12. November 2023, 16:34 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Das Smartphone des Partners zu überwachen, gehört zu den wohl größten Vertrauensbrüchen in einer Beziehung. Auch die heimliche Kontrolle von Jugendlichen durch ihre Eltern ist moralisch höchst fragwürdig. Technisch gibt es aber Mittel und Wege für genau diesen Zweck. Besonders perfide sind dabei Spionage-Apps. TECHBOOK verrät, wie man diese auf dem eigenen Smartphone erkennt.
Wer das Smartphone seines Partners überwacht, greift dabei oft auf bereits vorhandene Dienste zu. So können beispielsweise die Ortungsfunktionen des Telefons und Messenger-Dienste wie WhatsApp überprüft werden. Dadurch lässt sich unter anderem der Aufenthaltsort einer Person nachvollziehen. Aber auch Nachrichten lassen sich heimlich mitlesen. Den Betroffenen ist dabei häufig nicht klar, welche Formen der Überwachung über das Smartphone möglich sind. TECHBOOK klärt auf.
Übersicht
Nicht nur Wände haben Ohren
Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Apps, die die Überwachung eines Smartphones ermöglichen. In vielen Fällen richten sich diese Spionage-Apps vor allem an eifersüchtige Menschen. Die Apps versprechen dabei eine relativ umfängliche Überwachung der Smartphone-Aktivität. Mit den Apps sollen zum Beispiel das Smartphone geortet und WhatsApp-Nachrichten oder Anrufe – auch Videocalls – sichtbar und hörbar werden. Aber auch die Aktivität auf Social Media kann bei manchen Apps nachverfolgt werden. Einige Spionage-Apps gehen sogar so weit, dass sie die heimliche Aktivierung des Mikrofons ermöglichen, ohne dass der Smartphone-Nutzer dies bemerkt. Auch das Aufnehmen von Screenshots und der Zugriff auf die Fotogalerie des infiltrierten Smartphones gehören zum Leistungsumfang.
In den Bewertungen der Apps finden sich viele Fans der Überwachung. Nicht nur eifersüchtige Partner und Eltern zeigen sich begeistert, auch Chefs geben an, auf diese Weise ihre Mitarbeiter zu „überprüfen“. Doch auch Stalkern eröffnen Anwendungen dieser Art Tür und Tor. Aus den 2022 geleakten Nutzerdaten einer thailändischen Spionage-App geht hervor, dass in Deutschland etwa 80 Prozent der Käufer Männer sind. Die Opfer erfahren dagegen nur selten, dass sie massiv überwacht werden.
Drohende Haftstrafe wie bei Körperverletzung
Käufer einer solchen App, die damit ein fremdes Smartphone überwachen wollen, müssen die Spionage-App auf dem Zielgerät installieren. Die Anbieter versprechen keinerlei Sichtbarkeit, sodass die betroffene Person nichts von der Überwachung mitbekommt. Heimlich erfahren die Nutzer der App nahezu alles, was auf dem Gerät passiert: Mit wem die Person telefoniert, ganze Telefonat-Aufzeichnungen oder Chatverläufe sämtlicher Messenger-Dienste.
Was den meisten Menschen zwar bewusst ist, aber zum Zweck der Überwachung einfach ignoriert wird: Solche Apps sind ohne das Einverständnis der Smartphone-Besitzer illegal. (Eine Ausnahme gibt es lediglich für Eltern.) Bis zu drei Jahre Gefängnis können Menschen in Deutschland drohen – das ist immerhin das Höchstmaß für fahrlässige Körperverletzung. Das Technikmagazin „c’t“ führte hierzu eine stichprobenhafte Nachfrage bei den Landeskriminalämtern von Niedersachsen und Berlin durch. Das Ergebnis ist aber ernüchternd. In den vergangenen Jahren gab es kaum Strafprozesse oder Ermittlungsverfahren aufgrund der strafbaren Nutzung solcher Apps. Die Dunkelziffer sei dagegen sehr hoch. Da der Markt natürlich verschiedene Apps bereithält, dürfte die Nutzerziffer deshalb deutlich größer sein.
So kommen Sie Spionage-Apps auf die Spur
Obwohl die Überwachungs-Apps auf dem Smartphone nur schwer zu enttarnen sind, weil sie in der Regel nicht sichtbar sind, gibt es einige Indizien, die sie dennoch entlarven können.
Anzeichen für eine Spionage-App auf dem Smartphone sind:
- Ein erhöhter Akku-Verbrauch: Die Arbeitsprozesse der App führen zu einem schnelleren Entladen des Akkus.
- Ein erhöhter Datenverbrauch: Das Versenden der Dateien im Hintergrund an den Nutzer der Spionage-App verursacht einen höheren Datenverbrauch.
- Komplikationen auf dem Smartphone: Sowohl die Prozessabläufe der App als auch Fehler in der Software können zu einer Verlangsamung des Smartphones und zum Erhalt merkwürdiger Nachrichten führen.
Sollten Sie den Verdacht haben, dass sich eine Spionage-App auf ihrem Smartphone befindet, können Sie folgende Maßnahmen ergreifen
- Kurzfristige Sofortlösung: Flugmodus aktivieren und WLAN-Verbindungen trennen, um Datenübertragung zu stoppen
- Unbekannte Geräteadministratoren deaktivieren
- Web-Zugriff von Messengern überprüfen. Unter angemeldete Geräte schauen, welche Geräte Zugriff haben und gegebenenfalls sperren
- Gerät notfalls auf Werkseinstellung zurücksetzen
- Passwörter ändern
Werden Sie überwacht? So finden Sie Spionage-Apps auf dem Handy
Mit Anleitung WhatsApp installieren und richtig einrichten
Messenger Verschwundene Kontakte auf WhatsApp wiederherstellen
Play Protect als Spionageabwehr
Play Protect von Google bietet für Android-Nutzer außerdem eine Sicherheitsfunktion, die alle Apps auf dem Gerät scannt. Zu finden ist Play Protect im Google Play Store. Gehen Sie hier auf Ihr Profil und dann auf den Reiter „Apps und Gerät verwalten“. In der Übersicht findet sich nun ein Eintrag von Play Protect, der bei einem sauberen Smartphone lautet: „Keine schädlichen Apps gefunden“. Sie können Play Protect auch manuell zum Scannen auffordern.
Eine grundsätzliche empfohlene Datenschutzeinstellung ist zudem die restriktive Vergabe von Berechtigungen. Viele Apps fragen bei der Installation mehr Berechtigungen ab, als für eine einwandfreie Nutzung wirklich nötig wären. Wer Sprachnachrichten per WhatsApp versendet, wird wohl sein Mikrofon freischalten müssen, kann aber gleichzeitig trotzdem den Zugriff auf den Standort verweigern. In den Einstellungen können Sie bei Android unter „Apps“ alle Apps aufrufen und sich die konkret erteilten Berechtigungen anzeigen lassen. Sollten Sie hier eine auffällige App entdecken, können Sie ihr die Berechtigungen entziehen oder die App gleich ganz löschen.
Generell gilt: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Schützen Sie Ihr Smartphone mit einem Passwort und lassen Sie es nicht in fremde Hände gelangen. Sollten Eltern den Standort ihrer Kinder nachverfolgen sollen, ist auch das eine Frage des Respekts, nicht heimlich in die Privatsphäre des Kindes einzugreifen.