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TECHBOOK erklärt

Das Internetphänomen Review-Bombing erklärt

Bewertungsskala mit fünf Sternen, auf der nur ein Stern vergeben ist.
Review-Bombing kommt oft im Netz vor. Foto: Getty Images/MirageC
Woon-Mo Sung
Redakteur

25. März 2024, 8:11 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Wo auch immer im Netz Produkte, Geschäfte oder Dienstleistungen bewertet werden können, kann es zum sogenannten Review-Bombing kommen. TECHBOOK erklärt, was sich hinter diesem Begriff verbirgt.

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„Der Kunde ist König“ ist eine allseits bekannte und verbreitete Devise, wann immer Personen für bares Geld Dienste in Anspruch nehmen oder Güter kaufen wollen. Wenn ihm früher mal etwas nicht passte, blieb oft nur die Beschwerde über eine Hotline oder man fragte direkt nach dem Chef – aber das gilt im Zeitalter des Internets schon lange nicht mehr.

Heutzutage gibt es vielerorts in den Weiten des World Wide Webs die Möglichkeit, ohne nennenswerte Umwege sich direkt einem breiten Publikum mitzuteilen und sich über Dinge und Gegebenheiten auszulassen. Das kann mitunter zweifelhafte Blüten tragen, wozu auch das Review-Bombing zählt. TECHBOOK erklärt das Phänomen, was es bedeutet, wer nicht selten dahintersteckt und welche Folgen es haben kann.

Das bedeutet Review-Bombing

Review-Bombing setzt sich aus den englischen Wörtern „Review“ (Rezension, Besprechung, Kritik) und „Bombing“ (Bombardement) zusammen und meint ein stark erhöhtes Aufkommen von negativem Kunden- oder Nutzerfeedback zu einem bestimmten Produkt, Geschäft oder einer bestimmten Dienstleistung im Netz. Dies geschieht für gewöhnlich sichtbar auf bekannten Plattformen mit integrierter Bewertungs- und/oder Kommentarfunktion und über einen kurzen Zeitraum.

Ausführliche Begründungen sind dabei eher nicht zu erwarten. Die Praxis kann sich auch nur in sehr vielen 1-Stern-Bewertungen oder Daumen-runter-Beurteilungen mit nicht vorhandenem oder nur minimalem Textanteil äußern.

Wichtig festzuhalten ist, dass eine Anhäufung negativer Rezensionen allein noch kein Review-Bombing darstellt. Schließlich können viele Einzelpersonen völlig unabhängig voneinander schlichtweg unzufrieden mit etwas sein und dies ehrlich zum Ausdruck bringen. Hinter Review-Bombing steckt aber nicht selten eine ruf- und/oder erfolgsschädigende Intention.

Herkunft des Begriffes

Wann und wo Review-Bombing das erste Mal aufgekommen ist, lässt sich nicht exakt bestimmen. Auch die Geschichte des Terminus selbst ist nicht einfach nachzuvollziehen. Als frühe Nutzung gilt ein Artikel der englischsprachigen Technik-Seite „Ars Technica“ von 2008. Darin schrieb der Autor Ben Kuchera, dass „Review-Bombing bei Amazon eine besonders gemeine Art und Weise“ sei, einen Standpunkt zu vertreten.

Im konkreten Beispiel ging es seinerzeit um negative Bewertungen für das Videospiel „Spore“. Spieler waren in Scharen davon enttäuscht und ließen es so die Entwickler wissen.

Wer macht es und warum?

Kuchera schnitt darüber hinaus schon damals einen weiteren wichtigen Punkt an, als er erwähnte, dass sich Casual-Gamer womöglich „dieser Kampagne“ nicht bewusst sein könnten und deshalb die konkreten Inhalte der Rezensionen nicht mehr lesen. Statt selbst herauszufinden, warum Stimmen negativ sind, könnten sie einfach davon ausgehen, das Spiel wäre einfach allgemein nicht gut.

Review-Bombing kann eine Form des Protestes, des Trolling oder der Nötigung sein. Besonders leidenschaftliche Fans oder Personen mit allgemein starken Meinungen, die starke emotionale Reaktionen zeigen, können dafür verantwortlich sein. Aber auch Einzelpersonen mit mehreren Konten können dahinterstecken.

