22. September 2020, 15:42 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Kann man sich die Einzelteile für ein iPhone eigentlich auch selbst besorgen und es dann zusammenbauen? TECHBOOK-Redakteur Adrian Mühlroth hat es ausprobiert. Im Artikel oder im Video erfahren Sie, ob er es geschafft hat.
Jedes Jahr steht ein neues iPhone an und es wird berichtet, wie teuer Smartphones mittlerweile geworden sind. Damit einher geht die Frage, wie viel die Einzelteile für so ein iPhone kosten. In der Vergangenheit wurden immer wieder Berechnungen angestellt, um diesen Wert herauszufinden. Über die Jahre hinweg schwankt der Anteile für die Einzelteile am Endpreis, den der Käufer zahlt, bei etwa 30-40 Prozent.
Das hat uns auf eine Idee gebracht: Kann man die Einzelteile für ein iPhone selbst bestellen und es dann zusammenbauen?
Das erfahren Sie in unserem Video:
In einem iPhone steckt mehr, als man denkt
Erstmal ist es gar nicht einfach, überhaupt herauszufinden, was für Teile eigentlich in einem iPhone stecken. Offizielle Listen von Apple, um ein iPhone selbst zusammenzubauen, gibt es nämlich nicht. Deshalb habe ich mir detaillierte Teardown-Videos (der Vorgang des Auseinandernehmens) auf YouTube angeschaut, in denen ein iPhone Xr komplett in seine Einzelteile zerlegt wurde. Nur, um eine Idee davon zu bekommen, was ich alles brauche, um selbst ein iPhone zusammenzuschmieden. Klar, Teile wie der Akku, der Bildschirm, Lautsprecher, das Logic Board (das Mainboard des iPhones, mit Prozessor, Speicher und mehr) und andere große Komponenten müssen offensichtlich drin sein. Aber auch eine ganze Menge kleiner Verbindungskabel, Stecker, Schrauben, Abdeckungen und Clips gehören dazu. Manche davon sind so wichtig, dass ohne sie das iPhone gar nicht erst funktioniert. Es geht also darum, keines der auch noch so kleinen Teile zu übersehen.
Nach stundenlanger Recherche war ich an einem Punkt, an dem ich mir ziemlich sicher gewesen war, dass ich nichts mehr übersehen hatte. Ich habe mir eine ausführliche Liste angelegt, in der ich die Einzelteile eingetragen habe. Doch nun wird es kompliziert. Denn wo sollte ich die Teile herbekommen? Apple selbst verkauft schließlich keine Ersatzteile. Zuerst habe ich auf Ebay nach neuen Ersatzteilen geschaut bin erstaunlicherweise fündig geworden. Nicht nur Akku, Kamera und Klebefolien habe ich gefunden. Selbst den Vibrationsmotor (Taptic-Engine) und viele der wichtigen Verbindungskabel gibt es dort zu kaufen.
Die meisten Teile müssen aus Fernost kommen
Doch für die wirklich exotischen Teile war Ebay dann doch nicht ausreichend – oder einfach zu teuer. Eine Alternative musste als her, bei der ich nicht nur alles finden konnte, sondern auch noch deutlich weniger dafür bezahle. Ich hatte bereits einige Erfahrung mit Aliexpress gesammelt und wusste daher, dass dort Ersatzteile, die für iPhones in China gefertigt werden, direkt an Personen überall auf der Welt verschickt werden. Aliexpress ist in dieser Hinsicht eine wahre Goldgrube, denn ich habe alle Teile auf meiner Liste dort finden können – auch wenn ich manchmal Probleme hatte, die Komponenten auf Anhieb zu finden. Nicht selten bieten Händler mehrere Ersatzteile für mehrere iPhones an und man muss erst auf der Händlerseite nach dem richtigen Teil suchen. Oft fehlt dabei die Bebilderung, was es äußert schwierig macht, zu überprüfen, ob man auch gerade das richtige Teil kauft.
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Ein Nachteil der Bestellung aus China ist, dass der Versand deutlich länger dauert, als man es gewohnt ist. Durch die Corona-Pandemie kam es zusätzlich zu Einschränkungen, weshalb einige Teile mit wochenlanger Verspätung eintrafen. Zwei bestellte Teile sind mit so viel Verspätung eingetroffen, dass ich sie erneut bestellen musste, weil sie sonst nicht rechtzeitig da gewesen wären. Das ist ärgerlich, bei einem Gesamtwert von knapp 6 Euro aber verkraftbar. Nur mussten sie eben nachbestellt werden, was wieder etwa einen Monat in Anspruch genommen hat. Am Ende haben wir alles zusammenbekommen, was wir brauchen.
