25. Juli 2020, 8:43 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Es ist das ewige Henne-Ei-Problem: Soll ich mir schon ein Gerät der nächsten Generation zulegen, wenn es die Infrastruktur dafür noch nicht gibt? Beim superschnellen 5G-Mobilfunk könnte es anders laufen.
Die Vorzüge der fünften Mobilfunkgeneration 5G klingen vielversprechend. Hochauflösende Videostreams laufen auch außerhalb des heimischen WLANs ruckelfrei. Und große Dateien können in Sekunden übertragen werden. Bislang waren aber bezahlbare Endgeräte Mangelware.
Und an einer flächendeckenden Netzversorgung mangelt es auch noch. Beim ewigen Henne-Ei-Problem tut sich inzwischen aber auf der Smartphone-Seite eine Menge. Im Frühjahr musste man noch häufig 1000 Euro oder mehr ausgeben, um im 5G-Mobilfunknetz zu funken.
Huawei, Motorola und Xiaomi haben nun neue 5G-Smartphones auf dem Markt gebracht, die alle unter 400 Euro kosten. Das Moto G 5G Plus und das Xiaomi Mi 10 Lite 5G sind sogar für unter 350 Euro zu haben, während Huawei für das P40 Lite 5G knapp 390 Euro verlangt. Das Gerät von Motorola hat mit 6,7 Zoll Diagonale den größten Bildschirm.
Die beiden anderen Geräte bieten ebenfalls Full-HD-Auflösung (1080 mal 2400 Pixel) auf einem 6,5-Zoll-Display. Bei der Bildqualität hat das Mi 10 Lite die Nase vorn, denn hier findet man OLED-Technik mit hohen Kontrasten, die den Betrieb in heller Umgebung etwas besser unterstützen als die LED-Technik bei Motorola und Huawei. Das Moto G punktet mit seinem schlanken Hochkantformat (21:9) vor allem dann, wenn man damit Videos anschaut.
Fast randlose Displays
Die Bildschirme der drei Hersteller kommen ohne großen Rand aus, weil der Fingerabdrucksensor entweder im Einschaltknopf auf der Seite steckt (Motorola und Huawei) oder unter dem Hauptbildschirm (Xiaomi). Das Huawei bietet zusätzlich die Möglichkeit, das Smartphone mit einem Gesichtsscan zu entsperren.
Beim Hauptprozessor setzen Motorola und Xiaomi auf den bewährten Snapdragon 765 von Qualcomm, während Huawei seinen brandneuen Kirin 820 Prozessor verbaut. Dieser Chip wird bereits im Sieben-Nanometer-Verfahren hergestellt und ermöglicht einen besonders energiesparenden Betrieb. Alle drei Smartphones zeigten im Test kaum Ruckler.
Bei den Benchmarktests hatte das P40 Lite 5G knapp die Nase vor. Hardcore-Gamer werden allerdings doch zu teueren Geräten greifen müssen, denn anspruchsvolle Spiele wie „Playerunknown’s Battlegrounds“ („PUBG“) zeigen der 5G-Einsteigerklasse die Grenzen auf und laufen nur dann flüssig, wenn der Detailgrad ein wenig heruntergestellt wird.
Alle drei Smartphones treten mit jeweils vier Kameras auf der Rückseite an, die bei Tageslicht außerordentlich schöne Fotos schießen. Bei wenig Licht fällt die Qualität gegenüber Spitzenmodellen wie dem Huawei P40 Pro+ naturgemäß spürbar ab. Aber irgendwo muss sich der enorme Preisunterschied bemerkbar machen.
KI macht knallige Farben
Beim P40 Lite 5G von Huawei kann man einen KI-Modus aktivieren, wenn man die Bilder mit besonders kräftigen Farben mag. Ohne diese Funktion erscheinen die Farben angenehm natürlich. Das Motorola-Gerät schießt in dem Trio die besten Selfies, weil die Frontkamera über zwei Objektive verfügt. Mit dem zusätzlichen Superweitwinkel passen auch größere Gruppen auf das Selbstporträt.
Motorola und Xiaomi gehören zu den Herstellern, die sich darauf festgelegt haben, ihre Geräte mit einem möglichst unverbastelteten Android auszuliefern. Das sorgt dafür, dass wichtige Android-Updates ohne große Zeitverzögerungen zur Verfügung stehen.
Huawei wurde durch die Handelssanktionen der USA gegen China zu einem anderen Kurs gezwungen. Da die Google-Dienste und -Apps nicht zur Verfügung stehen, kommt das P40 Lite 5G mit eigenen Huawei Mobile Services und einer eigenen App-Galerie, in der viele populäre Android-Apps zur Installation bereitstehen. Neu ist eine App-Suchfunktion, die auch andere Quellen von Android-Apps durchstöbert, etwa den Store von Amazon oder F-Droid.
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Mehr 5G bis Jahresende
Die neue 5G-Konnektivität, die alle drei Kandidaten bieten, hat in diesem Praxistest noch keine maßgebliche Rolle gespielt. Selbst in der Bundeshauptstadt Berlin gibt es bislang nur wenige 5G-Antennen, die bereits in der Lage sind, hohe Bandbreiten und geringe Zeitverzögerung (Latenz) bereitzustellen. Das soll sich aber bis Jahresende merklich ändern.
Trotz der noch unbefriedigenden Situation beim 5G-Ausbau in Deutschland sollten Smartphone-Käufer ernsthaft erwägen, sich bereits ein 5G-taugliches Endgerät zuzulegen, wenn ohnehin ein Neukauf ansteht. Schließlich werden Android-Smartphones in der Regel über mehrere Jahre hinweg mit Software-Updates aufgefrischt. Die 5G-Option kann man aber nicht nachrüsten.
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