Kommt es dann zu unpopulären Veränderungen zum Beispiel einer bekannten Marke, zu politischen oder kulturellen Kontroversen oder wird das Verhalten eines Unternehmens oder einer Person scharf kritisiert, kann Review-Bombing einen Boykottversuch darstellen. Dieser kann auch in einschlägigen Internetportalen organisiert werden.

Beispiele für Review-Bombing

Die Praxis kommt seit Jahren immer wieder in verschiedenen Bereichen vor. Sehr prominent vertreten ist vor allem die Unterhaltungsindustrie, deren Spiele, Filme und Serien schon mehrfach zur Zielscheibe wurden. Nachfolgend stellen wir Ihnen einige bekannte Beispiele vor.

Filme und Serien

Immer wieder teilen viele Menschen ihren Unmut zu großen Kino- oder Streaming-Produktionen mit. So traf es zum Beispiel erst 2023 „Cleopatra“. Die Serie stellte einen Netflix-Negativrekord auf und wurde vor und nach ihrem Erscheinen von hitzigen Kontroversen aufgrund der Hautfarbe der Hauptdarstellerin begleitet.

Auch die immens aufwendig produzierte „Der Herr der Ringe“-Serie „Die Ringe der Macht“ von Amazon erhielt schlechte Bewertungen und Hasskommentare am laufenden Band – unter anderem auch wegen der Besetzung. Dies sorgte dafür, dass sich der Cast von „Die Ringe der Macht“ geschlossen gegen Rassismus stellte.

Videospiele

Auch bei Video- und Computerspielen kommt es wiederholt zu regelrechten Fluten an negativen Reaktionen. Dies kann größere wie kleinere Titel betreffen und neben inhaltlichen Aspekten sind oft auch technische Probleme ein beliebter Grund, um sich dazu auszulassen.

So wurde zwischenzeitlich „Warcraft 3 Reforged“ zum schlechtesten Spiel der Welt bei Metacritic, weil es Gamer verrissen hatten. Manchmal kann es auch das falsche Spiel treffen: Erst Ende 2023 prasselte auf „Call of Duty: Modern Warfare 3“ von 2011 ein Review-Bombing nieder, kurz vor der Veröffentlichung des neuen „Call of Duty: Modern Warfare III“. Allem Anschein nach haben viele die beiden Spiele miteinander verwechselt.

Apps und Streaming

Es muss nicht nur um konkrete Inhalte gehen – auch Apps oder Streaming-Plattformen an sich sind nicht davor gefeit. Erst im Februar dieses Jahres stürzte die Prime-Video-App von Amazon in den Bewertungen ab.

Grund hierfür ist die Einführung neuer Werbung bei gleichzeitiger Herabstufung des technischen Umfangs des Angebotes. Wer das umgehen will, soll fortan einen Aufpreis in Höhe von 2,99 € bezahlen.

Mögliche Reaktionen und Gegenmaßnahmen

Review-Bombing zwingt Betroffene zum Handeln. So haben Webseiten die Bewertungsmöglichkeiten entweder eingeschränkt oder auch vorübergehend vollständig eingestellt. Nach Missbrauch des Portals erlaubt zum Beispiel Rotten Tomatoes anders als zuvor nur noch User-Bewertungen zu Filmen, nachdem sie bereits veröffentlicht wurden.

Bei der Spieleplattform Steam führte man wiederum 2017 eine Verlaufsanzeige für Bewertungen ein. So soll es möglich sein, kurze Ausschläge an schlechten Beurteilungen als Review-Bombing zu identifizieren, die wenig aussagekräftig für die Qualität eines Titels sind. Das steht im Gegensatz zu Spielen, die über einen längeren Zeitraum schlecht ankommen.

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Umgekehrtes Review-Bombing

Weniger häufig, aber nichtsdestotrotz ebenfalls wiederkehrend, ist das umgekehrte Review-Bombing. Statt Negativität überschütten in diesem Fall Fans und Nutzer ein Produkt oder einen Hersteller mit Lob und Liebe.

Damit können Entscheidungen goutiert werden, die die Netzgemeinschaft positiv auffasst, oder es kommt zum Einsatz, um für eine Sache, zum Beispiel eine abgesetzte Serie, zu kämpfen. Auch kann es als direkte Antwort auf ein negatives Review-Bombing auftreten.

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