13. September 2023, 12:27 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Am Dienstagabend hat Apple die iPhone-15-Reihe vorgestellt. TECHBOOK-Redakteur Adrian Mühlroth stellt die neuen Basis- und Pro-Modelle gegenüber.
In der Vergangenheit war es so, dass Apple zwei Varianten des iPhones angeboten hat: ein günstigeres „Basis“-Modell und ein etwas besseres Modell mit „Pro“-Features. Beginnend mit dem iPhone 13 und verstärkt mit dem iPhone 14 ist die Schere zwischen diesen Varianten jedoch immer weiter gewachsen. Mit der iPhone-15-Reihe nimmt das Ganze aber neue Dimensionen an und ich glaube: Apple will Käufer zu den neuen iPhone-Pro-Modellen drängen.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede beim Design
Apple setzt im iPhone 15 erstmals seit sechs Jahren auf ein neues Material für das Gehäuse. Gebürstetes Titan ersetzt glänzenden Edelstahl – und verleiht den Smartphones damit endlich einen ansprechenderen Look.
Nun sind alle Ausführungen des iPhone 15 komplett mattiert an Gehäuserahmen und Rückseite. Außerdem besteht die Rückseite bei allen aus einem Stück Glas. Auch sind die Kanten der Gehäuse etwas abgerundet, sodass die Smartphones besser in der Hand liegen.
Nur die Pros kommen jedoch mit Titan, was das Gehäuse deutlich robuster als die Aluminium-Rahmen der Non-Pros macht – aber trotzdem an Gewicht spart. Die stärkeren Titanschienen haben es Apple zudem erlaubt, das Gehäuse insgesamt zu verkleinern – bei gleichbleibender Displaygröße. Die Ränder um den Bildschirm schrumpfen damit noch weiter und geben dem iPhone 15 Pro einen futuristischeren Look.
Auch beim iPhone 15 sind die Ränder geschrumpft – allerdings nur in gleichem Maße wie beim iPhone 14 Pro. Ein weiteres Detail, das vererbt wurde.
Neuer Chip und schnelle USB-Raten sind „Pro“
Nur iPhone 15 Pro und 15 Pro Max bekommen den neuen Chip A17 Pro. Es ist das erste Mal, dass Apple für einen iPhone-Chip den Namen „Pro“ wählt – zuvor gab es lediglich den Zusatz „Bionic“. Der A17 Pro ist Apples erster 3-Nanometer-Chip und verspricht nicht nur mehr Leistung, sondern vor allem höhere Energieeffizienz. Die zwei Leistungskerne der CPU sind bis zu zehn Prozent schneller und die Neural Engine doppelt so schnell wie im A16 Bionic. Dieser wandert übrigens vom iPhone 14 Pro zum iPhone 15 – eine neue Tradition bei Apple.
Eine Folge der Chip-Diskrepanz zwischen iPhone 15 und 15 Pro ist, dass nur die Pro-Modelle einen USB-3-Controller direkt auf dem A17 Pro haben. Während 15 und 15 Plus also weiterhin nur langsame USB-2.0-Geschwindigkeit mit 480 Megabit pro Sekunde haben (wie zuvor Lightning), erreichen das 15 Pro und 15 Pro Max bis zu 10 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) – also das Zwanzigfache. Die langsame Übertragungsgeschwindigkeit älterer iPhones betrifft daher auch das iPhone 15. TECHBOOK kritisiert diesen Punkt schon seit Langem. Denn etwa größere Videos vom iPhone auf den Mac zu kopieren, dauert viel zu lange im Vergleich mit praktisch jedem anderen Smartphone auf dem Markt.
Die Pro-Modelle hingegen machen vollen Gebrauch von der schnelleren Datenrate. Nicht nur können die Kamera-fokussierten Geräte Videos im ProRes-Format direkt bei der Aufnahme auf einen Mac streamen. Auch das Anschließen von externem Speicher zum Aufzeichnen ist möglich. Die wirklich schnellen Übertragungsraten bleiben aber weiterhin dem iPad Pro vorbehalten, das mit Thunderbolt 4 bis zu 40 Gbit/s unterstützt.
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Der Action Button – ein weiteres Unterscheidungsmerkmal
Eine Neuerung, über die bereits im Vorfeld viel diskutiert wurde, ist der Action Button in iPhone 15 Pro und 15 Pro Max. Die Schaltfläche ersetzt den Stummschalter, der seit dem Urgestein von 2007 in jedem iPhone zu finden ist. Vorteil des Action Button, der übrigens von der Apple Watch Ultra kommt, ist die freie Belegbarkeit. Nutzer können damit eine Sprachmemo, die Kamera oder über Kurzbefehle beliebige Apps oder Prozesse starten.
Doch wieder kommt das zukunftsweisende Feature nur zum Pro – und nicht zum Basis-iPhone. Dieses setzt weiterhin auf den klassischen Stummschalter und darf darauf hoffen, nächstes Jahr beglückt zu werden.
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Nur ein Modell bekommt eine wirklich neue Kamera
iPhone 15 Pro und 15 Pro Max haben eine leicht verbesserte Hauptkamera bekommen. Diese löst zwar weiterhin mit 48 Megapixel auf, kann aber nun laut Apple drei verschiedene Brennweiten abbilden: 24 mm, 28 mm und 35 mm. Das entspricht den Zoom-Stufen 1x, 1,2x und 1,5x. Zusammen mit drei Auflösungsstufen (12 MP, 24 MP und 48 MP) können Nutzer so festlegen, welche Voreinstellung am besten zu ihrem Fotografie-Stil passt. Die Hauptkamera bekommt außerdem Sensorverschiebung-Stabilisierung der 2. Generation.
