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Verkehrte Zahlen

Darum haben Taschenrechner und Telefone verschiedene Nummernfelder

Zwei iPhone Xr nebeneinander mit Taschenrechner- und Telefon-App
Gleiches Gerät, gleiche Ziffern, verschiedene Anordnungen: die Taschenrechner- beziehungsweise Telefon-App auf dem iPhone Foto: TECHBOOK
Adrian Mühlroth
Redakteur

28. Dezember 2017, 18:04 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Was fängt mit 123 an und endet auf 0? Das Nummernfeld eines Telefons ist jedem bekannt. Doch warum ist es eigentlich in einer anderen Reihenfolge als das eines Taschenrechners?

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Kaum einem fällt es auf, aber es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen den Tastenfeldern eines Telefons und eines Taschenrechners – die Reihenfolge ist vertauscht. Während die Zahlen bei einem Telefon von 1-9 und links oben nach rechts unten laufen, gilt beim Taschenrechner verkehrte Welt. Hier wird von rechts oben nach links unten in absinkender Reihenfolge von 9 bis 1 gezählt. TECHBOOK erklärt, warum das so ist.

Frühe Rechenmaschinen ohne einheitliche Tasten

Mechanische Rechenmaschinen mit Hebeln und Rädern erblickten bereits 1642 das Licht der Welt, aber erst 1844 schaffte es der Franzose Jean-Baptiste Schwilguć, einen Rechner-Prototyp mit numerischen Eingabetasten zu entwerfen. Die Rechenmaschine hatte Tasten von 1 bis 9, die in einer horizontalen Linie angeordnet waren. Obwohl es zu dieser Zeit bereits Maschinen gab, die komplexere Rechnungen durchführen konnten, machte diese revolutionäre Eingabemethode das Rechnen deutlich einfacher und schneller, da jede Taste tatsächlich nur einer Zahl entsprach.

 Der Arithmometre, die erste mechanische Rechenmaschine | Foto: Getty Images
Der Arithmometre, die erste mechanische Rechenmaschine | Foto: Getty Images

Trotz dieser Erfindung gab es lange Zeit kein einheitliches Eingabefeld für Rechenmaschinen. Egal ob Schieber, Räder oder Knöpfe, in horizontaler oder vertikaler Anordnung, jeder Erfinder verpasste seinem Rechengerät ein eigenes Aussehen, oft getrieben von mechanischen Notwendigkeiten. Woher kommt also das 3 mal 3 Tasten messende Feld mit einer Null darunter, das heute in (fast) jedem Taschenrechner zu finden ist? Es gibt zwar keinen klaren Beleg für die Entstehung des Zahlenfelds, es wird jedoch vermutet, dass Registrierkassen eine Rolle dabei gespielt haben könnten.

Registrierkassen als Vorbild für Rechenmaschinen

Die erste mechanische Registrierkasse wurde 1879 in Ohio von James Ritty erfunden, der seine Saloon-Angestellten davon abhalten wollte, sich an der Kasse zu bedienen. Die Kasse war jedoch wenig mehr als eine Rechenmaschine, die nach Berechnung des Preis klingelte, um dem Besitzer zu signalisieren, dass ein Kauf stattfinde. Während also die Kassen den Rechenmaschinen bei der Funktionalität hinterherhinkten, hatten sie ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal: die Null. Die Registrierkassen brauchten die Null, um Cent-Beträge korrekt darzustellen, während Rechenmaschinen die Null immer nur durch Addition berechneten, wie zum Beispiel „10“ durch Addition von 5+5. Anfangs gab es jedoch keine eigene Taste für die Null. Stattdessen gab es feste Beträge wie etwa 10, 20, 30 usw.

 Eine alte Registrierkasse | Foto: Pascal Saez/VW Pics/UIG via Getty Images
Eine alte Registrierkasse | Foto: Pascal Saez/VW Pics/UIG via Getty Images

Die Bedienung wird vereinfacht

Bei den Rechenmaschinen ging die Entwicklung rasant weiter. 1884 präsentierte Erfinder Dorr Felt den sogenannten Comptometer, der die Zahlen von 1 bis 9 vertikal von unten nach oben anordnete. Die vertikalen Reihen stellten jeweils eine Dezimalstelle dar, das Gerät kam mit bis zu 16 parallelen Zahlenreihen. Diese Anordnung war für die Zeit ungewöhnlich, ist aber vermutlich aus einer Mischung aus mechanischer Notwendigkeit und effizienterer Bedienung entstanden. Die kleineren Zahlen brauchten eine kürzere Rotation als die höheren, weshalb sie weiter unten sitzen konnten.

