26. September 2022, 13:33 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Eine neue App namens Mietz will die oft unübersichtliche und aufwändige Wohnungssuche vereinfachen. Dazu nutzt sie das Tinder-Prinzip – ein Wisch nach rechts signalisiert Interesse, einer nach links bedeutet: „Nächstes Angebot bitte!“ Dieses Konzept hat zumindest schonmal Fußball-Profi Mario Götze überzeugt, der nur einer der prominenten Investoren ist. TECHBOOK hat sich die App genauer angeschaut.
Eine günstige und schöne Wohnung in größeren Städten zu finden, ist besonders für junge Menschen mit geringem Einkommen schwierig. Die Mietpreise steigen immer weiter und die bezahlbaren Wohnungen in bestimmten Gegenden sind rar geworden. Auf Massenbesichtigungen muss man sich oft so oder so einstellen, wenn man überhaupt eine Einladung bekommt. Gibt man seine Unterlagen dann ab, kommt häufig nicht mal eine Absage. Die App Mietz will diesen ineffizienten und frustrierenden Prozess grundsätzlich anders gestalten.
Übersicht
Mietz-App für digitale Wohnungssuche
Von dieser kraftraubenden Art der Wohnungssuche kann auch Lena Tuckermann berichten. Sie hat mehrere Hundert Anfragen und Bewerbungen verschickt, um eine Wohnung in Hamburg zu finden – ohne Erfolg. „Nach etwa fünf Monaten Suche habe ich hochgerechnet, wieviel Zeit ich schon in die Suche investiert hatte. Dabei kam ich auf etwa 50 Stunden Suchaufwand und etwa 200 Nachrichten“, so Tuckermann zu TECHBOOK. Deshalb kam bei ihr bald die Frage auf, ob es technische Möglichkeiten gäbe, diesen Prozess besser zu gestalten.
Ihre Lösung tüftelte die junge Frau dann in Berlin mit ihrem Mitgründer Johann Kim aus. Die Wohnungssuche soll mit der bekannten „Wisch“-Funktion quasi nach dem Vorbild der Dating-App Tinder potenzielle Mieter einer Wohnung mit dem Vermieter zusammenbringen. Erst wenn beide Parteien mit einem Wisch nach rechts über den Smartphone-Bildschirm ihr Interesse bekundet haben, kommt ein Kontakt zustande. Fertig war die Idee für die digitale Wohnungssuche mit dem Smartphone.
Damit ein Match bei der Wohnungssuche in der App zustande kommt, werden persönliche Vorlieben im Profil angegeben. Eigene Fotos sowie eine Beschreibung von Hobbys und Beruf sind schnell hinzugefügt, um den Vermieter zu überzeugen. Dazu kommen Einkommensnachweise oder Bürgschaften, die durch die Suchenden für Vermieter individuell freischaltbar sind, sobald ein Match zustande kommt. Das heißt, die Suchenden können gezielt ihre Dokumente verschicken. In Sachen Datenschutz hat die App somit bereits einen Vorteil, auch wenn ein Match noch kein Abschluss eines Mietvertrages bedeutet. Bei der gängigen Wohnungssuche ist es nämlich nicht unüblich, private Details über einen Mieterfragebogen preiszugeben, der dann durch mehrere Hände geht.
Uns ist wichtig, dass die Datenhoheit bei den Wohnungssuchenden liegt. Wir behandeln die Daten streng vertraulich. Der Vermieter erhält nur Einsicht, wenn der Bewerber sie aktiv freigibt. Kommt es zu einem Match mit dem Vermieter, kann man ihm seine Bewerbungsunterlagen mit einem Klick freigeben. So sendet man auch nicht vielen Vermietern seine sensiblen Daten, sondern kann sie selbstbestimmt teilen, wenn ein Vermieter Interesse hat. Ohne eine einzige E-Mail.
Lena Tuckermann, Gründerin und CEO von Mietz
Intuitive und übersichtliche Anwendung
In der App selbst ist die Sichtung der Wohnungsangebote sehr einfach. Man muss zunächst lediglich seinen Namen sowie die Telefonnummer angeben und kann dann auch direkt mit dem Sichten der Angebote anfangen. Alles, was nach rechts gewischt wird, signalisiert der App, dass einem die Wohnung gefällt. Ein Wisch nach links bedeutet hingegen Ablehnung. Danach wird einem sofort ein neues Angebot in der ausgewählten Stadt angezeigt. Das ist intuitiv und erspart einem ständiges Klicken auf neue Seiten. Das eigene Profil kann entweder zu einem späteren Zeitpunkt vervollständigt oder natürlich auch direkt komplett angelegt werden.