Die Ultraweitwinkelkamera ist bei beiden Modellen praktisch gleich zu den Vorgängern – abgesehen von der Stabilisierung. Gleiches gilt für das Teleobjektiv im 15 Pro, das bis auf neue Stabilisierung keine Änderungen aufweist. Im 15 Pro Max hingegen kommt eine neue Telekamera zum Einsatz, die durch Einsatz eines Tetraprismas eine Brennweite von 120 mm erreicht und sechsfach optisch vergrößert. Wächst wohl auch der Abstand zwischen Pro und Pro Max?
Nach etabliertem Schema bekommen iPhone 15 und 15 Plus die 48-MP-Hauptkamera von den Vorjahres-Pros überreicht. Damit können sie nun immerhin ohne Qualitätsverlust zweifach zoomen – erstmals in einem Non-Pro-iPhone. Spielereien wie Wahl der Brennweite und Nachtporträts bleiben jedoch den teureren Modellen vorbehalten.
Immerhin macht Apple Porträtfotos der nächsten Generation für alle iPhone-15-Modelle verfügbar. Was das bedeutet, ist, dass das iPhone bereits beim Aufnehmen eines normalen Fotos alle Tiefeninformationen abspeichert. Somit lassen sich normale Fotos im Nachhinein in Porträtfotos mit Bokeh-Effekt umwandeln. Nutzern können dabei selbst auswählen, welches Subjekt oder Objekt dabei im Fokus ist.
Mehr Schein als Sein beim „neuen“ iPhone-15-Display
Die größte Neuerung – die auch auf den ersten Blick auffällt – ist das neue Display im iPhone 15. Wie die Pro-Modelle aus dem Vorjahr kommen die diesjährigen iPhones allesamt mit Dynamic Island. Auch die Basis-iPhones verabschieden sich damit von der Notch und setzen auf zwei kleine Aussparungen im Display selbst. Dort sitzen die TrueDepth-Frontkamera, die Face-ID-Sensorik und Annäherungs- sowie Lichtsensor. Dynamic Island nimmt im Standardzustand eine Pillenform an und verdeckt damit Kamera und Sensoren. Je nach genutzter App passt sich die Fläche jedoch dynamisch an. Läuft im Hintergrund etwa ein Timer, erscheint dieser in der Dynamic Island. Gleiches gilt für Sportergebnisse, Musikwiedergabe etc.
Bis auf Dynamic Island und dünneren Bildschirmrändern übernimmt das iPhone 15 jedoch keine weiteren Display-Features des iPhone 14 Pro. Das heißt: kein Always-on-Display und kein ProMotion. Diese bleiben also exklusive Pro-Merkmale. Wer also darauf gehofft hat, dieses Jahr ein iPhone 14 Pro in neuem Gewand für weniger Geld kaufen zu können, muss leider enttäuscht werden.
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Wird das Pro zum neuen Standard-iPhone?
Die Fakten zeigen, dass Apple den Abstand zwischen Basis- und Pro-iPhone immer weiter ausbaut. Wirklich neue Funktionen kommen mittlerweile fast exklusiv zum Pro. Dieses Jahr sind das etwa Action Button, Periskop-Kamera, neuer Chip und schnellere USB-Übertragungsraten. Zwar bekommen auch iPhone 15 und 15 Plus ein minimal abgeändertes Design und gekapptes USB-C – alle anderen „Neuerungen“ stammen aber vom iPhone 14 Pro aus dem Vorjahr.
Ich sehe darin die Bestätigung, dass Apple versucht, noch mehr Kunden zu den Pro-Modellen zu treiben. Weltweit haben iPhone 14 Pro und 14 Pro Max zwischen September 2022 und Januar 2023 laut Statista die meisten Verkäufe aller iPhone-14-Modelle ausgemacht. Auch in Deutschland war das iPhone 14 Pro im April 2023 das meistverkaufte Smartphone überhaupt.
iPhone 15 Pro und 15 Pro Max könnten diesen Trend weiter vorantreiben – und iPhone 15 und 15 Plus damit überflüssig machen. Zwar sind die Preise für alle Modelle im Vergleich zum Vorjahr tatsächlich gesunken – bei den Pro-Modellen aber stärker. iPhone 15 und 15 Plus sinken um 50 Euro auf 949 Euro und 1099 Euro respektive. Das iPhone 15 Pro ist hingegen um ganze 100 Euro auf 1199 Euro gesunken. Das iPhone 15 Pro Max kostet zwar weiterhin mindestens 1449 Euro – dafür gibt es jetzt aber mit 256 GB doppelt so viel Speicher.
Wer also etwa ein iPhone 15 Plus mit 256 GB Speicher konfiguriert, kommt auf gerade einmal 230 Euro Abstand zum iPhone 15 Pro Max heran. Apples Methode, Käufer zum nächsthöheren Modell zu drängen, könnte heuer so gut wie nie zuvor funktionieren.
Das würde mich nicht wundern, denn wer heute mehr als 1000 Euro für ein neues Smartphone ausgibt, möchte dafür nicht irgendein Modell mit Hardware aus dem Vorjahr haben. Nein, es muss dann schon das neueste sein, was Apple bieten kann.