8. September 2022, 15:41 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
TECHBOOK-Redakteur Adrian Mühlroth ist 2021 von Android auf das iPhone 13 mini umgestiegen. Nachdem Apple nun das iPhone 14 vorgestellt hat, ist er froh, den Vorgänger zu haben.
Das September-Event ist vorbei und das iPhone 14 offiziell. Normalerweise finde ich immer gute Worte für Apples Aushängeschild, doch dieses Mal hat es mir ein wenig die Sprache verschlagen. Vergangenes Jahr haben mich die Verbesserungen im iPhone 13 mini dazu gebracht, meinem Android-Smartphone den Rücken zu kehren. 2022 hat meiner Meinung nach aber niemand einen Grund, auf das iPhone 14 umzusteigen.
Was ist überhaupt neu?
Drückt man jemanden das iPhone 13 und das iPhone 14 in die Hand, wird er große Probleme haben, zu erkennen, welches der beiden Modelle welches ist. Denn äußerlich unterscheidet sich das neue iPhone 14 rein gar nicht von seinem Vorgänger. Ausgenommen in den USA, wo der SIM-Karten-Slot wegfällt.
Alle Infos zum neuen iPhone 14 finden Sie in unserem Übersichtsartikel.
Ein neuer Formfaktor für das Standard-iPhone
Was sich hingegen ändert, ist die Größe des zweiten iPhone-14-Modells in Apples Angebot. Die iPhone-mini-Variante fällt weg, dafür gibt es das neue iPhone 14 Plus. Dieses spielt mit seinem 6,7 Zoll großen Display in der gleichen Liga wie die Pro-Max-Variante des iPhones.
Verbesserte Kameras mit neuen Funktionen
iPhone 14 und iPhone 14 Plus haben einen neuen Kamerasensor. Beim genauen Hinschauen stellt man fest, dass es sich dabei um den Sensor aus dem 13 Pro vom Vorjahr handelt. Dieser ist größer und hat eine weitere Blendenöffnung als im Vorjahr. Auch an der Selfie-Kamera hat Apple gearbeitet. Der bessere Sensor hat nun eine Linse mit Autofokus. Das ist eine Seltenheit in Smartphones und führt dazu, dass Selfies nun natürliche Tiefenunschärfe – auch Bokeh genannt – bekommen.
Gänzlich neu in allen iPhone-14-Modellen ist die Photonic Engine mit verbesserter Deep-Fusion-Technologie. Was das bedeutet, ist, dass Apple einfach die Schritte in der Bildverarbeitungs-Pipeline angepasst hat. Dadurch bekommen alle Kameras eine bessere Lichtempfindlichkeit bei geringer Lichtstärke.
Praktisch für Sport-Aufnahmen ist zudem ein neuer Action Mode. Dieser liefert stärkere Stabilisierung von Videos bei viel Bewegung. Das Bild wird dabei jedoch stark an den Rändern abgeschnitten, sodass das Sichtfeld kleiner ist.
Notruf-SOS per Satellit
Apple hat auf dem September-Event viel davon geredet, wie seine Produkte Menschen im Notfall helfen können. So unterstützt auch das normale iPhone 14 die gleiche Notruf-SOS-Funktion per Satelliten wie das iPhone 14 Pro. Leider ist der Dienst nur mit einem Abo verfügbar. Etwas unpraktisch, wenn man beim Bergsteigen abseits aller Mobilnetze stürzt und dann bemerkt, dass das Notruf-Abo vor zwei Monaten abgelaufen ist. Immerhin gibt es den Dienst beim Kauf des iPhone 14 zwei Jahre lang gratis. Das Ganze funktioniert jedoch zumindest vorerst nur in den USA und Kanada.
Zu wenig für zu viel Geld
Meiner Meinung hat Apple das Ziel mit dem iPhone 14 weit verfehlt. Die oben genannten Neuerungen können den höheren Preis – mehr dazu weiter unten – nicht rechtfertigen.
Kein neuer Chip
Das iPhone 14 bekommt nicht den neuen A16 Bionic Chip, den Apple auf der Keynote vorgestellt hat. Dieser bleibt den Pro-Modellen vorbehalten. Stattdessen kommt das diesjährige iPhone mit dem A15 Bionic aus dem Vorjahr. Immerhin verbaut Apple die Version aus dem iPhone 13 Pro, bei der ein zusätzlicher GPU-Kern aktiviert ist – und nicht nur die 4-Kern-GPU aus dem iPhone 13.
Dass Apple einen alten Chip in einem brandneuen iPhone verbaut, hat es bislang nur ein mal gegeben. Und zwar 2013, als neben dem iPhone 5s das iPhone 5c vorgestellt wurde. Während das 5s den komplett neuen Apple A7 bekam, musste das Budget-freundlichere 5c mit dem A6 aus dem Vorjahr vorliebnehmen.