Heiße Phase: Der Zusammenbau
Im Prinzip besteht das iPhone aus vier Schichten: Die Gehäuserückseite – praktisch der Grundbaustein des iPhones, eine Lage mit flachen Flex-Kabel, eine Lage mit den wichtigen Komponenten wie Kamera, Logic Board, Lautsprecher und Taptic Engine sowie zu guter letzt der Bildschirm. Klingt in der Theorie simpel, doch so leicht ist es nicht, ein iPhone selbst zusammenzubauen.
Beim Einsetzen der Einzelteile in das Gehäuse habe ich einige Dinge übersehen, die ich in späteren Schritten wieder korrigieren musste. Ohne eine Anleitung konnte ich einzig und allein nach Bildern gehen, die besonders kleine Bauteile nicht genau zeigen. Dadurch ist mir oft erst später aufgefallen, dass etwas fehlte. Das war aber kein Problem, da in den meisten Fällen einfach nur wieder eine Schraube herausgedreht und das fehlende Teil eingesetzt werden musste. Noch bevor das letzte Bauteil eingesetzt wurde, sind mir zwei Dinge aufgefallen, die fehlen: Das Verbindungskabel für die Spule zum kabellosen Laden und ein Antennenkabel für GPS. Da beide Teile nicht für das Funktionieren des iPhones essenziell sind, konnte es so weiter gehen.
Nach und nach fielen alle Bauteile an den für sie vorgesehenen Ort und schon nach etwa einer Dreiviertelstunde konnte ich final den Bildschirm auf das Gehäuse setzen. Der Zusammenbau war praktisch vollendet – aber wird das iPhone auch starten?
Das Apple-Logo und der Wiederherstellungsmodus
Beim Anschalten des iPhones erst einmal Erleichterung: Der Bildschirm zeigt das weiße Apple-Logo auf schwarzem Grund. Kein schlechtes Zeichen also. Doch nun das erste Problem. Das iPhone startet sich einfach neu und zeigt wieder nur das Logo. Dieses Problem nennt man „Bootloop“ und es bedeutet, dass das iPhone nicht in iOS starten kann. Ich versuche also, den Wiederherstellungsmodus durch gleichzeitiges Drücken der beiden Lautstärketasten und des Power-Buttons zu starten. Siehe da, es funktioniert. Nun heißt es also, das iPhone an den Mac anschließen, iTunes starten und das iPhone zurücksetzen und iOS neu installieren.
Das funktioniert alles wunderbar, iTunes erkennt unser iPhone Xr samt Seriennummer auf Anhieb. Das iPhone wird von iTunes zurückgesetzt und iOS 13.7 im Hintergrund heruntergeladen, um es zu installieren. Das iPhone startet neu und ein Balken taucht auf, der den Installationsfortschritt verfolgt. Es sieht so aus, als würde alles funktionieren. Doch bei etwa 90 Prozent vollem Balken startet sich das iPhone plötzlich neu – und ist wieder im Bootloop gefangen.
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Was stimmt mit unserem iPhone nicht?
Nach mehreren Anläufen steht fest: Wir haben einen Defekt in unserem iPhone. Um herauszufinden, ob es an einem bestimmten Bauteil liegt, habe ich alle Komponenten bis auf Knöpfe, Ladebuchse und Bildschirm abgestöpselt und den Wiederherstellungsprozess erneut gestartet. Doch das Ergebnis bleibt gleich. 90 Prozent Fortschritt, dann Bootloop.
An diesem Punkt bin ich sehr sicher, dass etwas mit unserem Logic Board nicht in Ordnung ist. Da es ein gebrauchtes Bauteil ist, ist es nicht unwahrscheinlich, dass es bereits defekt war, als es bei uns angekommen ist. Vielleicht hatte das iPhone, aus dem es ausgeschlachtet wurde einen Wasserschaden. Testen können wir das nicht, dafür fehlt uns das Equipment.
Obwohl unser selbstgebautes iPhone nicht starten will, hat der Zusammenbau doch erstaunlich gut geklappt. Alles hat seinen richtigen Platz im Gehäuse gefunden, auch wenn es dafür manchmal zwei Anläufe gebraucht hat. Dass das iPhone überhaupt angeht, werte ich zumindest als Teilerfolg, auch wenn iOS nicht starten will. Aber das Projekt iPhone-Bau ist noch nicht vorbei. Wenn Sie erfahren wollen, ob ich das selbst zusammengebaute iPhone doch noch zum Laufen bringen kann, stimmen Sie doch in unserer Umfrage ab. Wir versuchen alles, dass es am Ende doch noch klappt!