10. August 2020, 16:30 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Huawei steht auf dem Scheideweg. Der US-Bann hat den Zugriff auf wichtige Bauteile gekappt – ohne die das Unternehmen keine Smartphones herstellen kann.
Die strikten Handelssanktionen der US-Regierung unter Trump gegen chinesische Unternehmen scheinen erstmals größere Auswirkungen auf den Technologie-Giganten Huawei zu zeigen. Das Unternehmen darf seine Smartphones nicht mehr in den USA verkaufen und nicht auf Googles Smartphone-Dienste wie Gmail und Maps zugreifen. Huawei konnte vor allem durch starke Nachfrage auf dem chinesischen Binnenmarkt auf Kurs bleiben und im zweiten Quartal 2020 sogar zum größten Smartphone-Hersteller der Welt vor Samsung aufsteigen, TECHBOOK berichtete.
Huawei hat ein Chip-Problem
Nun steht das Unternehmen jedoch vor einem noch größeren Problem als den Absatzzahlen. Huawei ist einer der wenigen Android-Hersteller, der seine eigenen Chips mit Prozessor, Grafikeinheit, LTE-Modem, etc. entwirft. Die Chips werden von der Huawei-Tochter HiSilicon unter der Marke „Kirin“ entwickelt. Die Fertigung der Chips war bislang an das taiwanesische Unternehmen Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. (TSMC) ausgelagert, das unter anderen auch für Apple und AMD fertigt. Die US-Sanktionen gegen Huawei bedeuten nun aber auch, dass das Unternehmen nicht mehr auf TSMC zugreifen kann – und eine Alternative gibt es nicht.
Handelsstreit – Warum wurde Huawei in den USA verbannt?
Die US-Regierung wirft Huawei vor, dass es Hintertüren in seine Netzwerktechnologien eingebaut habe, um Spionage durch die chinesische Regierung zu ermöglichen. Huawei weist diese Vorwürfe zurück – trotzdem wurde das Unternehmen im Mai 2019 von der Trump-Administration auf die „Entity List“ (Sperrliste) gesetzt. Seitdem darf Huawei weder seine Technik in den USA oder an US-Unternehmen verkaufen, noch dürfen US-Unternehmen an Huawei verkaufen. Die Anordnung gilt mindestens bis Mai 2021.
Handelsstreit hat weitreichende Folgen
Die US-Sanktionen untersagen es Chip-Herstellern, die US-amerikanische Software oder Technologien zur Fertigung nutzen, auch für Huawei herzustellen. TSMC nimmt deshalb bereits seit Mai 2020 keine neuen Aufträge für Kirin-Chips an, die Produktion wird am 15. September heruntergefahren. Ohne Zugriff auf diese Zulieferer wird der Vorrat an Chips schnell ausgehen. „Dieses Jahr könnte die letzte Generation von Huawei Kirin High-End-Chips sein“, sagte Richard Yu, Vorsitzender der Verbrauchersparte von Huawei, dazu auf der Industrie-Konferenz China Info 100 am Freitag, wie Associated Press berichtet. In Yus eigenen Worten: „Ein großer Verlust für uns.“ Eine Strategie, wie Huawei über Mitte September hinaus Smartphones herstellen könnte, scheint es bislang nicht zu geben.
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US-Unternehmen bemühen sich um Ausnahmeregelungen
Es gibt jedoch einen Lichtblick für Huawei. Laut dem Wall Street Journal drängt der US-amerikanische Chip-Hersteller Qualcomm den Gesetzgeber dazu, die Sanktionen gegen Huawei zu lockern. Eine Lockerung würde es Qualcomm erlauben, seine eigenen Chips an Huawei zu verkaufen, damit das Unternehmen 5G-Smartphones herstellen könne. Qualcomm ist dabei selbstverständlich nicht uneigennützig. Der Hersteller argumentiert, dass die Sanktionen auch sein eigenes Geschäft einschränken und der Konkurrenz aus Südkorea (Samsung) und Taiwan (MediaTek) den Markt überlassen würden.
Qualcomm befürchtet, dass vor allem der Markt für 5G-Chips schnell von anderen Unternehmen übernommen wird, wenn US-Unternehmen nicht nach China exportieren können. Bislang ist Qualcomm Vorreiter bei der 5G-Technologie. Die Aufrechterhaltung der Sanktionen würde jedoch Absatzverluste bedeuten und damit auch die Forschung in die neue 5G-Funktechnologie und Qualcomms Vorreiterstellung gefährden. Andere Unternehmen, darunter Intel und Micron, haben ebenfalls Exportlizenzen beim US-Handelsministerium beantragt, wie Wall Street Journal berichtet. Das Handelsministerium kann einzelnen Unternehmen Lizenzen gewähren, um die Handelssanktionen zu umgehen.