Die Kluft zwischen Pro und Nicht-Pro wächst
Vergangenes Jahr haben die Pro-Modelle des iPhone 13 erstmals in der iPhone-Geschichte ein ProMotion-Display mit 120 Hertz erhalten. Das ist bereits ein markanter Unterschied, doch dieses Jahr wird es nur noch schlimmer.
iPhone 14 und 14 Plus müssen weiterhin ohne ProMotion-Display auskommen. Hinzu kommt nun aber auch noch, dass sie ebenfalls auf die neue Always-on-Technologie des iPhone 14 Pro verzichten müssen. Diese wird durch den A16 Bionic und das LTPO-Panel ermöglicht, wodurch das Display auf ein Hertz Wiederholrate verlangsamen kann, um Strom zu sparen. Doch nicht nur das. Der Bildschirm im iPhone 14 Pro ist mit 1600 Nits HDR-Helligkeit und bis zu 2000 Nits maximaler Helligkeit jetzt noch heller. Das iPhone 14 hingegen bleibt weiterhin bei 1200 Nits maximaler Helligkeit. Das ist zwar weiterhin ein guter Wert, kommt aber nicht einmal an das iPhone 13 Pro aus dem Vorjahr heran.
Als wäre das nicht schon genug, muss das iPhone 14 sogar auf die wahrscheinlich größte Neuerung im iPhone 14 Pro verzichten: das „Dynamic Island“. Das ist der kreative Name, den Apple der Pillen-förmigen Aussparung im Display der Pro-Variante gibt. „Dynamic Island“ verspricht eine grundlegende Änderung, mit dem iPhone zu interagieren. Dieses neue Design und die damit einhergehenden Funktionen bekommt das Standard-Modell nicht. Stattdessen bleibt alles beim alten – mit der Notch, die es so ähnlich schon im iPhone X von 2017 gab.
Was hat sich Apple bei dem Preis gedacht?
Alle neuen iPhone-Modelle haben in den USA den gleichen Startpreis wie ihre Vorgänger. Das iPhone 14 startet wie das iPhone 13 bei 799 US-Dollar, das iPhone 14 Plus ist mit seinem neuen Formfaktor 100 US-Dollar teurer (899 US-Dollar). Das iPhone 13 und das 13 mini sinken dementsprechend um jeweils 100 US-Dollar auf 699 US-Dollar und 599 US-Dollar. iPhone 14 Pro und 14 Pro Max kosten 999 US-Dollar und 1099 US-Dollar respektive.
Außerhalb des iPhone-Heimatlandes hat Apple die Preise hingegen deftig angezogen. Anstatt das iPhone 13 aus dem Vorjahr günstiger anzubieten, bleiben die nun ein Jahr alten Geräte bei ihren bisherigen Preisen von 799 Euro für das 13 mini und 899 Euro für das 13. Apple siedelt das iPhone 14 und das 14 Plus somit einfach darüber an und macht das Basis-Modell dadurch 100 Euro teurer. Es geht also mit 999 Euro für das iPhone 14 los. Das iPhone 14 Plus startet hingegen bei saftigen 1099 Euro. Für nur 50 Euro mehr konnte man vergangenes Jahr noch ein iPhone 13 Pro kaufen. Das hat zwar ein kleineres Display, dafür aber ProMotion, ProRAW Video und eine zusätzliche Kamera.
Über die Preise für die neuen Pro-Modelle möchte ich am liebsten gar nichts sagen. Apple hält einen Anstieg von 150 Euro für das normale 14 Pro und 200 Euro für das 14 Pro Max anscheinend für angemessen. Dynamic Island und SOS per Satellit hin oder her, die neue Preisstruktur stößt Käufer außerhalb der USA schlichtweg vor den Kopf.
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Meine Meinung: iPhone 14 nicht kaufen
Wenn ich diese Preise sehe, bin ich froh, dass ich schon vergangenes Jahr auf das iPhone 13 mini umgestiegen bin. Denn warum sollte ich jetzt das gleiche Geld für ein ein Jahr altes Smartphone ausgeben?
Wer jedoch dieses Jahr von einem alten Modell upgraden möchte, steht vor einer schwierigen Kaufentscheidung. iPhone 14 und iPhone 14 Plus sind die bislang teuersten „normalen“ iPhones. Und die iPhones aus dem Vorjahr sind nicht im Preis gefallen, stellen demnach auch keine wirkliche Alternative dar. Denn wozu das gleiche Geld wie vor einem Jahr für Hardware ausgeben, die nun überholt ist?
Was ist also die Lösung? Wer ein wirklich neues iPhone kaufen möchte, muss leider einen Batzen Geld in die Hand nehmen und für das iPhone 14 Pro ausgeben. Damit gibt es ein einigermaßen neues Design mit „Dynamic Island“ und eine völlig neue Art, mit dem iPhone zu interagieren. Ich möchte mich nicht dazu hinreißen lassen, die hohen Preise durch die Neuerungen zu rechtfertigen. Aber immerhin bietet das iPhone 14 Pro das beste und frischeste iPhone-Erlebnis seit Jahren.
Den einzigen Tipp, den ich parat habe, ist, sich jetzt noch nach einem 13 Pro von Dritthändlern umzuschauen. Das Vorjahres-Pro hat den gleichen A15 Bionic Chip wie das iPhone 14, das bessere Display mit ProMotion und eine zusätzliche Kamera. Auch die Hauptkamera ist exakt gleich. Lediglich der Action Mode und die Software-Spielerei mit Photonic Engine fehlen. Notruf via Satellit gibt es außerhalb von Nordamerika sowieso nicht – das fällt als Kaufargument daher flach.