Der Comptometer mit zehn Zahlenreihen

Vielleicht war Dorr Felt bei der Entwicklung seines Geräts auch schon bekannt, dass kleinere Zahl häufiger als höhere Zahlen benutzt werden, eine Theorie, die bereits 1881 von Simon Newcomb aufgestellt und später als Benfords Gesetz bekannt wurde. Um die Bedienung zu erleichtern und effizienter zu machen, sind die kleineren Zahlen deswegen näher an den Händen des Nutzers. Dass dies von Dorr Felt durchaus so beabsichtigt war, bestätigt die Bedienungsanleitung des Geräts, in der steht, dass kleinere Zahlen einfach addiert werden sollten, statt die höher liegenden einzugeben. Durch den kleineren Abstand sollte eine höhere Eingabegeschwindigkeit erreicht werden.

Die Einführung der Null

Die erste Rechenmaschine, die über eine eigene Taste für die Null verfügte, war die Dalton Additionsmaschine von 1902. Das Gerät hatte ein ungewöhnliches Tastenfeld mit den Zahlen 24579 in der oberen Reihe und 13068 in der unteren. Nur zwölf Jahre später, 1914, meldete der Amerikaner David Sundstrand Patent Nr. 1198487 für ein logischeres und nutzerfreundliches Tastenfeld an. Laut Patent sollen die Zahlen 1-9 von unten nach oben in einem 3-zu-3-Raster angeordnet werden, mit einer weiteren Reihe unterhalb für die Null. Dieses Design, das aus 70 Jahren Entwicklung hervorgegangen ist, hat sich letztendlich durchgesetzt und wird bis heute für Taschenrechner benutzt.

Von der Wählscheibe zur Taste

Das erste Telefon mit Wählscheibe geht auf das Jahr 1891 zurück, also noch bevor sich das 3-zu-3-Tastenfeld bei Rechenmaschinen durchgesetzt hatte. In der Wählscheiben waren die Zahlen 1-9 mit einer Null am Ende gegen den Uhrzeigersinn angeordnet, die Null existierte also bereits als unterste Zahl auf dem Bedienfeld. Als das Amerikanische Telefon- und Telegrafen-Unternehmen AT&T die Eingabemethode von Wählscheibe auf Tasten umstellen wollte, wurden 1950 und 1960 Studien bei Bell Labs in Auftrag gegeben, die herausfinden sollten, welche Tastenanordnung die Nutzer am intuitivsten finden würden. Zur Auswahl standen neben der bereits etablierten Taschenrechneranordnung von 9-1 auch die umgekehrte Taschenrechneranordnung von 1-9, sowie viele weitere Vorschläge wie etwa Kreuze, Kreise, Trapeze und Dreiecke.

 Ein altes Telefon mit Wählscheibe | Foto: Robert Alexander/Getty Images
Ein altes Telefon mit Wählscheibe | Foto: Robert Alexander/Getty Images

Bei Anfertigung der Studien befragte Bell Labs auch führende Rechenmaschinenhersteller, warum sie ihre Geräte immer mit dem Eingabefeld mit den niedrigen Zahlen am unteren und den höheren Zahlen am oberen Ende ausstatten würden. Die Antwort war, wenig überraschend, dass die Entscheidung aus Willkür getroffen wurde. Diese Anordnung war bekannt und hatte sich durchgesetzt, jedoch hatte keiner nachgeforscht, welche Anordnung für den Nutzer am besten ist.

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Laut Studien ist das Telefonnummerfeld besser für den Nutzer

Die Bell-Labs-Studien ergaben, dass Nutzer die Anordnung im 3-zu-3-Raster mit den niedrigeren Zahlen am oberen Ende bevorzugten, die Taschenrechneranordnung hingegen wurde als wenig intuitiv gesehen. Deshalb wurde entschieden, dass für Telefone die bevorzugte Reihenfolge gelten solle, die bis heute in allen Telefonen, Smartphones und Handys zu finden ist.

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