19. Februar 2017, 6:47 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Gemeinsam mit anderen Mobilgeräten hat das Smartphone die Mediennutzung auch daheim grundlegend verändert. So kommt es, dass die meisten von uns auch beim Fernsehen den Blick vom zweiten Bildschirm – dem „Second Screen“ – nicht lassen können. Die Sender sehen hier keine Konkurrenz mehr, vielmehr befeuern sie die Entwicklung. Lesen Sie bei TECHBOOK, wie.
Sich einzig auf einen spannenden Krimi oder eine Quiz-Show im Fernsehen konzentrieren? Das hat man vielleicht früher gemacht. Heutzutage haben Smartphone, Tablet und Notebook immer seltener Pause. Das Phänomen nennt sich Second Screen. Es ermöglicht etwa, nebenbei die richtige Antwort googeln, in der Vita eines Schauspielers zu schmökern, einen Kommentar zur Sendung zu posten oder sich mit der besten Freundin per Messenger über den neuen Seriendarsteller auszutauschen.
Übersicht
Second Screen – warum ein Bildschirm nicht mehr reicht
Der Trend zeichnet sich seit einer Weile ab. Bereits 2016 will jeder zweite Fernsehzuschauer (46,5 Prozent) ab 14 Jahren beim Fernsehen mindestens ein zweites Gerät parallel genutzt haben. Das geht aus dem Digitalisierungsbericht 2016 der Medienanstalten hervor. Bei den 14- bis 29-Jährigen waren es demnach sogar rund 80 Prozent. Dabei erfahre der Second Screen, also der „zweite Bildschirm“, mittlerweile mehr Aufmerksamkeit als der vermeintliche Hauptakteur – der Fernseher.
„Der Second Screen, das Smartphone, ist eigentlich zum dauerhaft genutzten First Screen geworden.“ So bringt es Prof. Jens Müller, Medienwissenschaftler an der Business and Information Technology School (BiTS) in Iserlohn, auf den Punkt. Denn das Gerät verbinde seinen Nutzer mit der Welt, verschaffe jederzeit aktuelle Informationen. Es sei gleichzeitig ein tragbares Lexikon und dank einer immensen Auswahl an Gaming-Apps eine Spielekonsole.
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TV-Sender springen auf den Zug auf
Wenn die Zuschauer ohnehin am Handy sind, dann kann das TV-Programm auch dort hin kommen. So könnte man die Überlegung dahinter übersetzen, dass immer mehr TV-Sender ihren Nutzern Second-Screen-Angeboten machen. Ein Beispiel: die ARD-App „Live ermitteln“, mit der Fans des sonntäglichen Krimi-Klassiker „Tatort“ zum Detektiv werden können. Die potenziellen Täter, Motive und zusätzliche Informationen erscheinen darauf parallel zur Handlung. Auch weitere Programme des Senders sind mit derartigen Services ausgestattet. Ähnlich verfährt das ZDF sowie Privatsender wie z. B. RTL.
Informationsflug oder sinnvoller Service?
Spannend ist die Frage, wie sich die Informationsflut auf den Zuschauer auswirkt. Leidet die Konzentrationsfähigkeit oder wird sie sogar gefördert? Prof. Müller sieht dieses Thema ganz entspannt: Heute wolle niemand mehr darauf verzichten, alles zu jeder Zeit an jedem Ort auf seinen kleinen Bildschirm zu holen. Das Smartphone habe die Nutzer zu Multitasking-Experten gemacht. Trotz der vielfältigen Ablenkungen im Netz und insbesondere in den sozialen Netzwerken ist sich der Medienwissenchaftler sicher: „Beim entscheidenden Elfmeter oder dem Happy-End-Kuss konzentrieren sich auch alle mal wieder auf den First Screen.“
Zwei Bildschirme bedeuten doppelt Werbung
Grundsätzlich stellen Apps und Second-Screen-Angebote für die Sender eine effektive Möglichkeit dar, um die Bindung zum Zuschauer zu steigern, so Prof. Müller. Gerade für die Privaten, die besonders auf den ökonomischen Erfolg schauen müssen, bieten sich auf diesem Weg völlig neue Optionen. Mehr treue Zuschauer und eine engere Bindung des Zuschauers an seine Lieblingssendung führen dem Experten zufolge unter Umständen zu höheren Werbeeinnahmen.
Die Fachhochschule St. Pölten hat die Wirkung von Second-Screen-Werbung untersucht. Das Ergebnis der Studie: Zuschauer können sich besser an Marken erinnern und der Wiedererkennungseffekt ist höher, „wenn die Werbung gleichzeitig im Fernsehen und auf einem mobilen Endgerät gezeigt wird, als wenn die Werbung nur auf einem Kanal beziehungsweise Gerät betrachtet wird oder auf beiden, aber zu verschiedenen Zeitpunkten“.
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Quelle
- mit Material von dpa