. Damit halten die Kopfhörer mehr als doppelt so lange durch als andere ANC-Modelle im High-End-Segment.
Negativ fällt jedoch die Einrichtung der Kopfhörer auf. Um überhaupt anfangen zu können, muss man sich als Nutzer registrieren mit Region, Namen und E-Mail-Adresse. Die MyDyson-App fügt die Kopfhörer nur hinzu, wenn man ihr Zugriff auf den eigenen Standort gibt. Auch nach Einrichtung ist ein Entzug der Zugriffsprivilegien nicht möglich. Dyson argumentiert, dass nur dadurch die Installation von Updates für das Gerät möglich ist – völliger Quatsch und verbraucherfeindlich. Selbst nach Preisgabe all dieser Informationen muss man noch den Power-Button an den Kopfhörern drücken und Bluetooth manuell verbinden, um die Einrichtung abzuschließen – das geht besser. Danach folgt noch die Abfrage des Kaufdatums „für Ihre Garantie“, aha.
In der App bekommen Nutzer Zugriff auf die ANC-Kontrolle und den Equalizer, der leider keine individuellen Presets zulässt. Dazu gibt die Schallbelastung, die den Geräuschpegel innerhalb der Ohrmuschel und außerhalb misst. Sie liefert eine interessante Metrik, die durch einen genauen Dezibel-Wert zeigt, wie die Kopfhörer die Schallbelastung reduzieren – sofern man nicht zu laut Musik hört. Doch gerade dafür ist das Tool praktisch, da man genau einsehen kann, ab welcher Lautstärke das empfohlene Limit von maximal 85 Dezibel überschritten ist. iPhone-Nutzer brauchen dafür nicht unbedingt die App, da iOS bereits einen integrierten Lautstärke-Meter hat. Es ist trotzdem gut, dass Dyson den Schutz des Gehörs in den Mittelpunkt stellt und auch direkt in den Einstellungen die Option bietet, den Schallpegel auf 85 Dezibel zu beschränken.
Was den OnTrac fehlt, ist jedwede Art von 3D-Audio oder Dolby Spatial Audio. Somit ist auch kein Headtracking an Bord, das vor allem beim Schauen von Filmen und Serien immer populärer wird.
Wertung: 3,5 von 5 Punkten
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Fazit zu den Dyson OnTrac
Konkurrenz auf dem Premium-ANC-Markt ist immer willkommen. Seit einiger Zeit teilen Bose, Sony und Apple das Segment unter sich auf. Doch neue Player wie Dyson – und auch Sonos – können der etablierten Elite Konkurrenz machen. Wie aber der Test der Sonos Ace und nun der Dyson OnTrac zeigt, sind die neuen Rivalen noch nicht so weit sind.
Dyson OnTrac schneiden bei COMPUTER BILD gut ab
Unseren Kollegen bei COMPUTER BILD zufolge schneiden die Kopfhörer recht gut ab und ziehen an den Vorgängern Zone vorbei. Lob gibt es für Klang und ANC sowie die zugängliche Steuerung, was am Ende für die Note 1,6 reicht.
Die stärkste Eigenschaft der OnTrac ist zweifelsfrei der Sound. Wer besonders Wert darauf legt, findet im Preissegment um 500 Euro aber deutlich besser klingende Alternativen – etwa die Sennheiser HD660S2 oder die Audeze MM-100. Auch Apple AirPods Max, Sony WH-1000XM5 und Bose QuietComfort Ultra sind auf einem vergleichbaren Niveau – wenn auch mit teils sehr verschieden getunten Klangprofilen.
Bei ANC, Transparenz und sonstigen Features können die Kopfhörer ebenfalls nicht hervorstechen. Das Noise Cancelling kann nicht in der Oberliga mitspielen, diese bleibt weiter Sony, Bose und Apple reserviert. Vor allem der Verzicht auf jegliche 3D-Audio-Funktion überrascht.
Bleibt noch die Individualisierungsmöglichkeit, mit der sich die OnTrac von der Konkurrenz abheben. Wer der langweiligen Farbgebung moderner Kopfhörer entkommen will, hat hier viel Raum für Kreativität. Allerdings sind 50 Euro für ein Paar Ohrpolster oder Kappen ein stolzer Preis. Ist das ein Versuch, mit einem Produkt, für das man sonst einmalig zahlt, wiederkehrende Verkäufe zu erzielen?
Was auch immer sich Dyson bei Entwicklung der OnTrac gedacht hat, die Kopfhörer sind noch nicht an einem Punkt, an dem ich eine generelle Kaufempfehlung aussprechen kann – dafür ist der Preis einfach zu hoch. Es gibt aber sicher eine Nutzergruppe, die viel Wert auf Personalisierung legt und dafür das Geld in die Hand nimmt. Diese dürfte ihre Freude an den Dyson OnTrac haben.