21. Februar 2024, 16:50 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
OnePlus, Vivo, Oppo und Realme sind zwar bekannte Smartphone-Hersteller – stellen für sich genommen jedoch keine Konkurrenz zu Big Playern wie Samsung und Apple dar. Was viele nicht wissen: Bis vor ein paar Monaten gehörten alle vier Unternehmen zu einem Riesenkonzern namens BBK Electronics.
Das bisher kaum jemand von BBK Electronics gehört hat, ist kein Wunder. Die Subunternehmen Oppo, Vivo und OnePlus stellen sich nach außen stets als eigenständige Firmen dar. Selbst in Statistiken zum Marktanteil tauchen sie seit jeher als gesonderte Entitäten auf. Dass dahinter jedoch eine enorm große Unternehmensgruppe stand, wird fast nirgendwo erwähnt.
Dabei machten Oppo und Vivo allein im zweiten Quartal 2021 mehr als ein Fünftel der globalen Smartphone-Verkäufe aus (Quelle: Statista). Auch wenn es in der Statistik nicht so erscheint: zusammengenommen hatten die BBK-Töchter in den vergangenen Jahren oft einen höheren Marktanteil als die Branchenführer Samsung und Apple. Damit war BBK Electronics jahrelang Chinas größter Smartphone-Hersteller, weit vor den Konkurrenten Xiaomi und Huawei.
Das komplexe Smartphone-Imperium von BBK Electronics
Die Verbindung der einzelnen Marken mit BBK war vergleichsweise kompliziert. Die chinesische Business-Publikation „Jiemian News“ beschreibt das komplexe Geflecht wie folgt: „Durch Überkreuzbeteiligungen, Mitarbeiterbeteiligungen, gemeinsame Führungspositionen usw. besitzt BBK Marken wie Oppo, Vivo, OnePlus und Realme.“
Dahinter stand der chinesische Milliardär Duan Yongping, wie die „South China Morning Post“ 2019 berichtete. Duan war Gründer und Vorsitzender der nicht börsennotierten BBK Electronics Corporation und die führende Hand hinter Oppo, Vivo, OnePlus und Realme. Mit BBK Electronics baute er der South China Morning Post zufolge „einer der größten und komplexesten Elektronik-Lieferketten der Welt“ auf. In China gelte er deshalb als „Godfather“ der Smartphone-Industrie. Ein Partnerschaftsprogramm von 1999 führte zur Gründung von Oppo im Jahr 2004 und Vivo im Jahr 2009. Damit reduzierte Duan seine Anteile an BBK auf 17 Prozent.
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BBK Electronics in mehrere Unternehmen gespalten
Doch nun existiert BBK Electronics in seiner ehemaligen Form nicht mehr. Der chinesischen Wirtschaftsbetrieb-Datenbank QCC.com zufolge wurde der Eintrag aus dem Unternehmensregister entfernt. Die ehemalige Webpräsenz bbk.com leitet nur noch auf eines der Subunternehmen um, das zuvor zu BBK Electronics gehörte.
BBK Electronics selbst hat derzeit nur eine einfach gestaltete Website, auf der unter anderem Haushaltsgeräte und Verbraucherelektronik zu finden sind – aber keine Smartphones. Das Unternehmen scheint also in reduzierter Form weiterhin zu bestehen.
So äußerten sich Oppo und Vivo gegenüber TECHBOOK
TECHBOOK hat bei BBK Electronics, Oppo und Vivo angefragt, in welchem Zusammenhang die Unternehmen aktuell stehen. Die Kommunikation gestaltete sich nicht ganz einfach, da die Marken im Rahmen der Patentstreitigkeiten mit Nokia und dem daraufhin erlassenen Verkaufsstopp in Europa (der mittlerweile aufgehoben wurde), einige ihre Ansprechpartner hierzulande aufgegeben hatten. Aus diesem Grund wurden wir zum Teil auf Unternehmenssprecher in China verwiesen. Bislang haben wir nur von Oppo, zu dem auch OnePlus gehört, und Vivo eine Antwort auf unsere Anfrage erhalten. Demnach seien BBK Electronics, Oppo und Vivo „drei unabhängig voneinander operierende Unternehmen“.
Vivo sei ursprünglich als Teil von „Guangdong BBK Electronics Industry Co., Ltd.“ (der vollständige Name von BBK Electronics) gegründet worden und habe unter dem Namen „BBK“ Festnetz- und Mobiltelefone veröffentlicht. Seit 2011 sei der offizielle Markenname jedoch „vivo“.
