8. April 2022, 13:16 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
HMD Global, seit 2016 Hersteller der bekannten Nokia-Smartphones, befindet sich derzeit in einem Patentstreit. In Folge musste das Unternehmen den Verkauf seiner Geräte im eigenen Online-Shop stoppen. Doch nun sind die ersten Smartphones zurück.
Noch bis vor Kurzem fand sich im Online-Shop von Nokia nahezu gähnende Leere vor. In der Smartphone-Abteilung waren seit Ende Februar gerade einmal zwei Modelle gelistet – das Nokia G21 und das Nokia G11. Ältere Smartphones tauchten gar nicht auf. Grund für den Verkaufsstopp im eigenen Store war ein Patentstreit zwischen HMD Global und der Firma VoiceAgeEVS LLC. Doch nun setzt Nokia den Verkauf fort und bietet teils abgeänderte Modelle an.
Übersicht
Update vom 08. April
Wieder mehr Smartphones im Nokia-Shop
Mittlerweile hat sich der Online-Shop von Nokia wieder gefüllt. Neben dem Nokia G11 und G21 finden sich dort jetzt auch die Modelle G50, X10, X20 und XR20. Kaufen lassen sie sich allerdings nicht, denn die Smartphones sind nicht vorrätig. Lediglich das Nokia G11 und G21 können Kunden weiterhin in den Warenkorb legen.
Kurios: Über allen wieder neu in den Shop aufgenommenen Modellen hat der Hersteller die Anmerkung „Neue Version“ geschrieben. Was im Detail neu an den Smartphones ist, verrät HMD Global allerdings nicht. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich die Änderungen auf den Audio Codec beziehen, wegen dem es zu dem Patentstreit gekommen ist.
HMD Global macht also einen Schritt nach vorn, wenn auch unklar ist, wann der Smartphone-Verkauf im Nokia-Shop wieder in größerem Umfang anläuft und eventuell sogar neue Geräte dazu kommen.
Ursprünglicher Bericht vom 24. Februar 2022
Nokia in Patentstreit verwickelt
Wie die Kollegen von „heise online“ berichten, geht es im Patentstreit um die Rechte an der EVS-Technologie (Enhanced Voice Services). Hierbei handelt es sich um einen Audio Codec, der die Sprachqualität deutlich erhöht, indem er beispielsweise im Vergleich zu HD-Voice einen höheren Frequenzbereich abdeckt, Rauschen minimiert und Stimmen natürlicher klingen lässt. EVS funktioniert allerdings nur, wenn zwei Smartphone-Nutzer über VoLTE miteinander telefonieren, also über das LTE-Netz. Die Rechte an der Technologie hält das Unternehmen VoiceAgeEVS LLC, das sowohl in Deutschland als auch in den USA einen Sitz hat, zusammen mit der Investment-Gruppe Fortress.
VoiceAgeEVS LLC hat in den vergangenen Jahren bereits mehrere Smartphone-Hersteller wegen der Verletzung der Patente an der Technologie verklagt. Mit dabei waren neben HMD Global auch Apple, TCL oder Lenovo. Apple hat sich mittlerweile außergerichtlich geeinigt, HMD Global hat es hingegen auf einen Prozess ankommen lassen. Vor dem Mannheimer Gerichtshof unterlag der Hersteller VoiceAgeEVS LLC im vergangenen Sommer jedoch. Daraufhin kam es im Dezember 2021 zu einem Vollstreckungsverfahren in Deutschland.
HMD Global stoppt Smartphone-Verkauf auf seiner Webseite
Auf TECHBOOK-Anfrage bestätigte HMD Global, dass das Unternehmen Beklagter in mehreren Gerichtsverfahren ist, die von VoiceAgeEVS LLC in verschiedenen Gerichtsbarkeiten, darunter auch in Deutschland, angestrengt wurden. Gegen das im Dezember erlassene Vollstreckungsverfahren hat der Hersteller bereits Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig habe man sich Ende Februar sicherheitshalber dazu entschlossen, die betroffenen Smartphones vorerst nicht mehr zu verkaufen.
„Wir sind enttäuscht über den Beschluss“, schrieb uns HMD Global. Man habe aber sicher gestellt, dass keines der in Deutschland angebotenen und vertriebenen Nokia-Smartphones mehr EVS unterstützt. „Wir werden weiterhin Nokia Phones in Deutschland verkaufen. HMD ist weiterhin zuversichtlich, was den Ausgang der Rechtsstreitigkeiten angeht, und wird den Verbrauchern weiterhin Geräte, Zubehör und Dienste gemäß unserem Slogan ‚Love it, Trust it, Keep it‘ anbieten.“
Gleichzeitig betonte der Hersteller, dass man die Smartphones nur von der eigenen Webseite, nicht aber aus dem Handel genommen habe. Und tatsächlich waren und sind Modelle wie das Nokia X20, das G50 oder das Nokia 3.4 beispielsweise über Amazon, Media Markt oder Saturn weiterhin zu bekommen.
Verkaufsstopp der Nokia-Smartphones auch in anderen Ländern
Nicht nur in Deutschland, auch in Ländern wie Frankreich und der Schweiz hatte sich HMD Global für einen vorübergehenden Verkaufsstop der Nokia-Smartphones auf seiner Webseite entschieden. In Österreich und den USA wurden die Geräte jedoch weirerhin gelistet.
Unklar ist, wie lange sich der Rechtsstreit noch hinziehen wird. Ob die erste Niederlage vor Gericht bereits das Aus für Nokia in Deutschland bedeutet, muss aber bezweifelt werden. Denn meist kommt es in derartigen Verfahren am Ende doch zu einer Einigung.
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Quellen
- heise online
- Statement von HMD Global