Jedes Wohnungsangebot enthält ganz oben mehrere Fotos mit Angaben zu Preis, Ort, Quadratmeter und Zimmeranzahl. Wer nach unten scrollt, kann Detailinformationen nachschauen, zum Beispiel wie sich die Warmmiete zusammensetzt und ob die Wohnung möbliert ist.
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Junge Zielgruppe für die Wohnungssuche per App
Als Zielgruppe nennt Tuckermann vor allem junge Leute. Gerade Studierende und Berufsanfänger haben es besonders schwer auf dem Wohnungsmarkt. Diese Generation ist außerdem auch digital viel unterwegs. Die Mietz-App setzt deswegen in erster Linie auf entsprechende Angebote in Apartment-Gebäuden oder auf Eigentümer, die speziell an diese junge und flexible Zielgruppe vermieten wollen.
Ob die App bei der Wohnungssuche günstigere Angebote bietet als die Konkurrenz auf Immobilienportalen, bleibt abzuwarten, da Mietz erst seit Kurzem verfügbar ist. Die App steht bisher in der Beta-Version sowohl im App als auch im Play Store zur Verfügung. In Berlin ist die Anwendung aber schon großflächig nutzbar. Zudem sind Wohnungen von Apartment-Häusern oft möbliert. Das ist zwar praktisch für einen flexiblen Einzug auf Zeit, aber auf die Miete wird zusätzlich ein Möblierungszuschlag fällig.
Wer die Angebote der Mietz-App miteinander vergleicht, dem fällt auch die Preisspanne zwischen den Angeboten auf. So sind einige Wohnungen mit Mietpreisen zu sehen, die zu günstig erscheinen, um wahr zu sein. Anderseits sind einige Angebote weit über dem Quadratmeterpreis der Vergleichsmiete der näheren Umgebung und damit auffallend teuer. Das ist in einer Großstadt wie Berlin nicht unüblich, bringt einem einkommensschwachen Mieter aber wenig.
Die hohen Preise lassen sich zum Teil damit erklären, dass die Wohnungen meist möbliert oder nur für kurze Zeiträume zu vermieten sind. Gerade junge und/oder beruflich noch nicht gefestigte Menschen sind oft – auch aus der Not heraus – bereit, höhere Mieten zu bezahlen. Um das etwas abzufedern, wolle Mietz ein möglichst breites Wohnungsangebot zur Verfügung stellen. „Wir arbeiten beispielsweise auch mit Studierendenwohnheimen zusammen, für die kein Bonitätsnachweis erforderlich ist“, sagt Tuckermann.
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Mario Götze und weitere große Namen investieren in Mietz
Dass der Mietmarkt überteuert ist, weil das Wohnungsangebot zu knapp ist, daran kann auch die Mietz-App nichts ändern. Zumindest macht die Wohnungssuche mit der App aber Spaß und geht leicht von der Hand. Gerade der angesprochenen jungen Zielgruppe könnte Mietz so langfristig einen echten Mehrwert bieten. Aber auch darüber hinaus dürfte das Angebot für alle interessant sein, die im Mietendschungel der Großstadt an ihre Grenzen stoßen. Das Start-up konnte laut eigenen Angaben in einer Vor-Finanzierungsrunde eine Million Euro an Investorengeldern einsammeln. Zu den Investoren gehören etwa Fußball-Profi und WM-Final-Torschütze Mario Götze, Christine Kiefer von Angel Invest sowie Jon Oringer, Gründer und CEO von Shutterstock.
Auch für die Zukunft hat das Start-up große Pläne. So will Mietz einen rechtssicheren Abschluss eines Mietvertrages über die App anbieten. Dazu soll eine qualifizierte elektronische Signatur zum Einsatz kommen. Solche digital abgeschlossenen Verträge sind in Deutschland jedoch für bestimmte Abschlüsse ausgeschlossen. Digitale Mietverträge sind nämlich nicht an eine bestimmte Form gebunden, müssen aber mit einer elektronischen Signatur versehen sein, damit eine rechtssichere Unterschrift angenommen werden kann. Wenn es der Mietz-App gelingt, eine zugelassenen Mietvertragsabschluss innerhalb der eigenen Anwendung anzubieten, könnte das den Erfolg definitiv beflügeln.
Quellen
- Mietz Pressemitteilung, aufgerufen am 22.09.22.
- Rheinland-Valley, aufgerufen am 26.09.22