24. November 2024, 16:56 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Mit Nothing ist es Carl Pei bereits zum zweiten Mal gelungen, eine außergewöhnliche Smartphone-Marke aus der Taufe zu heben. Doch was macht diese so besonders?
Spätestens 2020 muss es Carl Pei zu viel geworden sein. Erst sieben Jahre zuvor hatte der damals gerade einmal 24 Jahre alte gebürtige Chinese mit schwedischem Pass gemeinsam mit Pete Lau den Smartphone-Hersteller OnePlus gegründet. Und mit dem Konzept „Viel Qualität für wenig Geld“ entwickelte sich OnePlus viel schneller zur Erfolgsgeschichte, als Pei und Lau selbst geglaubt hatten.
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„Eine Welt, in der Tech wieder Spaß macht“
In den Jahren nach der Gründung muss bei Pei allerdings die Erkenntnis gereift sein, dass OnePlus sich immer mehr zu einer „normalen“ Smartphone-Marke hinentwickelte. Der Kaufpreis für OnePlus-Geräte hatte längst angezogen, und auch das „OnePlus – das etwas andere Smartphone“-Image schien sich allmählich zu verbrauchen. So zog Pei 2020 einen Schlussstrich und verließ das Unternehmen.
Schon am 27. Januar 2021 aber meldete er sich eindrucksvoll zurück und kündigte mit Nothing gleich die Gründung eines neuen, in London ansässigen Unternehmens an. Er wolle mit Nothing die Barriere zwischen Menschen und Technologie beseitigen, um eine nahtlose digitale Zukunft zu schaffen, so Pei damals. Oder wie er, noch prägnanter, auf der deutschen Nothing-Website zitiert wird: „Wir erschaffen eine Welt, in der Tech wieder Spaß macht.“
Nothing holt sich prominente Unterstützung
Für die Umsetzung hatte sich der Tech-Visionär zunächst mit Teenage Engineering zusammengetan. Der schwedische Consumer Electronics-Hersteller ist nicht nur bekannt für seine innovativen Produkte, sondern auch für deren außergewöhnliches Design. Folgerichtig war der neue Partner mit der Entwicklung des Designs der Nothing-Produkte beauftragt worden. Das Ergebnis bezeichnete Pei im Gespräch mit dem Online-Portal „The Verge“ als „einzigartig“, es entspreche der „Vision von Nothing“. Teenage Engineering habe mit seinem einzigartigen handwerklichen Können und seiner umfassenden Erfahrung im Industriedesign“ die Design-Identität von Nothing entscheidend geprägt, wie Pei im Februar 2021 auf Twitter (heute X) mitteilen ließ.
Gleichzeitig hatte Pei eine ganze Riege visionärer Investoren der Branche mit ins Boot geholt. So u. a. den Vater des iPods und der Musik-Streaming-Plattform iTunes, Tony Fadell, den Twitch-Mitbegründer Kevin Lin sowie den Mitbegründer und CEO von Reddit, Steve Huffmann. Der Film-Regisseur, -Produzent und YouTuber Casey Neistat vervollständigte dieses erlesene Experten-Quartett.
Die vier Tech-Pioniere hatten in einer ersten, noch inoffiziellen Finanzierungsrunde sieben Millionen Dollar beigesteuert. Ein öffentlicher Finanzierungsaufruf hatte schließlich weitere 15 Millionen Dollar eingebracht. Einer der Hauptinvestoren war GV, früher als Google Ventures bekannt. GV ist der Wagniskapital-Investitionsarm von Google-Mutter Alphabet Inc. Das Unternehmen agiert unabhängig von Google und investiert in Ideen der Tech-Branche, die noch in ihren Anfängen stecken – wie Nothing.
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Erstes Nothing-Gerät ist ein Kopfhörer
Als Nothing der Öffentlichkeit am 27. Juli 2021 sein erstes Produkt präsentierte, handelte es sich nicht um ein Smartphone, sondern um kabellose Kopfhörer, die Nothing Ear (1). Auffällig war das transparente Design sowohl der In-Ears als auch der Ladeschale. Alles ganz nach dem Nothing-Mantra „We believe in windows not walls“, also „Wir glauben an Fenster, nicht an Wände.“ Eine buchstäbliche Transparenz, die zum Markenzeichen von Nothing-Produkten werden sollte.
Auch auf das erste Nothing-Smartphone musste die Pei-Fangemeinde nicht mehr lange warten. Anfang September 2022 stellte Pei, der wiederholt betont hatte, man müsse das Smartphone grundsätzlich neu denken, das Nothing Phone (1) vor. Nahezu alle Tests, die nun erschienen, lobten die tolle Haptik, die gute Verarbeitung und das Design. Kaufgründe, die tatsächlich an Apples iPhones denken ließen.
So gefiel den Testern gerade auch das (neben der Transparenz) zweite offensichtliche Alleinstellungsmerkmal des Phone 1, das Glyph Interface. Dabei handelt es sich um eine auf der Rückseite LED-Beleuchtung. Die LEDs zeigen, indem sie in einem individuell zu konfigurierenden Muster aufleuchten, Anrufe, eingehende Nachrichten etc. an, wenn das Gerät mit dem Display auf dem Tisch liegt. Das sorgt beim einen oder anderen Gesprächspartner schon mal für einen Überraschungseffekt, wurde aber in manchen Test als lediglich unterhaltsame Spielerei bewertet.
Allerdings überzeugten auch die inneren Werte des Phone (1) die meisten Experten. So wurde gerade das Betriebssystem gelobt. Das Nothing OS mag sich damals auf den ersten Blick zwar nur in Kleinigkeiten von Android 12 unterschieden haben, bei der täglichen Nutzung aber wurden aus diesen Kleinigkeiten schnell handfeste Vorteile. Denn die Benutzeroberfläche war sehr schlank gehalten und auf jedwede Bloatware hatte man verzichtet. Das spart Zeit, schont die Nerven und bringt die von Pei versprochene „Welt, in der Tech wieder Spaß macht“ ein Stück näher.
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Nothing Phones feiern Erfolge
Die Entwicklung bei Nothing ist seit dem Start der Marke stetig vorangeschritten. Sowohl von Nothing Ear als auch von Nothing Phone gibt es längst neue Generationen. Im Frühling 2024 wurde mit dem rund 300 Euro teuren Nothing Phone (2a) erstmals eine abgespeckte und damit günstigere Budget-Version des 2er-Modells vorgestellt. Diese wiederum wurde einige Monate später um eine Plus-Variante, Nothing Phone (2a) Plus, erweitert.
Nun hoffen die Pei- und Nothing-Fans für 2025 sehnlichst auf das Nothing Phone (3), das der eine oder andere wohl noch für 2024 erwartet hatte. Ob das Display dann größer ausfällt oder welche anderen neuen Features vielleicht vorhanden sind, wird man sehen. Für positive Überraschungen war Pei bisher jedenfalls immer gut.