Die Frage, ob Vivo und Oppo in der Vergangenheit Subunternehmen von BBK Electronics gewesen sind, wollte uns keines der beiden Unternehmen eindeutig beantworten. Vivo gab lediglich zu verstehen, dass es zu keinem Zeitpunkt einen Rechtsträger mit dem Namen „BBK Group“ gegeben habe und dass dieser auch nie Eigentümer von Vivo oder anderen Marken gewesen sei. TECHBOOK hat in den Anfragen an die Unternehmen jedoch an keiner Stelle eine „BBK Group“ erwähnt, sondern die Unternehmensgruppe stets als BBK Electronics bezeichnet.
In dem Statement an TECHBOOK zum derzeitigen Verhältnis betont Vivo, dass Vivo und Oppo zwei unabhängige Unternehmen seien. Die einzige Verbindung zwischen den beiden Einheiten sei, dass die Gründer beide bei BBK gearbeitet hätten. Es gäbe „keine Überschneidungen zwischen den beiden Unternehmen in den Bereichen Human Ressources, Finanzen, RnD [Forschung und Entwicklung, Anm. d. Red.], Lieferkette, Produktion, Marketing usw.“
Warum hat sich BBK Electronics aufgespalten?
Da wir von BBK Electronics keine Antwort auf unsere Frage erhalten haben, kann TECHBOOK nur über die Gründe der Aufteilung spekulieren. Möglicherweise spielt die strenge Marktaufsicht einiger Länder gegenüber Unternehmen mit Sitz in China dabei eine Rolle. Vivo und Oppo sind in den USA, einem der größten Märkte für Smartphones, gar nicht erst vertreten. Oppo bietet dort lediglich unter der Marke OnePlus Smartphones an.
Wegen eines Patentstreits mit 5G-Ausstatter Nokia in Deutschland musste Oppo samt OnePlus – und später auch Vivo – den Smartphone-Verkauf hierzulande stoppen. Während sich die Unternehmen mittlerweile geeignet haben und Oppo und OnePlus wieder verfügbar sind, ist auf der Vivo-Seite weiterhin folgende Meldung zu sehen: „Zurzeit sind Vivo-Produkte leider nicht in Deutschland erhältlich.“
In Indien hatte BBK Electronics bereits im Juni 2023 seine drei Marken Oppo, OnePlus und Realme in drei unabhängige Einheiten gegliedert, wie „The Economic Times“ berichtete. Hochrangigen Führungskräften aus der Branche zufolge führen die Unternehmen nun ihre eigenen Bücher. Einer der Führungskräfte soll gegenüber The Economic Times gesagt haben, dass BBK befürchte, ein strengeres Vorgehen der indischen Regierung gegen chinesische Unternehmen könne das Geschäft der drei Marken beeinträchtigen. Zwar fertigt Oppo Mobiles India dem Bericht zufolge weiterhin Smartphones für alle drei Marken, OnePlus und Realme sind aber seither selbst für den Verkauf verantwortlich.
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Welche Folgen hat die Auflösung?
Die Aufspaltung des Riesenkonzerns hat zur Folge, dass die Unternehmen unabhängig voneinander agieren können. Da sie ihr eigener Rechtsträger sind, können sie nicht mehr kollektiv von staatlichen Aufsichtsbehörden geprüft werden, wie der Fall Indien zeigt.
Da Oppo und Vivo bereits seit Jahren als separate Smartphone-Marken auftreten, dürfte das Ende von BBK Electronics keine größeren Auswirkungen auf die Strategien der Hersteller haben. Während es in früheren Jahren oft Überschneidungen bei Design und Ausstattung gab, haben beide Marken mittlerweile unterschiedliche Stile entwickelt.
Allerdings könnte die Unabhängigkeit auch dazu führen, dass ein gemeinsamer Ressourcen-Pool wegfällt. Während Vivo bereits länger recht unabhängig operiert, agierte Oppo zumindest bis 2020 noch im Namen von BBK Electronics. Damals plante das Unternehmen, selbst in die Fertigung von Smartphone-Chips einzusteigen. Zeku Technologies, das Halbleiter-Chips für Oppo und OnePlus herstellen sollte, wurde jedoch bereits im Mai 2023 wieder aufgelöst. Der Hauptgrund: das US-Verbot für Chip-Exporte an chinesische Unternehmen.
Wie schwerwiegend die Folgen der Aufspaltung sein können, zeigt das Beispiel Indien. Dort müssen OnePlus und Realme nach der Abspaltung von Oppo neue Distributionspartner finden, um weiter Smartphones verkaufen zu können.